Vorwiegend
aus China (und Taiwan) werden derzeit sogenannte "Repliken" (replica)
klassischer
Marken aller Art, auch von Japan, übers Internet in
großen
Mengen auf den Markt gedrückt. Noch lassen sie sich am
modernen
Papier, der allzu frischen Gummierung, sauberen Zähnung und an
der
allzu glatten Markenoberfläche in Gegenüberstellung
mit den Originalen gut unterscheiden, während die
Markenzeichnung
selbst alle Merkmale echter Marken aufweist und von echten Marken
allenfalls am Graustich des Kopier-Farbtons
zu unterscheiden ist. Aber sobald man ein Stück (hoffentlich
nicht
für teures Geld erworben !) unter der Lupe betrachtet, erkennt
man, dass die Marke nicht graviert, sondern fotomechanisch reproduziert
worden ist.
sogenannte Repliken echter
Marken, made in China

Repliken anderer japanischer Raritäten, ebenfalls made in China
Kriminell wird es erst dann, wenn
solche "Repliken" auf Briefumschläge aufgepappt und als echt
gelaufene Rartäten angepriesen werden. Der nachfolgende Beleg ist
jedenfalls trotz wundervoller Sonderstempel und hoher
Überfrankatur nie in dieser Form postalisch nach Deutschland
gelaufen, denn die Marken waren schlicht weder verausgabt worden noch
jemals postgültig.
Gummierte, umseitig
nicht als
Repliken gekennzeichnete Stücke, die in jüngster Zeit
immer
häufiger auftauchen, geben Anlass zu Sorge und
erhöhter
Aufmerksamkeit. So kursieren mittlerweile auch fotomechanische
Reproduktionen der Chrysanthmum-Serie, die auf den ersten Blick
durchaus echt anmuten. In der Vergrößerung erkennt
man aber,
dass -außer der für Repliken typischen perfekten
Zähnung, dem modernen Papier und der makellosen Gummierung-
bei
den vorliegenden Beispielen die Zähnung von der
Rückseite her
ausgestanzt wurde und dass der Wert zu 1 yen keinen Prägedruck
aufweist.
Auch
der teuerste Block Japans ist für Imitatoren selbstredend eine
Verlockung. Wir raten davon ab, diesen Block im Internet zu kaufen,
sofern keine hochauflösenden Scans beider Seiten bereitgestellt werden.
Andernfalls besteht die Gefahr, auf das abgebildete schöne Exemplar
hereinzufallen, das fotomechanisch reproduziert wurde. Mit guter
Fototechnik lässt sich sogar das stark auf die Vorderseite
durchscheinende Wasserzeichen abbilden, aber aus einem Foto keinen
Stichtiefdruck machen. Die Rückseite offenbart, dass es sich umseitig
nur um ein Foto des Blocks handelt, denn hier, wo das Wasserzeichen und
das Faserpapier noch deutlicher sichtbar sein müsste, ist nur weiße
Fläche sichtbar, mit einigen briefmarkenförmigen Löchern drin.
Als Repliken werden auch Marken angeboten, die es gar nicht gibt. Und
solche, die bisher noch nicht gefunden worden sind. Zu denen, die es
gar nicht gibt, zählen fantasievoll gestaltete angebliche
"Besatzungsausgaben" Japans sowie selbst gestaltete Proofs und Essays.
Man sollte die Finger davon lassen. Essays japanischer
Briefmarken
kursieren nicht in Privathand, sondern lagern im Museum oder im Fundus
der japanischen Post.
Diese gut gemachten
Scherzartikel tragen auf der Rückseite in Lateinschrift das
Wort COPY

manche Stücke sehen auf
den ersten Blick bekannt aus
Weil
wir gerade bei den Fantasieprodukten sind... Hier meldet sich ein
Exemplar, das auch gerne hier präsentiert werden möchte, ein
Taschenteufelchen, das sich einen Yokohama-Stempel um den Bauch
gebunden hat und Japansammler ärgern will.
Wer dieses seltsame, von ulkigen Fantasieglyphen umzingelte
Springteufelchen fabriziert hat, ist leider unbekannt, aber der
eingedruckte
Yokohama-Stempel ist sehr schön, aber leider in Nippon unbekannt
und endet bedauerlicherweise kurz vor dem Markenrand. In den USA
heißt so ein Meisterwerk einfach nur "bogus".
