Das
Thema "falsche Stempel" spielt in der Japanphilatelie eine etwas
geringere Rolle als etwa für Deutschlandsammler. Man ist ja oft
schon froh, wenn überhaupt die Marke echt ist. Allerdings darf man
die Stempel nicht ganz aus den Augen verlieren, vor allem bei
Stücken, die
gebraucht teurer sind als ungebraucht.
In anderen Kapiteln gab es schon genügend falsche Stempel zu
bestaunen, die allerdings überwiegend dazu dienten,
gefälschte Papierschnipsel als Briefmarken zu camouflieren. Hier wird es deshalb ein wenig
spannender, denn es geht in erster Linie um falsche Stempel auf echten
Marken, aber auch um echte, aber umdatierte oder vorschriftswidrig
verwendete Stempel sowie darum, dass einige Markenfälscher ihre
Falschstempel aus unterschiedlichen Gründen auch auf echte Marken
setzten. Leider tun sie den teuren Marken damit keinen Gefallen.
Gleich bei den Drachenmarken wird der Sammler leider auch dann mitunter
fündig, wenn er mit Mühe herausgefunden hat, dass das
erworbene Stück tatsächlich echt ist, aber auf dem Stempel liest der Prüfer, der
Japanisch entziffern kann,
mit Erstaunen "NN-Universitätsbibliothek", "Kassenabteilung des
Zollamts NN",
"Röntgenabteilung der NN-Klinik" usw.; das heißt,
dass manch
ein
Sammler am Arbeitsplatz eigenhändig irgend einen
verfügbaren
Stempel
zur Hand nahm und damit seine Drachen-Doubletten bearbeitete. Da
seinerzeit keine einheitlichen Stempel in Gebrauch waren, existieren
davon zwar nahezu unendlich viele Arten, aber bei Röntgenuniversitätskassenzollklinikstempeln
sollte man sich
doch ein gesundes Misstrauen bewahren. Es ist vielleicht auch gut zu
wissen, dass es zur Zeit der Gültigkeit der Drachenmarken in
der
mon-Währung bei
der Post noch keine Rundstempel gab.
Stempel
"Kasse des Finanzamts"
Privates
Firmensiegel
auf
echter Drachenmarke von 1871
auf echter Drachenmarke von 1871
mmm
falscher
Rundstempel
blauer
Gummistempel
auf
echter Drachenmarke von 1871
auf echter Drachenmarke von
1872
Die
nachstehende Marke mit dem tollen Feldpoststempel ist ebenfalls echt.
Aber nur die Marke. Feldpost war zwar portofrei, aber es gibt tatsächlich Entwertungen
von Marken mit Feldpoststempel, nachdem die Anzahl der portofreien
Postsendungen pro Monat limitiert worden war. Wer darüberhinaus im Felde
Liebesbriefe schrieb anstatt Stiefel oder Kanonen zu putzen, der musste
Briefmarken kaufen.
Stempel "Feldpostamt 2", links Ganzfälschung, rechts echter Abschlag auf portofreier Feldpostkarte.
Bei diesem Beispiel eines komplett gefälschten Stempels nützt
einzig der Vergleich mit einem echten Abdruck desselben Feldpostamts.
Auffällig für deutsche Sammler, die nach lesbaren Stellen
schauen, ist der Abstand der Zahlen zum Rand, die Form der 11 und die
Stellung der Punkte vor, nicht hinter den
Ziffern (die Ziffern wurden von rechts her gelesen, also 23.6.11).
Dieses für 8000 yen bei yahoo offerierte, wie geleckt
aussehende und nahezu perfekt zentrierte Elaborat fand zum
Glück keinen Käufer, aber der Seller wird es vermutlich
erneut versuchen.
Die Kirschblüten- und Kobanmarken wurden als Mustermarken mit einem kleinen
Tuschepunkt versehen und an die Postämter verteilt.
Viele dieser Marken gelangten in
Privathand und
Handel, und da im Katalog der Preis bei manchen Werten höher liegt als
derjenige
für Tuschepunkt-SPECIMEN, witterten die Filous schnell einen Reibach. Bei alten Marken fällt es Profis nämlich nicht sonderlich schwer,
fantasievolle Falschstempel herzustellen - auch hier ist, wie
bei
allen hochwertigen
Marken, stets Misstrauen und Vorsicht angeraten, denn Tuschepunkte sind
leicht zu überstempeln ! Hierfür gleich vier Beispiele,
allesamt echte Marken und echt anmutende Stempel:
Nur der Stempel auf der 3.Marke v.l. ist auf dieser Marke bekannt.
Der Tuschepunkt der
Mustermarke wird spätestens
beim Durchleuchten der Marke sichtbar.
Der
Stempel auf der 3.Marke ist ein sogenannter Bota-Stempel. Das sind
fingerabdruckartige Intaglio-Stempel, die einige Jahre lang in 63
Postämtern verwendet wurden. Sie sind bei Sammlern sehr
beliebt,
und wegen der kurzen Verwendungszeit sind Stempel von einigen
Ämtern sehr selten und teuer. Derjenige aus dem kleinen
Städtchen Yamae ist noch nie gefunden worden, aber auch
diejenigen
von Nemuro hoch oben in Hokkaido und Naha, der Hauptstadt der fernen
Okinawa-Inseln im Süden, sind selbst auf der billigsten Marke
einem
Stempelsammler etliche Hunderter wert (Katalogpreis 3500 €).