Auch
der im vorigen Kapitel erwähnte Ninomiya Sontoku übte
auf die
Replikenprodzenten einen großen Reiz aus, aber statt das
Sparbuchblatt zu replizieren, gingen sie in großem Stil vor
und
produzierten den Studiosus bogenweise, so dass man sich auch mit Viererblocks,
wahlweise geschnitten oder sauber
gezähnt, eindecken kann. Mangelnde
Kenntnis oder
Dreistigkeit ? Moderne Technik kann Wunder bewirken.
 |
 |
Ninomiya ungezähnter
Viererblock !!! |
Ninomiya gezähnter
Viererblock !!!
mit Bogenrand und Druckvermerk
!!! |
Einige der Fantasieprodukte,
die clever gemacht und in kleiner Auflage
hergestellt sind und überdies bei Kriegsveteranen
wehmütige
Erinnerungen auslösen, sind durchaus nicht wertlos, sondern
werden
als "Souvenirs" gehandelt und geschätzt. Als Beispiele
für
teure Produkte seien zwei Blocks angeführt, die das Kaiserpaar
von
Manzhouguo (Manshukoku) zeigen, den "last emperor" Puyi und seine
hübsche junge Gemahlin Wanrong. Für beide Blocks
werden in Japan um
die 100 € bezahlt, aber selbst diese reellen Preise
ändern
nichts daran, dass es eben keine Briefmarken, sondern Souvenirs
für die Ewiggestrigen sind.

Last emperor Puyi von Manzhuguo und Gemahlin Wanrong auf
briefmarkenähnlichen Erinnerungsblocks
Ebenfalls
ziemlich echt wirken als Repliken angebotene angebliche
Besetzungsausgaben Japans im 2.WK. Sie sind sehr gut im Stil von
Markenausgaben jener Zeit gestaltet, aber teils auf modernem Papier
gedruckt.
Vermutlich deswegen werden sie vorsichtshalber als "Replica" offeriert,
obwohl sie keinerlei je verausgabte Marken replizieren.
Die Marken links tragen die Inschrift "Kaiserliche Post
Japan, Generalgouvernement Hongkong", sind gelblich
gummiert
und wirken
durchaus alt. Auch die Schrifttype und die rechtsläufige
Schreibweise sind gut gestaltet. Moderner sind Papier und
linksläufige Schreibweise der Marken "Shonanto Post", aber
auch
diese Schrift ergibt einen Sinn, denn Shonanto war die seinerzeit in
Japan gebräuchliche Bezeichnung für das besetzte
Singapore,
wo die Malaien wie die Briten von links nach rechts schrieben, anders
als die Hongkong-Chinesen.
Trotz des recht überzeugenden Looks handelt es sich leider nur
um sehr schöne Fantasieprodukte.
  |
 |
Chinesische Inschrift, von
rechts nach links:
Angebliche Marken des japanisch
besetzten Hongkong |
Wertangabe auch in Lateinschrift:
Angebliche Besetzungsausgabe für Singapore |
Zu den Marken, die es theoretisch geben könnte, die jedoch
bisher noch nicht gefunden worden sind, zählt
beispielsweise die 500 mon Drachenmarke mit kopfstehendem Werteindruck
in ungebrauchter Erhaltung. Ein einziges gebrauchtes Stück ist
alles,
was
von diesem Irrtum auf klassischen Marken gefunden worden ist.
Mindestens ein Bogen zu 40 Marken muss davon gedruckt und
(teilweise ?) gebraucht worden sein. Es ist zwar nicht
auszuschließen, dass irgendwann noch weitere Stücke
auftauchen, aber die auf eBay oft angebotenen Repliken einer
ungebrauchten Marke sind aus Mangel an Vorlagen keine Repliken, sondern
Produkte chinesischer Fleißarbeit mit einer nicht sehr guten
Fotobearbeitungssoftware, denn der Aufdruck ist nicht nur kopfstehend,
sondern, hoppla, auch noch seitenverkehrt geraten.
 |
 |
Die
einzige je gefundene echte Marke
mit kopfstehender Wertangabe
ist ein gebrauchtes
Stück |
Im Internet
angebotene Repliken
ungebrauchter Marken
sind Fantasie- oder
Fotoshop-Produkte |
Auch
vermeintliche Irrtümer moderner Marken werden als "error
stamps"
teuer angeboten (und verkauft), obwohl diese falschen "Fehldrucke"
allzu offenkundig durch Manipulation an echten Marken zustande gekommen
sind. Man sollte wissen, dass moderne Technik und
strenge Kontrollen derlei eklatante Irrtümer nahezu
unmöglich machen; alle bekannten wirklichen Fehler sind im
japanischen Spezialkatalog aufgelistet und haben eine
erklärbare
Ursache.
durch (photo)chemische
Ausbleichung von
Druckfarbe
manipulierte
"Fehldruck-Rarität", made in China
auf der chemisch behandelten
Frankatur dieses "Error"-FDC
sind die Spuren der nachträglich entfernten
Originalfarbe noch gut erkennbar
Mit
einer guten Software kann man auch echte Marken überdrucken,
so
dass die tollsten Sachen dabei herauskommen, zum Beispiel 50 yen
Rollenmarken in Braun, von denen es eigentlich nur grüne
Exemplare
geben sollte.

unbekannte Rollenmarke in Schokobraun
Besonders
an der Wertziffer der unteren Marke und am linken Markenrand wird
sichtbar, dass jemand das Markenbild kopiert und in Rot auf die
grünen Rollenmarken neu aufgedruckt hat, so dass sich
ein
Schokoladenbraun ergibt. Es existiert eine 50 yen Marke in
Schokoladenbraun (Michel-Nr. 584), aber die Wertziffer hat eine andere
Form, die Marke trägt keinen Landesnamen in Lateinschrift
und wurde auch nie als Rollenmarke verausgabt.
Weil
wir gerade bei den Rollenmarken sind: Von den unten
abgebildeten
Marken sind drei Sorten in fast jeder Sammlung enthalten, sie kosten
nicht viel, aber die vierte, zu 14 sen Nominale, bekommt man selten
für weniger als 100 €. Die gleiche Marke aus dem
Bogen,
vierseitig gezähnt, ist hingegen für ein paar cent zu
bekommen, auch in sauberster postfrischer Erhaltung. Man wird sich
unschwer vorstellen können, dass die Verlockung, aus einer
billigen, allseitig gezähnten Bogenmarke mit Schere oder Cutter ratzfatz nachträglich eine
wertvolle Rollenmarke zu machen, auf die Verfälscher
unwiderstehlich wirken muss.
Weshalb ist wohl die Rollenmarke zu 14
sen jeweils schmaler als die anderen Rollenmarken ?
Nach
dem Abschneiden der senkrechten Zähnung wird die Marke zwar
ein
wenig schmaler, aber welcher Käufer misst das schon nach ?
Wenn der Anbieter ein Dusseltier ist, das die Marke zusammen mit
Vergleichsstücken offeriert oder so dabbisch zuschneidet, dass von
der Zähnnung noch Reste erkennbar sind, weckt er natürlich
selbst den
unerwünschten Argwohn, aber zum Kauf einer einzelnen 14 sen
Rollenmarke muss man als Käufer schon außer seiner
Brieftasche auch eine Portion waches Misstrauen mitbringen.
echt ist einzig die Marke links, am breiten senkrechten Rand zu
erkennen - die anderen sind Scherenschnitte,
bei der Marke rechts sogar noch Reste der Zähnung zu
erkennen
Das
Schnippeln an der Zähnung, sollte man meinen, komme wohl nur
bei
der teuren 14 sen Marke vor, aber weit gefehlt ! Wenn es nur einer
Schere bedarf, um eine Lücke in der Sammlung zu
schließen
oder einen besseren Wert bei einer online Auktion einstellen zu
können, werden viele Stümper schwach. Angesichts der
krumm
geschnittenen Ränder und der teilweise noch sichtbaren
Zähnung kann man nur sagen, dass ein Lineal und ein Cutter
durchaus erschwingliche Geräte sind, liebe geizige
Amateur-Fälscher !
Auch die allererste Rollenmarken wurden von eifrigen Schnipplern aus
Bogenmarken hergestellt, die Resultate sind aber entmutigend, es sei
denn, der Käufer hat vor dem Kauf zu tief ins Glas geschaut
und
sieht den arg schmalen und schlangenlinienförmigen senkrechten
Rand nun doppelt so breit. Wir wollen ja keine Schleichwerbung machen,
aber Cutter sind wirklich nicht teuer !
m
Auch
Indien mischt mit bei der Produktion japanischer Raritäten;
allerdings trauen sich die Inder nicht an japanische Schriftzeichen
heran. Fantasievolle Wasserfarbengemälde, mit "Nippon Yubin"
in
Lateinschrift versehen, werden als "Photo-Essays" teuer offeriert, ohne
Rücksicht darauf, dass diese typisch indische Farbgebung der
Tradition japanischer Farben widerspricht. Und billige Marken mit
Aufdrucken aus dem Druckbaukasten werden zu "SPECIMEN" aufgeblasen.