Dass
die Filoutelisten sich diese Inkassomöglichkeit entgehen
ließen, ist leider eine vergebliche Hoffnung.
einige Bota-Stempel:
1. Reihe, v.l.n.r.: Nemuro, Wakamatsu, Nara - 2. Reihe:
Marugame, Naha - 3.Reihe: Miyazaki, Sapporo
Weil diese fetten, schwarzen Stempel als "Markenkiller" intendiert
waren, finden sie sich oft deutlich auf den Marken abgeschlagen.
Fälschungsgefährdet sind natürlich vor allem
die
besonders teuren Stempel, diejenigen von Nemuro und Naha (nicht zu
verwechseln mit Nara !), aber nicht nur diese.
Bota-Stempel von Naha - auf der
Marke links echt, auf der gefälschten Marke rechts falsch
Der Spezi, der den
falschen
Naha-Bota auf die rechte Marke praktiziert
hatte, wusste vermutlich, dass auch die Marke selbst eine billige,
bereits
gestempelte Fälschung (von Wada, vgl. Abschnitt 8) ist, denn
sonst
hätte er nicht noch einen ebenso falschen Onomichi-Bota links
daneben gesetzt. Entweder wollte er nur üben oder
Ausländer
veralbern, die das ohnehin nicht lesen können und nichts dabei
finden, wenn eine Briefmarke sozusagen zugleich auf Helgoland und in
Oberammergau abgestempelt worden sein soll. Auch auf anderen
Wada-Produkten und auf billigen echten Marken übte der
Bota-Freund
und brachte seinen falschen
Onomichi-Bota auch auf einer bereits telegrafisch entwerteten Marke zu
5 sen sowie auf einer falschen 12 sen Koban zusätzlich an.
Wer's kauft, wird eher nicht selig.

Echter Bota-Stempel Onomichi
Falsche
Bota-Stempel Onomichi
auf bereits gestempelter
auf echter Koban 5 sen
Wada-Fälschung Koban 12 sen
mit Telegrafenstempel von Akita
Bei Stempeln findet man auch solche, die eigentlich nur dazu da sind,
einer sinnlosen Sache nachträglich einen Sinn zu verleihen.
Man
stelle sich vor, man kommt in den Besitz einer guten, teuren Marke,
ungebraucht, aber auf der Seite der Gummierung mit Falzen zugepflastert
oder gar von Stockflecken gezeichnet. Man wird sich schleunigst nach
einem besser erhaltenen Exemplar umsehen und das lädierte
Stück entsorgen wollen. Leider bekommt man dafür nur
einen
kleinen Bruchteil des Katalogwerts. Wäre die Marke wenigstens
gestempelt, dann ließen sich die Falze abwaschen oder die
Stockflecken chemisch entfernen....
Warum eigentlich nicht ? Gesagt, getan, und schon strahlt das
gute Stück wie neu. Nur der Gummi ist leider futsch. Woher
einen
japanischen Stempel nehmen ?
Hamm wa nich ? Na, dann drücken wir eben den Schraubdeckel der
Weichspülmittel-Flasche aufs Stempelkissen und dann auf die
Marke,
und hinterher
noch einen kleineren Deckel von der Kinderlimo, und schon hat die Marke
einen sauberen Eckrandstempel, ab damit zur Auktion !
Etwas ärgerlich aus Sammlersicht sind Briefe oder Karten, die zwar
frankiert, aber nie versandt wurden. Das kommt auch
heute vor, aber bei Antiquitäten ist das unschön. Wenn
da doch bloß ein Stempel drauf wäre....! Wenn keiner da ist,
malen wir doch einen drauf, warum nicht ? Und weil die Postkarte
bildseitig das Wort "Nagasaki" enthält, malen wir das auch in das
stempelartige Gemälde mit hinein. Schade nur, dass die Stempelform
der Bundespost in Japan niemals zur Verwendung kam....
Und da wir gerade bei selbstgebastelten Stempeln sind: Ein
Sammler außerhalb Japans, dem eine stempellose
Wada-Fälschung mit sanko in
die Finger geriet, hielt sie offensichtlich für eine echte
Marke, ungebraucht, aber leider ohne Gummierung. Ein Stempel
würde
sich auch da gut machen, und mit viel Eifer und einem Tintenbleistift
bemalte er das glücklicherweise nicht echte Stück mit
dem,
was man im Ausland halt für einen "japanischen Stempel" halten
mag. Die unbeholfenen, alles andere als parallelen "Kreis"linien und
das Fantasiegekritzel sind
allenfalls zum Schmunzeln und für online-Auktionen gut. Auch
der mittlere "Stempel" auf einer Wada-Fälschung ist mit viel
Fleiß und Liebe handgemalt und wie die beiden anderen
Handarbeiten ein gutes Beispiel dafür, was sich Klein-Erna unter
"japanischen Schriftzeichen" vorstellt. Bei dem rechten stempelartigen
Gemälde in chiquem Violett hat sich der Künstler sogar von
echter Schrift inspirieren lassen; die drei unteren Schriftzeichen
sollen vermutlich "Java" bedeuten und eine Verwendung der Marken
von Nederlandsch Indië unter japanischer Besetzung suggerieren.