Dass echte Musteraufdrucke auf modernen Marken, die immer in
japanischer Schrift
erfolgen, in Japan selbst beim Markenhändler für 30
yen
erhältlich sind, weiß man in Indien nicht und
glaubt,
für diese Produkte das Hundertfache verlangen zu
können. Aber
in dieser weiten Welt gibt es sicherlich genügend Dumme, die
sich
von jedem Tinnef bereitwillig ins Bockshorn jagen lassen.

Mit
"Photo Essays" und "SPECIMEN" Aufdrucken aus dem Setzkasten bereichert
Indien das Kuriositätenkabinett der Japan-Philatelie
Deutlich anspruchsvoller sind die Neudrucke, die die japanische Post
auf
hochwertigem Japan- und Importpapier von allen Drachen- und
Kirschblütenmarken 1961 herstellen ließ. Anlass war
der
90.Jahrestag des modernen japanischen Postwesens, und die Marken
erschienen ungezähnt in einer Serie von Blocks und sind auf
der
Rückseite durch einen grauen Aufdruck auf jeder Marke als
(frankaturungültige) Nachdrucke gekennzeichnet. Diese Marken
sind Reproduktionen der
originalen Marken und unterscheiden sich im Design überhaupt
nicht, von Papier und Farbe her nur geringfügig von den
Originalen.
Wer diese Marken zähnt und auf einen alten Briefumschlag
aufklebt,
einen alt aussehenden "Stempel" dazu fabriziert, der kann damit
wunderschöne falsche Briefe herstellen. Der sehr
unauffällige hellgraue
Aufdruck auf der Markenrückseite lässt sich
sicherlich auch
elegant entfernen oder mit einem Falz überkleben.
vom Postministerium 1961
hergestellte, nicht postgültige Reproduktionen
aus Anlass des
90jährigen Bestehens des modernen japanischen Postdienstes,
auf der Rückseite jeder Marke kaum
sichtbar
in hellgrau "Nachdruck"
alle Marken sind ungezähnt und ungummiert
Zum
100. Postjubiläum kamen wieder ähnliche Blocks mit
Drachenmarken in Umlauf, und wenn auf einer Auktion oder sonst irgendwo
eine erstaunlich breitrandige Drachenmarke ohne Falz- und Altersspur,
dafür aber auf dem deutlich senkrechten gestreiften Papier der
Abbildungen oben offeriert werden sollte, weiß der clevere
Sammler gleich, aus welchem Nest solche Drachen geschlüpft
kommen.
 |
 |
ungewöhnlich
breiter Rand,
bei echten Marken nicht
möglich |
schon in der Aufsicht erkennbare
Streifen im Papier |
Die
Kataloge berichten von Drachenmarken, die auf gestreiftem Japanpapier
gedruckt sind, aber diese ebenfalls senkrechten Streifen sind
wesentlich filigraner und oft wie ein Wasserzeichen nur gegen das Licht
sichtbar.
Auffällig bei der obigen Marke, deren rückseitiger
"Nachdruck"-Aufdruck entfernt worden ist, ist der blaue Kratzer, der
von der mittleren Klaue des linken Drachen auf das obere schwarze
Schriftzeichen zu weisen scheint. Hieran lässt sich die
Herkunft
der Marke eindeutig nachweisen, wenn man sich diese Marke auf dem
Gedenkblatt des Postministeriums von 1971 genauer ansieht.
Da
sitzt er brav und grinst, der Drache, samt Streifen und Kratzer, und
denkt nicht dran, Jahrgang 1871 zu sein wie sein Urgroßpapa.
Unter der Vielzahl von Souvenirs, die Drachenmarken abbilden, finden
sich auch solche mit eingedruckten Stempeln. Ausgeschnitten sehen die
Exemplare dann beinahe aus wie echte gestempelte
Stücke und
werden durchaus als
"gebrauchte Drachenmarken" teuer angeboten; natürlich haben
sie
ausnahmslos einen preissteigernden superbreiten Rand auf allen vier
Seiten, der bei erfahrenen Altjapansammlern sofort die Alarmanlage
aufheulen
lässt.
Auch an der teuersten Sondermarke
Japans, der Michel-Nr.129, haben
sich die Replica-Chinesen und andere Manipulateure versucht; die
meisten Versuche, mit Ausnahme der sehr sauberen Repliken, sind
kläglich misslungen, aber man findet auch fabrizierte
"kopfstehende
Mittelstücke" und "Fehlfarben", die es bei Originalen dieser
Marke
niemals
gegeben hat. Wirklich gefährliche Fälschungen, die
eine
Vorlage beim Prüfer erforderlich machten, sind erst in
jüngster Zeit bekannt geworden.
Bogenteil der echten Marke
m
moderne fotomechanische
Reproduktion, gezähnt und gummiert
Im
Vergleich mit der echten Marke fällt die moderne,
professionelle
Zähnung und die ebenso saubere Gummierung ins Auge. So gut
waren
sie 1916 noch nicht. Aber auf den ersten Blick kann sich ein Sammler,
der dieses teure Stück noch nie echt zu Gesicht bekommen hat,
durchaus täuschen lassen, die fotomechanische Reproduktion
ermöglicht perfekte Drucke, nur eben in moderner
Qualität.
Eine Marke, die mehr als 100 Jahre auf dem Buckel hat, dürfte
nicht so geschniegelt einherstolzieren.
Als "Replica" auf eBay angebotene Imitate, links ganz gut, Mitte sehr
primitiv, rechts seltsame Zähnung.
Bei der Marke links unterscheiden sich Farbe des Mittelteils und
Nennwert,
bei den anderen
Marken Farbe / Druckart / Zähnung vom Original
Nicht
nur der Krönungshut, sondern auch alle anderen teuren
Sondermarken
sind von diversen offiziellen und halboffiziellen Stellen zu
irgendwelchen Anlässen nachgedruckt worden und auf
blockartigen
Gedenkblättern wiederauferstanden. Wer einmal ein echtes
Exemplar
gesehen hat, fällt auch bei Dämmerlicht kaum auf
diese
teils schlicht gezähnten Offsetdruck-Blocks herein, die
allesamt
umseitig ein dickes 模刻 (Nachdruck) aufgedruckt tragen.
Die meisten dieser Produkte blieben ungummiert. Einige Abbildungen
mögen ausreichen, um die Fülle zu
dokumentieren:
Krönungshüte
im Sonderangebot für kaisertreue Philatelisten mit schmalem
Budget
fast alle teuren
Sondermarken Japans sind als Gedenkblocks im Offset-Verfahren
nachgedruckt worden,
die Druckvermerke nennen als Auftraggeber Ministerien und andere
offizielle Stellen
 |
 |
umseitiger Ausfdruck
"NACHDRUCK"
und unten rechts
"Nr.10 aus der
Serie von Nachdrucken von Briefmarken aus der Staatsdruckerei" |
außerhalb Japans
hergestellte Repliken
tragen eher selten einen entsprechenden Aufdruck
in Englisch auf der Rückseite;
dieses Beispiel zeigt den Handstempelabschlag
eines Prüfers (?) |
Diese
Nachdrucke haben nur kleine Auflagen und werden
selbstverständlich
von Liebhabern gesammelt. Inländische Repliken gelangen kaum
einmal ins Ausland und sind
auch
nicht zur Täuschung gutgläubiger Sammler gedacht,
sondern
zeugen nur davon, wie japanische Sammler die seltensten
Stücke ihrer Heimat verehren. Dass einige Filous
versuchen,
an solchen
Imitaten auf Kosten anderer reich zu werden, ist ein anderes Kapitel.
Gauner finden sich leider überall.
An die Wadas, Spiros und Kamigatas erinnern auch
Ganzfälschungen
und Imitate eigentlich sehr billiger japanischer Marken der
allerfrühesten Nachkriegszeit. Kaum jemand aus der heutigen
Generation in Japan weiß noch, weshalb solche Marken auf
weißem Papier und ohne Wasserzeichen massenhaft nachgeahmt
und
gedruckt wurden, obwohl doch die echten Marken laut Katalog
nur
wenige cents wert sind.
echte Marke,
falsche Marke,
graues Papier, Wasserzeichen
weißes Papier ohne Wasserzeichen
Der Grund für diesen scheinbaren Widersinn liegt in der
amerikanischen Besatzung Japans nach Kriegsende. Aus dem Land der
Sieger kamen massenhaft unerwünschte, bewaffnete GIs nach
Japan,
ohne Visum und Erlaubnis des Tenno, aber mit Maschinengewehren und
Jeeps. Die Mehrzahl stürmte nur die Bordelle, aber eine nicht
allzu kleine Minderheit fragte in den zerbombten Städten nach
Briefmarken. Tokyo und Yokohama waren abgebrannt, von Hiroshima und
Nagasaki ganz zu schweigen. Der Postdienst lag in Trümmern,
die
Bewohner der Städte waren aus Angst vor den Fremden, unter
denen
sich sogar Schwarze fanden, deren Anblick japanischen Kindern
einen Schock fürs Leben versetzte, aufs Land
geflüchtet und
trauten sich nur zögernd zum Wiederaufbau zurück.