Java wird auf Japanisch ジャワ geschrieben; der emsige Handwerker machte
allerdings ein "Jaku" ジャク daraus.... Die anderen drei Glyphen ergeben
leider auch bei wohlwollendster Betrachtung keinerlei Sinn.
Die ½
sen Marke mit dem echten (China) Aufdruck möchte man gleich in die Sammlung stecken, wenn der bildschöne
Stempel nicht handgemalt wäre. Die "westliche" Form der 7, die
ungleichmäßigen Zinken des Kammgitters, je mehr man
hinschaut, desto seltsamer wirkt der Stempel, obwohl sich der
Fälscher viel Mühe gegeben hat.
Schleierhaft ist, warum jemand einer wohl gummi- und stempellosen
Aufdruckmarke nachträglich
einen so dämlichen handgemalten Stempel verpasste, wie auf der rechten Marke prangt. Erstens wählte er die
Stempelform ohne Kammgitter, die ab 1908 nur in Korea verwendet wurde, und trug zweitens auf sein Stempelgemälde
anstelle von "SHANGHAI" oder was immer nach China riecht,
ausgerechnet die japanische Großstadt KOBE ein, von der
eigentlich jedermann (außer dem Stempelfälscher) weiß,
dass sie mitten in Japan liegt. Hätte er die Marke unbemalt
gelassen... der rote Aufdruck ist nämlich echt.
Kehren
wir zurück zur Überstempelung von Mustermarken. Außer
dem Tuschepunkt gab es auch "Muster"-Aufdrucke in diversen Typen; die
häufigsten sehen so aus: んほみ und 本見.
Sie sind naturgemäß nicht so leicht zu verstecken wie ein
simpler Tuschepunkt, aber auch hierfür haben wir Beispiele.
Mit einem Stempel halb
verdeckter Muster-Aufdruck んほみ
Die Marke ist echt, und der Stempel sieht durchaus nicht falsch aus;
vielleicht war ja ein Postbeamter für ein kleines Trinkgeld im diskreten Umschlag
dabei behilflich.
Auch das folgende Beispiel muss nicht unbedingt eine Fälschung sein,
sondern könnte auch als Lapsus eines japanischen Postbeamten
durchgehen. Schließlich
sind nicht alle Beamten Geistesakrobaten (, aber die meisten !). Nach
starkem Sakegenuss am Vorabend mag der Mensch am Schalter solche
Tomaten auf den Augen gehabt haben, dass er das riesig aufgedruckte mihon
本見 (Muster, Specimen) auf dem Höchstwert der Dauerserie glatt
übersehen und den eingeschriebenen Eilbrief voller Bleiplatten
unbeirrt abgestempelt hat.
Da der Stempel nicht gefälscht aussieht und der Mustermarke (Handelspreis
ca. 70,00 €, ohne Muster-Aufdruck lose gestempelt aber nur ca. 0,50 €) preislich
keinerlei Gefallen tut, kann man sich nur wundern über die
gewaltigen Böcke, die überall da geschossen werden,
wo das
Irren allzu menschlich ist. Als Kuriosum findet so etwas sicher
einen Platz in der Sammlung.
Sehen wir uns doch mal den schönen nachstehend abgebildeten Brief an.
Ob Marke, ob Stempel, alles ist total falsch
Damit auch die Sammler, die Japanisch nicht lesen können,
nicht vollkommen aufgeschmissen sind, geben die führenden
Kataloge
am Anfang der Katalogisierung exotischer Sammelgebiete meist deren
Schriftzeichen für die Zahlen wieder; wer unter Japan nicht fündig
wird, sollte bei China nachschlagen. Dann kann er ohne sonstige
Kenntnisse alles lesen, was im Kreis rund um die Ortsangabe "Tokyo" des
obigen Stempels steht,
nämlich 1 2 3 4 5 6.
Der Fälscher hatte genauso viel
Fantasie
wie Nachbars Fritzchen, das diese exotische Zahlenkombination als
Passwort für sein online banking verwendet. Und wer diesen
Brief
mit der gefälschten Marke und dem wundervollen Stempel
für
teures Geld erwirbt, dem ergeht es ebenso wie Fritzchen mit
seinem originellen Passwort: Geld ist futsch.
Derselbe Falschstempel auf echten Marken
Der Clou kommt aber erst noch. Genau derselbe Stempel findet sich
nämlich auch auf einer durchaus echten, gar nicht teuren
Sondermarke von 1894. Ungebraucht kostet diese Marke mehr als zehnmal
so viel wie gestempelt, weshalb der Sinn des falschen Stempels sich
nicht erschließt, es sei denn, ein Stück ohne Gummi sollte
dadurch aufgepeppt werden. Man sieht hieran jedoch, dass in den
Händen von Fälschern auch echte Marken waren, die bei Bedarf
mit "frisiert" wurden.