Woher
Briefmarken nehmen für die amerikanischen
Souvenirjäger ?
Da traten die Andenkenhändler in Aktion, denn sie witterten
ein
Geschäft wie weiland der Briefmarkengroßproduzent
Wada, und
druckten elf verschiedene Marken der laufenden Dauerserie in Eigenregie
nach,
zweifarbig, mit schwarzen Stempeln. Die Branche hatte es leicht. Die
Marken benötigten weder Gummierung noch Zähnung, denn
auch
die Reichspost litt unter der Kriegsnot und war nicht in der Lage,
Briefmarken gummieren und zähnen zu lassen.
obere Reihe: echte Marken,
gebraucht
untere Reihe: falsche Marken,
gestempelt
So wurden die GIs mit Souvenirs in Briefmarkenform
beglückt; sie ahnten nicht, dass es Imitationen waren, ohne
Wasserzeichen, aber auf sehr gutem, weißem Papier, denn es
sollten ja Andenken sein für die Lieben daheim - die
allerwenigsten Kunden der Souvenirklitschen waren selbst versierte
Sammler.
Das wichtigste Merkmal dieser Fälschungen ist, neben dem
fehlenden
Wasserzeichen und dem gröberen Markenbild, das auffallend
weiße Papier, das in Japan nie für Briefmarkendruck
verwendet wurde. Es dürfte aus Beständen der US-Armee
via
Schwarzmarkt zum Einsatz gekommen sein. Durch die Weißmacher
unterscheidet sich das Papier nicht nur graduell, sondern grundlegend
von den echten japanischen Marken. Wie sehr es auffällt, zeigt
der
Ausschnitt einer Steckkarte mit einer falschen Marke zwischen
den echten.

das Weiß des Papiers der Fälschung ist
auffällig
Auf diese Weise kamen die Imitationen billiger japanischer
Nachkriegsdauermarken via USA in die Sammlerwelt. Großen
Schaden
richteten sie nicht an, denn im Laufe der Zeit
kamen genügend
echte Marken zum Vorschein und kosten heute viel weniger, als
die Soldaten für ihre falschen Souvenirs bezahlt
hatten.
Größere Vorsicht sollte man bei Verfälschungen echter
Marken walten lassen. Etliche
alte Briefmarken wurden als Mustermarken mit einem kleinen
Tuschepunkt versehen und an die Leiter der Postämter verteilt.
Diese
Musterstücke sollten eigentlich zurückgegeben werden,
was in
der Regel aber unterblieb, da die Post die Rückgabe weder
organisierte noch kontrollierte. Viele dieser Marken gelangten in
Privathand und
Handel, und da sich im Katalog der Preis für ungebrauchte
Stücke zum Teil in deutlich höheren Sphären
bewegt als
derjenige
für Tuschepunkt-SPECIMEN, griff manch ein Manipulateur zur
Rasierklinge und kratzte den Tuschepunkt fort. Unter der Lupe oder in
Vergrößerung sieht das Ergebnis
folgendermaßen aus:
echte Marke mit entferntem
Tuschepunkt
Wer geschickt mit der Rasierklinge umzugehen versteht, gerät
leicht auch in Versuchung, aus der billigen braunen 1 sen Marke mit Schleifchen ein teures Exemplar ohne
Schleifchen zu machen; ein bisschen solides Handwerk mit dem
Kratzgerät und einem feinen Farbstift, und hokuspokus, werden
aus
25 € Katalogwert satte 1100 €,
sofern es der Käufer, der Lesebrille und Lupe vergessen hat
und sich womöglich über einen
großzügigen
Preisnachlass freut, nicht bemerkt:
Links: Echte Marke Michel
Nr.37 mit Schleifchen
Rechts: Mit Rasierklinge und Bleistift zu "Nr.35" aufgepeppt
Das nächste Beispiel zeigt eine vorgebliche Mi.Nr. 19 mit
klarem
Kiban-Stempel Kyoto und Silbenzeichen 23 ム.
Auf den ersten Blick sehr
schön, aber im Katalog findet man das Sz. 23 nur auf einer
einzigen Marke, nämlich Mi.Nr. 20x (2 sen gelb). Die prangt
rechts daneben, aber mit einem anderen Silbenzeichen, dem Sz. ヌ.
Das gibt es auch auf dieser Marke, aber beide Marken haben einen
kleinen Schönheitsfehler, nämlich die seltsame
sechseckige
Form
des Kästchens, welches das Silbenzeichen umschließt.
Üblicherweise sind die Kästchen bei dieser Marke
nämlich
stets viereckig.
Ganzsachen-Ausschnitte mit
nachträglicher Zähnung als Marke maskiert
Dem Neuling erzählt die Form des Kästchens, dass man
gut
aufpassen soll, dem versierten Sammler hingegen, dass dieses
schöne Stück aus einer Ganzsache ausgeschnitten und
mit einer
nachträglichen Zähnung als Briefmarke verkleidet
worden ist.
Diese Ganzsachen sind
durchaus
nicht häufiger anzutreffen und auch nicht unbedingt billiger
als
die Marken, aber nicht alle Markensammler
interessieren sich für Ganzsachen, die deshalb ein wenig
preisgünstiger sind. Es mag für Filous verlockend
sein, aus
einer zerrissenen oder von Papierwürmern zerfressenen
Ganzsache
eine saubere "Briefmarke" herzustellen.
Natürlich
haben sich Fälscher auch über die klassischen
Ganzsachen
hergemacht; darauf soll nur kurz
eingegangen werden. Hier ein Exempel für eine
Ganzsache,
nämlich Postkarte Nr.1
von 1873, die laut Katalog ungebraucht mit über 2000 €,
aber auch gebraucht noch mit circa 1200 € notiert ist. Links
ein echtes, rechts ein imitiertes Exemplar.
 |
 |
echte
Karte, in Tokyo am 10.2.1874 gebraucht |
falsche Karte mit falschem
Stempel Osaka,
der "Ankunftsstempel" ist ein
Fantasieprodukt |
Auf
den ersten Blick fällt dem cleveren Sammler auf, dass bei
dieser
für den Ortsverkehr gedachten Karte der Poststempel
und der
Ankunftsstempel den gleichen Ortsnamen aufweisen müssten; bei
der
echten Karte (innerhalb Tokyos gelaufen) trifft dies zu, bei der
falschen nicht. Das Rot des Rahmens, bei echten Karten nicht sehr stark
vom Braun der Marke unterschieden, ist bei der Fälschung ein
sehr
kräftiges Weinrot, vermutlich um den potentiellen Opfern
knalldeutlich zu zeigen, dass es sich um die teure Karte mit dem roten
Rahmen handele. Sie ist so selten, dass kaum jemand ein Original je zu
Gesicht bekommt. Ferner fällt noch der Abstand der
eingedruckten
Marken zum Rahmen auf, der bei echten Karten äußerst
gering,
bei der Fälschung jedoch sehr groß ist. Sehen wir
uns noch
den Werteindruck im Detail an:
Die Kringel auf jeder
Zierblüte des Rahmens finden sich bei der
Fälschung nur an der Eckblüte. Das falsche
Zierband hat
weniger
Schwung, die fein gravierten Linien sind nicht sichtbar, und die Marke
wirkt geradezu verschwommen im Vergleich zum Original - kein Wunder,
denn die
falsche "Postkarte" ist bei Kamigata im Steindruck gefertigt worden.
Wer bereit ist, einen
hohen Betrag in ein echtes Exemplar zu investieren, sollte
zumindest seine Lupe dabei haben - und ein
ausgeprägtes Misstrauen. An
der rechten
Karte, so schön und alt sie auch aussieht, ist nichts echt außer der
hohen Rechnung für den gutgläubigen Käufer.
Bei dieser auf den ersten Blick gut ausehenden Karte hält auch
der Rahmen einem zweiten Blick stand, das Problem ist aber die
eingedruckte Marke. Man hätte Stecher wie Herrn Szłania engagieren sollen, damit
die stümperhaften Buchstaben und Zahlen in der
lateinschriftlichen Wertangabe das Auge nicht so schmerzen und die
armen, viel zu kleinen Kirschblüten nicht so verlassen in den
viel zu großen Quadraten der vier Ecken schwimmen. Ein
Rätsel ist, warum eigentlich eine Postkarte von 1874 mit
Rahmen in der Markenfarbe und einer anderen Inschrift im Zentrum der
Marke, die gebraucht, rundum echt, in perfekter Erhaltung für
ca. 25 € im Handel erhältlich ist, so aufwendig
gefälscht wurde.