Um den echten und seltenen 5 sen Drachen der rechten Abbildung ist es
freilich schade, dass er mit Fritzchens eins-zwei-drei-Stempel verhunzt
wurde, zumal er mit Stempel keineswegs teurer ist als ohne. Natürlich
klebt er auf einem Brief, der das Stück wertmäßig in
astronomische Höhen triebe, wenn alles daran echt wäre, aber mit diesem Stempel wurde aus
einer sehr gut erhaltenen, ungebrauchten Marke von 1100 € Katalogwert ein nahezu wertloser Gag für Leute, die an so etwas ihre Freude haben.
Wir haben noch ein Beispiel für die Manipulation einer echten Marke durch Falschstempel:
Ein Falschstempel auf echter Marke (links) und auf Wada-Fälschung
Es
gehört ein wenig Detektivarbeit dazu, um den Stempel auf der
linken, echten und nicht billigen Kobanmarke als Fälschung zu
identifizieren. Der erste Verdacht keimt, weil der Verkauf der Marke
Altkoban 30 sen zusammen mit den Nominalen 6, 12 und 45 sen bereits um
1880 eingestellt wurde, weil es für diese Wertstufen kaum Bedarf
gab. Der abgeschlagene Einkreisstempel hingegen wurde erst im März
1888 eingeführt. Es gibt Beispiele dafür, dass Altkobanmarken
als Spätverwendung mit diesem späteren Stempel entwertet
wurden, denn sie waren ja nicht ungültig geworden. Sie sind jedoch
so selten, dass solche Belege kritisch betrachtet werden sollten, und
siehe da, derselbe Stempel mit demselben Datum findet sich auch auf
Imitaten aus Wadas Druckerei, wie die rechte Abbildung eines
Wada-Adlers der späten
Platte 2 mit nur 15 Blättern im Chrysanthemum beweist. Und wenn man
den schwarzen Flecken am Oberrand des Chrysanthemums der Kobanmarke richtig
deutet, könnte man durchaus den Schluss ziehen, dass auch Wada&Co versucht haben, Marken mit
Specimen-Tuschepunkten
zu "echt gelaufenen" Exemplaren umzufälschen.
Der
Versuchung, attraktive Briefe zu fabrizieren, können nur wenige
Fälscher widerstehen. Das Feld ist so weit, dass wir uns hier auf
besonders "gelungene" Kunstwerke beschränken müssen. Beginnen wir mit Stufe 1 für Anfänger.
Der untenstehende "Briefausschnitt" klassischer Marken, ein sauber
lesbar gestempeltes Paar der 1/2 sen ohne Silbenzeichen auf
Japanpapier, fand in Japan auf einer Auktion zur Erheiterung des Autors
begeisterte Bieter, ein Beleg dafür, dass japanische Sammler
oftmals ebenso gutgläubig und arglos sind wie Japansammler im
Ausland, denn nichts an dem Papierfetzen ist echt oder antik.

an diesem Briefausschnitt ist
nichts echt
Beide
Marken aus dem Fälscherpool u1 sind identisch, was bei
handgravierten Paaren nicht vorkommen kann, und der wundervolle
blassgraublaulilaschwarze Stempel mit der Ortsangabe Shinagawa ist aus
einem quadratischen Stück Gummi geschnitten, dessen vier Ecken
versehentlich sichtbar sind; der Stempelmacher war zu faul
gewesen, sein Elaborat noch rund zu schneiden.
Angesichts dessen, was manche Bieter dafür zu investieren
bereit
sind, werfe man mir bitte nicht vor, hier nur für jeden Laien
erkennbare Fälschungen vorzustellen und die wirklich
gefährlichen kaum zu erwähnen. Aber Fälschen
will auch
gelernt sein und erfordert sehr gute Handwerkskunst, die nur wenige der
Betrüger, die es auf flotten Profit abgesehen haben,
mitbringen.
Große Augen machen auch die Sammler, wenn aus irgendeinem Grund
Marken verschiedener Länder auf einem Brief friedlich
koexistieren. Dafür gibt es erklärbare Ursachen, die man
kennen sollte, bevor man vom vermeintlichen Schnäppchen geblendet
die Brieftasche mit den Dukaten zückt.
Brief von Shanghai nach Dresden aus dem Jahr 1904, frankiert mit zwei
chinesischen und einer japanischen Marke. Man kann jetzt natürlich
in den Nachschlagwerken zum Boxeraufstand blättern auf der Suche
nach einem Grund, weshalb sich die japanische Marke unter die Chinesen
gemischt haben könnte, aber einfacher ist es, das Corpus delicti
unter die Lupe zu nehmen. Auf dem Lateinschrift-Stempel dieser 2 sen
Marke steht nämlich keineswegs Shanghai, sondern auf einem der
beiden Stempelbruchteile steht NAG, und auf dem anderen KI - wenn das
mal nicht stark nach Nagasaki riecht ! Selbst ein Mitmensch, der
noch nie Briefmarken gesammelt hat, wird sich fragen, weshalb die
Stempelbruchstücke nur auf der Marke, nicht aber auf dem Brief zu
sehen sind - klarer Fall, sagt Sherlock Pinzetti, da wurde ein
Lückenbüßer für eine abgefallene oder
abgelöste chinesische Marke aufgepappt !
In die gleiche Kategorie fällt auch das nachstehende Exempel, eine
Postkarte, frankiert mit der sehr selten echt gelaufen anzutreffenden
"Ninomiya-Marke".
Als
1941 Japans Kriegsmaschinerie heißlief, machte sich das Reich
über die Spargroschen der kleinen Leute her, um seine
Abenteuer zu
finanzieren. Das Graswurzelsparen wurde mit großem Bohei
gefördert, und dafür gab es
Minipostsparbücher, auf die
man 5 Groschenmarken aufkleben konnte, um sich irgendwann
später,
nach dem Endsieg, das Ganze mit 50% Zinsen zurückzahlen zu
lassen.
Das am 1.7.1941 verausgabte Postsparbuch erhielt ein schon mit einer 10
sen Marke bedrucktes Feld, und wer nicht sparen wollte oder konnte, der
durfte dieses Feld ausschneiden und als vollgültige Briefmarke
verfrankieren.
Postsparblatt mit
vorgedruckter,
als Frankatur auf Brief
verwendet
(Ausschnitt),
frankaturgültiger Marke
Ersttagsstempel von
Wakayama
Diese
ungezähnte und ungummierte Briefmarke zeigt den vorbildlichen
Fleißling
Ninomiya Sontoku, der noch beim Brennholzsammeln eifrig
für
die Schule studierte; es bedarf keiner großen Fantasie, sich
vorzustellen, dass postalisch gebrauchte Exemplare, womöglich
gar
auf Brief, nicht gerade billig sind. Umso größer das
Erstaunen, dass auf der nachstehend abgebildeten Postkarte der
Brennholzlümmel in gezähnter Version vor sich hinstudiert,
und dass eine Inlandpostkarte nach Kobe mit 10 sen frankiert wurde. Das
Stempeldatum des Bahnpoststempels deutet das Jahr 15 (=1940) an, als
eine Inlandspostkarte noch 2 sen kostete, aber der Ninomiya Sontoku kam
erst 1941 auf Briefmarke zur Welt - kurzum, diese Karte zählt zweifellos zu den
sieben Weltwundern der Antike.
 |
Ninomiya gezähnt auf
Postkarte
mit Bahnpoststempel von 1940
in der
Stempelfarbe von 1989 !!! |
Wenden wir uns der Mittelstufe zu und betrachten diese attraktive Postkarte - ha, Drachenmarke, als Zusatzfrankatur auf
Postkarte echt gelaufen !!! Ein Prachtsück
für die Sammlung für nur ... € !!!

echte Karte mit falscher und sinnloser Zusatzfrankatur
Also, schön langsam. Der Stempel, ein "Bota-Stempel" von
Tokyo,
wurde 1881 eingeführt. Der Zweikreis-Beistempel, ebenfalls
Tokyo,
zeigt die Zahlen 15-2-12 an, das ist der 12.2.1882. Die aufgepappte
Drachenmarke ist ungezähnt, die Nominale beträgt 500
mon. Was
kostete eine Postkarte im Jahre 1882, gelaufen innerhalb Tokyos in den
Stadtteil Nihonbashi ? Schnell mal nachschauen: Der Spezialkatalog
sagt: 5 rin. Das ist der Betrag, den der Wertstempel der Karte
anzeigt. Wozu zusätzliche 500 mon ? Schnell umrechnen, 500 mon
= 5
sen, 5 rin = ½ sen. Tolle Mischfrankatur, aber wozu 5½ sen Frankatur
für eine Postkarte ? Blättern wir mal ein bisschen in
der Literatur...
Dort liest man, dass Drachenmarken in der mon-Währung ab
26.März 1872 ungültig wurden, dass es keine
Mischfrankaturen
gab, weil die mon-Währung abgeschafft worden war, und dass
Postkarten
erst nach Ablauf der Gültigkeit der ungeschnittenen
Drachenmarken
eingeführt wurden....
Kurzum,
jemand hat eine Drachenmarke, zum Glück keine echte,
sondern
eine primitive Fälschung, auf eine ganz banale Postkarte, die
ein
bisschen alt aussieht, draufgeklebt und dann mit Tusche den durch die
Marke verdeckten Teil des Stempels auf die Marke aufgemalt und dadurch
einen witzigen Bogus produziert, auf den hoffentlich niemand
kostenpflichtig hereinfällt. Drachenmarken in mon-Währung auf Postkarte sind IMMER Humbug.
echte Karte mit falscher und sinnloser Zusatzfrankatur
Auch diese Postkarte
stellt einen ähnlichen Fall dar; sie ist echt,
eine billige Massenware. Abgesehen
davon, dass die als Zusatzfrankatur aufgeklebte
Marke falsch ist und unterschiedliche Stempel
auf Karte
und Marke, die eigentlich den gleichen Stempelabdruck tragen
sollten, abgeschlagen sind, gab es bis zum 2.Weltkrieg, als die
Inflation zu
galoppieren begann, keinen Portosatz von mehr als 2 sen für
Inlandspostkarten. Wozu 10 sen Zusatzfrankatur erforderlich gewesen
sein sollen, gehört zu den ungelösten
Rätseln der
Menschheit. Die Ortsangabe auf dem Stempel der falschen Marke ist als
Mito/Musashi leserlich, aber die Karte ist innerhalb der Provinz Bitchu
gelaufen. Das ist so, als ob eine Karte von Nürnberg nach
Fürth via Rostock gelaufen wäre. Die echten Stempel
nennen
als Datum das Jahr 1896, in dem
die Marke zu 10 sen bereits sieben Jahre lang ungültig war.