Es ist zwar keine Ganzsache, aber ein sehr schöner Flugpostbrief,
der auf einer Internet-Auktion preiswert angeboten wurde und dann viele
Bieter anlockte. Kein Wunder, denn es handelt sich um einen der ersten
Flüge von Japan nach Europa, der von einem Zeitungsverlag gesponsert
und publizistisch ausgeschlachtet wurde. Im Juli 1925 flog eine
Maschine von Tokyo aus via Pyeongyang, Harbin, Irkutsk, Moskwa und
Berlin bis zum Zielort Paris, den sie wegen längerer
Zwischenaufenthalte und Instandsetzungsarbeiten erst am 28.9. heil
erreichte. Auch der Rückflug gelang ohne größere
Probleme. Bei dem genannten Brief handelt es sich um einen mit diesem
Flug beförderten Beleg, der sogar ein Autogramm des Piloten
Kawachi aufweist. Alles ist echt und recherchierbar.
Links
oben auf dem Brief findet sich der handschriftliche Vermerk
"Flugpost-Briefumschlag", Laufstempel von Strasbourg, wo die Maschine
wohl auch noch auftankte, und Ankunftsstempel vom Pariser Airport Le
Bourget sowie zusätzlicher Flughafenstempel und roter
Erinnerungsstempel, in dem es oben "Erinnerung an den Europaflug" und
unten "Asahi Zeitungsverlag" heißt, alles ist stimmig. Und
doch... Der Philatelist wird sich zuerst die Frankatur und den
Poststempel ansehen. Und da beginnt das mulmige Gefühl. Der
Stempel auf den Marken ist kein Poststempel, er findet sich in keinem
Verzeichnis japanischer Sonderstempel. Die obere Inschrift bedeutet
"Start in Tokyo zum Europaflug", und unten steht in Lateinschrift unter
anderem der Firmenname Asahi. Die 10 sen Frankatur erinnnern uns daran,
in der Portotabelle nachzuschauen; 1925 kostete ein Brief nach Europa
via Seepost das Doppelte, nämlich 20 sen. Jetzt wird der
Sammler eventuell ein wenig unruhig. Gerade da taucht ein
Brüderchen dieses Briefes auf, das die Alarmglocken endlich
schrillen lässt:
Die Stempel sind in etwa die gleichen; allerdings zeigen die Straßburger Stempel der beiden Belege unterschiedliche Daten an.
Die 10 sen Frankatur sind mit Marken der Kobanserie beglichen. Erinnern
wir uns daran, dass das erste Experiment mit Postflügen erst
zur Zeit der Tazawa-Marken (Mi-Nr. 134/135) stattfand und dass zwischen
der Koban-Serie noch die Kikumon-Serie (Chrysanthemum) lag; da schauen
wir doch sicherheitshalber einmal im Katalog nach. Die drei vom Stempel
rechts entwerteten Marken wurden 1883 verausgabt, die grauviolette 2
sen sogar schon 1879 - sie kam hier im gesegneten Alter von 46 Jahren
zum Einsatz ! Es heißt zwar, dass generell alle japanischen
Marken unbegrenzt gültig seien, aber diese Marke war
ausnahmsweise bereits 1889 ungültig geworden.
Recherchen in japanischen Quellen fördern zutage, dass der
Asahi-Verlag einen Sonderstempel und die Erlaubnis zur Beförderung
von Postsachen beantragt hatte, vom Postministerium aber
abschlägig beschieden worden war. Das Fazit: Den Stempel stellte
der Verlag offenbar selbst her und fabrizierte damit Souvenirs, die
wohl in der Tat mit dem Flieger nach Europa (und wieder zurück ?)
gebracht wurden, aber keine postalischen Belege sind. Es gibt auch
Sammler, die Briefe kaufen, die privat zum Mond und wieder zurück
befördert wurden; es sind keine Postsachen, sondern Souvenirs, und
diese beiden Briefe gehören wohl in dieselbe Kategorie. Wer so
etwas mag, soll sie kaufen, aber posthistorische Belege sind es nicht,
denn die Marken stellen nur Zierat dar und sind keine Quittungen
für entrichtete Postgebühren. Man hätte auch
Rabattmarken oder Passfotos aufkleben und entwerten können.
Fälscher
sind leider IMMER aktiv, auch jetzt und heute. Im Januar 2021 wurde in
Toyama eine Gruppe von vier
Männern festgenommen, die seit 2019 auf Internet-Auktionen
fotomechanisch reproduzierte Imitationen beliebter Marken der
Nachkriegszeit zu verkaufen suchte und
glücklicherweise erst rund 4500 € damit
erlöst hatte,
als sie aufgedeckt wurde. Die Polizeifotos zeigen die Falsifikate
(jeweils links die echte, rechts die gefälschte Marke):
Ich hoffe, Sie lassen sich
die Lust am Sammeln von Japanmarken nicht vergällen, aber
bleiben Sie weiterhin wachsam !