Auch
in diesem Fall muss sich ein Sammler, der
für diesen dreisten Schmu viel Geld ausgibt, den Vorwurf
großer Naivität gefallen lassen. Zu einem exotischen
Sammelgebiet gehört auch ein Mindestmaß an
Kenntnissen.
Kommen
wir also zur Oberstufe. Ein schöner Inlandsbrief, frankiert mit
einer der ersten Rollenmarken, ausgegeben im November 1933, ein
ansehnlicher Leckerbissen.
Der Portosatz ist korrekt, aber das Stempeldatum mit der 7 links (die
Reihenfolge der Ziffern japanischer Inlandsstempel ist Jahr-Monat-Tag)
entspricht dem Jahr 1932, daran lässt sich nicht rütteln. In
diesem Jahr waren Rollenmarken noch nicht erfunden, weil die
Reichsdruckerei nicht über die dazu erforderlichen
Rotationsdruckmaschinen verfügte. Aber einseitig geschnittene
Heftchenmarken gab es, seit 1914 schon. Jetzt beginnt sich das
Rätsel zu lösen. Die rechte ungezähnte Seite der etwas
schmal wirkenden Marke ist ein etwas schief geratener Scherenschnitt,
und die manpulierte, gebrauchte Marke ist auf einen Brief, dessen
wirkliche Frankatur wohl entfernt wurde, so aufgepappt
worden, dass der
Stempel zu passen scheint, aber wer genau hinsieht, erkennt, dass er
nicht wirklich passt, sondern dem zunehmenden Mond gleicht, mit Knicken
in den waagerechten Linien. Man hätte den Brief besser so
gelassen, wie er war, selbst wenn er mit einer billigen Marke frankiert
war, denn der Stempel lautet Seodaemun, und das ist ein PA in Seoul;
der Brief wurde mithin aus dem annektierten Korea versandt und ist deshalb
preislich höher bewertet.
Hieran zeigt sich, wozu die Angaben im Katalog und eine gute Lupe
taugen. Damit kann man solchen Kokolores auch ohne Prüfer entlarven.
Ein Brief von Unbekannt nach Kingston, Entebbe, London,
frankiert mit einem seltenen Ganzsachenausschnitt, lässt
manches
Sammlerherz höher schlagen. Ob die Hauptstädte von
Jamaica
und Uganda tatsächlich als Ortsnamen in London existieren und
der
Ankunftsstempel echt ist, wissen Englandspezialisten sicher besser als
der Verfasser, der sich hier gerne belehren lässt. Aber eines
ist
sicher: Aus Japan ist der Brief nicht in die neblige
Brexit-Hauptstadt gelangt. Ausschnitte
aus Ganzsachen sind theoretisch nicht zur Frankatur zugelassen, aber
japanische Schalterbeamte waren mituner, äh, flexibel im Umgang mit Vorschriften; für 2 sen
konnte man aber allenfalls eine Drucksache nach London spedieren.
Angenommen, der Brief ist als Drucksache anerkannt worden, so schauen
wir uns den Stempel an und lesen mit Erstaunen, dass das japanische
Stempeldatum das Jahr 32 (=1899) nennt. Zeitkapsel, ein Brief aus der
Zukunft, denn der Ankunftsstempel nennt das Jahr 1888 ! Ebenso
überraschend ist die Tatsache, dass ein
Inlandsstempel Verwendung fand, auf dem nur das Wort "Bahn(post)" zu
entziffern ist. Ein erstaunlich früher Beleg per Orient-Express ? Die Schriftzeichen für Bahnpost sehen so aus: 道鉄.
Nun findet sich der unterste Strich von 道
als Linie verlängert auf dem Brief,
was allerdings eine seltsam krumme Schlange ergibt, die nicht so recht
zu einem Poststempel passen will. Man ahnt es vielleicht: Der Stempel
ist per Hand auf den Brief verlängert worden, "unleserlich"
gemacht, und der arme Kunsthandwerker, der sich all diese Mühe
gemacht hat, ist auf das Schriftzeichen hereingefallen und meinte, es
sei Teil einer Linie. Der Wert dieses "Unikats" beschränkt
sich
leider auf den Fleiß des Stempelmalers, der hier einen
Leckerbissen für besonders unerfahrene Japansammler
produzieren wollte.
"Briefe
können Geschichten erzählen", sagt man so
schön, und
auch die folgende Postkarte aus Tokyo, handdatiert vom 19. 5. 1937, die
dem Oberfeldwebel
nach Döberitz an das Jagdgeschwader Richthofen nachgesendet
worden
ist, lässt die Augen mancher Sammler leuchten. Vor allem, wenn
sie
erkennen, dass der Stempel auf der Marke auf den 16. März 1926
lautet und auf dem Hauptpostamt von Osaka abgeschlagen wurde. Man
braucht kein Japanisch lesen zu können, nur eine Tabelle zur Hand
zu haben, die die japanischen Jahreszahlen in westliche umrechnet, um
die Unstimmigkeit
des
Datums zu erkennen; ja, und wie kommt überhaupt ein
japanischer
Inlandsstempel auf diese Auslandspostkarte ? Auslandspost wurde gemeinhin
mit Stempeln in Lateinschrift entwertet. Die 1925 verausgabte
Tazawa-Marke zu 13 sen deckte die Gebühr für
Einschreibsendungen ab; Postkarten ins Ausland kosteten im Mai 1937
nur 10 sen. Unter der Lupe erkennt man Gummispuren rund um die Marke und
könnte zu der Erkenntnis gelangen, dass diese Karte
ursprünglich mit einer großformatigen Sondermarke
frankiert
war, die jemand abgeweicht und aus seinen Doubletten eine
beliebige Marke, deren Stempel zu dem Rest des Stempels auf der Karte
passte, nachträglich aufgeklebt hat, damit das gute
Stück
irgendwie verkäuflich aussieht. Um den Stempel "passend" zu
ergänzen, musste die Marke leider sehr schief aufgeklebt
werden,
was nach "echter Bedarfspost" aussieht. Was dieser Beleg zu
"erzählen" hat, lässt das Leuchten in den
Sammleraugen wieder
erlöschen.
Das Feld der Manipulationen und Verfälschungen von Briefen und Belegen ist so weit,
dass
es mit dieser Zusammenfassung als Beispiel sein Bewenden haben soll.
Das Thema kann nicht erschöpfend behandelt werden. An dieser
Stelle soll wiederholt werden, dass diese website nur vor offenkundigen
Fälschungen warnen will, die Expertise eines ausgewiesenen
Prüfers aber nicht ersetzen kann.
Bei
Stempeln gerät man leicht in ein grenzwertiges Milieu. Soll
man einen
Block von 1941 erwerben, der einen Stempel von 2001 aufweist ? Im
Prinzip sind fast alle japanischen Briefmarken unbegrenzt gültig;
für ungültig erklärt
wurden nur wenige Marken, darunter die handgravierten Marken
der Anfangszeit, die
Flugzeug-Aufdruckmarken von 1919, und Dauer- und Sondermarken, die
direkt oder indirekt mit Japans Kriegszügen im Pazifik zu tun
haben.
Stempel Matsudo-Minami 30.6.2001 auf Block von 1941
Im
Prinzip sollte man diese Entscheidung dem Sammler überlassen.
Wer eine
Lücke in der Sammlung schließen möchte,
wird den Block akzeptieren, aber
wer Japans Postgeschichte dokumentieren möchte, wird ihn
ablehnen oder
als Kuriosität behandeln. Man sollte wissen, dass es
für
Gefälligkeitsstempel eine Vorschrift gibt, der zufolge das
Heben und
Senken eines mit Poststempel beschwerten Beamtenarms pro Abschlag einen
Betrag entwerten muss, der mindestens dem jeweils gültigen
Portosatz
für eine Postkarte Inland entspricht. Im Jahre 2001
wäre das ein Betrag
von 50 yen gewesen, weshalb die Entwertung von Marken in der
Sen-Währung vorschriftswidrig ist.
Überdies bildet der Block Ansichten eines Nationalparks in
Taiwan ab,
was mit Japans Kolonialisierungsversuchen zu tun hat, weshalb dieser Block
ohnedies seit 1947 ungültig ist. Dass
der
Schalterbeamte auf einem kleinen
Vorortpostamt am Rand von Tokyo mit diesen Dingen nicht vertraut ist
und dem Kunden
zuliebe einfach abstempelt, was man ihm vorlegt, tut nichts zur Sache,
das kommt immer wieder vor.
Nicht
ganz so viele Jahre später, aber dennoch erst nach Ablauf der
Gültigkeit abgestempelt wurde die Marke auf der obigen Karte.
Diese Marke wurde nur im Pachtgebiet der Liaodong-Halbinsel, dem
sogenannten "leased territory" verkauft. Sammler im japanischen
Kernland konnten sie nur in kleinen Mengen von der Sammlerstelle in
Tokyo beziehen oder sich aus Port Arthur oder Mukden schicken lassen.
Sie waren zwar theoretisch auch in Japan gültig, aber nur Sammler
ließen sie da zu philatelischen Zwecken entwerten. Gestempelte
Stücke fehlen deshalb in fast jeder Sammlung. Die obige Karte
trägt einen echt anmutenden Stempel von Nagoya, dessen Datum
freilich der 18.Mai 1948 ist - auch diese Marke zählt zu den von
der Besatzungsmacht verbannten Marken, deren Gültigkeit am
31.8.1947 endete. Der Sammlung zuliebe drückt manch einer beide
Augen zu, auf internationalen Ausstellungen bringt dieses
Stück aber Minuspunkte.
 |
 |
jeweils rechte Marken mit Stempeltype von
1952 |
echter
Gummistempel in Lateinschrift |
Das Gleiche gilt auch für die abgebildeten Rollenmarken,
obwohl
ein
Stempeldatum nicht erkennbar ist. Aber die Swordguard-Stempeltype, mit
der die beiden jeweils rechten Marken im linken Bild entwertet sind,
wurde erst 1952
eingeführt, und Stempel in Lateinschrift trugen zur Zeit der
Gültigkeit stets den Landesnamen NIPPON anstelle von JAPAN.
Überdies wurden die Marken (mit Ausnahme derjenigen zu
½
sen) am
1.9.1947 ungültig, weil sie Militärs bzw. einen
Shinto-Schrein
abbilden. Die beiden linken Marken tragen Stempel aus der
regulären
Laufzeit, aber die rechten ließ ein Philatelist unter
Ausnutzung der Unwissenheit eines Postbeamten nach Ende der
Gültigkeit abstempeln, womit sie streng genommen
verfälscht
worden sind. Als Lückenbüßer
mag sie nehmen, wer sie benötigt, aber er sollte sich nur
einen
Bruchteil
des Katalogpreises dafür abknöpfen lassen.
Generell gilt: Je seltener eine Marke, desto größer
ist die
Wahrscheinlichkeit, dass das offerierte Sonderangebot nicht ganz
koscher ist.
Der umgekehrte Fall ist die Abstempelung noch vor dem Ausgabetag, die
in Japan nur selten und durch versehentlich falsch eingestellte Stempel
vorkommt.
Bei dem Stempel des Postamts Keio Gijukumae (Postamt vor dem Tor der
Keio-Universität) dagegen ist dies sehr häufig der Fall. Hier
nur eines von vielen Beispielen:
Der abgebildete UPU-Block wurde am 10.10.1949 verausgabt, der Stempel
weist aber das Datum des 6.10.49 aus. Die Erklärung ist einfach:
Auf ungeklärte Weise gelangte dieser Stempel in Privatbesitz,
obwohl ausrangierte Poststempel zur Verhütung von Missbrauch üblicherweise
durch die Post vernichtet werden; zu welchem Missbrauch in falsche
Hände geratene Stempel verführen, zeigen zahllose
Blockausgaben bis in die späten 50er Jahre, meist
Nationalpark-Blocks, die mit diesem Stempel oft ohne Rücksicht auf
das Ausgabedatum zu gestempelten und "echt gelaufenen" Exemplaren
aufgemotzt worden sind.
In diese Kategorie fallen auch die sogenannten "da Luz Briefe", denen
man eigentlich auf jeder Auktion begegnet. Einige Stempel aus der Zeit
der
japanischen Besetzung von Hongkong sind in unbefugte Hände
geraten,
und der Besitzer kaufte weit nach Kriegsende wahrscheinlich alle
Vorräte an Luftpostbriefumschlägen auf, deren er habhaft
wurde, verklebte die zu
cent-Beträgen bogenweise erhältlichen Vorkriegsdauermarken
und stempelte drauflos, was das Zeug hielt. Er kümmerte sich nicht
um Portosätze, bedachte auch nicht, dass es zur Zeit der
japanischen Besetzung noch keine blauen Luftpostumschläge
gab, stempelte vielen (nicht allen !) Umschlägen die
einheitliche
Anschrift "Mr. H. da Luz, 64, Macdonnell Road, Hong Kong" auf und
brachte seine Massenproduktion unters Volk.
Wie die Abbildung aus einem Auktionskatalog zeigt, wird für diesen
Stuss ein Preis von 15,000 yen, das sind um die 100
€, als Mindestpreis verlangt, und es ist nicht ausgeschlossen, dass
jemand auch so viel hinblättert, ohne sich über den seltsamen
Portosatz zu wundern und ohne daran zu denken, dass es in Hongkong weder zur Zeit
der Besetzung noch bis zum heutigen Tage innerstädtische
Luftpostzustellung gab. Selbst die Beschreibung des Stempels als
"九龍 (Kowloon)18.6.5." ist falsch, denn der Stempel lautet nicht "Kowloon",
sondern schlicht und ergreifend "Hongkong".
Kowloon hatte dieser Produzent absenderloser Briefe auch im Repertoire;
unten links ein Brüderchen der obigen "Rarität" mit einem
Kowloon-Stempel, und daneben ein unadressiertes Exemplar aus derselben
Raritätenfabrik mit einem wieder anderen Hongkong-Stempel. Jedes
Stück ist so viel wert wie ein gebrauchter Kaugummi.
Eigentlich gehört der folgende kurze Abschnitt streng genommen
nicht hierher, denn es geht nicht um "klassische" Japanmarken, soll
aber zeigen, dass auch heutzutage Marken bearbeitet und aufgepeppt
werden. Preiswerte Technik macht's möglich und bringt sogar bei
nicht sonderlich teuren Stücken einen Gewinn.
Wenn
uns nicht alles täuscht, waren im Jahre 1964, das uns der
"Stempel" weiszumachen sucht, weder die Dauermarke mit den
zwei Bambis (Ausgabejahr 1972) noch Tintenstrahldrucker auf dem
Markt. Dasselbe gilt auch für das nachstehende Paar mit dem
lateinschriftlichen Landesnamen NIPPON im Markenbild, zu dem sich die
Post auf Anmahnungen der UPU erst 1966 durchringen konnte. Und hier ein Tipp für angehende
Fälscher: Moderne Technik sollte man auch beherrschen, damit der
arme Herr Maejima samt Umgebung nicht an den Masern erkrankt !