Im
Folgenden soll
von jeder einzelnen klassischen Marke, die häufig
gefälscht
wurde (Michel-Nr. 1 bis 56), ein repräsentatives echtes
Stück
gezeigt und mit den bekannten Fälschungen verglichen werden.
Die
Marken werden aus praktischen Erwägungen und zur schnelleren
Identifikation nur nach Sorte in Drachen-, Kirschblüten-,
Vogel- sowie Kobanmarken unterteilt, und innerhalb
der einzelnen Kategorie unabhängig von der
Michelnummer nur nach
Nennwert aufgelistet. Im Anschluss daran werden noch die oft
gefälschten Aufdruckmarken und sonstige Fälschungen
und
Verfälschungen von Japanmarken vorgestellt.
Bei der Beschäftigung mit Fälschungen
sollte man daran denken, dass sowohl alte Imitationen aus dem 19.Jh.
als auch hochmoderne Reproduktionen und Imitationen dank Fotoshop und
anderer neuzeitlicher Techniken existieren. In der Regel sind die alten
Fälschungen gefährlicher, weil sie oft
tatsächliche
Altersspuren aufweisen, während moderne
Fälscherwerkstätten oft mit wenig Fachkenntnis
operieren und ihre Produkte mitunter in
falschen Farben, auf modernem Papier und mit neuzeitlichen
Abstempelungen produzieren.
Von den zahllosen existierenden Fälschungen werden vornehmlich
diejenigen von Wada
Kotaro und der Gebrüder
Spiro hier
behandelt, die zusammen über 90% der auf dem Markt
befindlichen Fälschungen ausmachen. Andere
alte Fälschungen (Kamigata,
Hirose, Mihon) werden
abgebildet, sofern Bildmaterial verfügbar ist, aber sie
sind eher selten anzutreffen. Außerdem werden die modernen
Repliken und fotomechanischen Produkte
vorgestellt,
die teils auch aus Taiwan kommend gegenwärtig die
online-Auktionen überschwemmen.
Bei den Abbildungen der Fälschungen greifen wir gerne auf
stempellose Exemplare zurück, weil darauf die Details gut
erkennbar sind. Im Alltag begegnen dem Sammler jedoch
überwiegend
abgestempelte Fälschungen; stempellose sind wesentlich
seltener.
Alte Fälschungen:
Wada Kotaro
(Wada
ist
der Familienname, der in Japan vorangestellt wird) lebte um die Wende
des
19. zum 20. Jahrhundert und betrieb einen Souvenirladen in Honjo /
Tokyo mit Outlets in den Häfen
von
Yokohama und Kobe. Von dort aus bestiegen die in Japan
ansässigen
Ausländer die Dampfschiffe zur Rückfahrt in die
Heimat und
bescherten Herrn Wada ein bescheidenes Auskommen. Er hatte frisch
hergestellte Antiquitäten, dünne Stoffkittel, die er
"Kimono" nannte (das Wort kimono
bedeutet "Kleidungsstück"), und echte
Glasperlen im Angebot,
aber auch
Fotoporträts von
jungen
Mädchen, die von Wada zu "Geishas" aufgemotzt wurden - er
nahm
es mit der Benennung nicht so genau, wenn es dem Umsatz dienlich war.
Und die Kundschaft war glücklich und deckte sich mit
Glasperlen, Baumwollkitteln und Papier-Geishas ein für die
Lieben zuhause.
Nachdem er zum xten Mal nach japanischen Briefmarken gefragt worden
war, begann Wada eine Marktlücke zu wittern. In Japan war um
1880 das
Postwesen noch neu, niemand sammelte Briefmarken. An gebrauchte Marken
zu gelangen war nahezu unmöglich, kein Mensch schnitt
sie aus oder
weichte sie ab. Briefempfänger hoben entweder den ganzen Brief
auf
oder benutzten ihn zum Anzünden des Feuers am Herd. Als die
erste japanische Briefmarke das Licht der
Welt erblickte, im Jahre 1871, war die englische Penny black schon
über 30 Jahre alt. In England gab es schon Sammler und die
ersten
Kataloge für Briefmarken aus aller Welt, die sich damals
freilich vorwiegend auf
Europa und die europäischen Kolonien beschränkte.
Wada
beschloss also, der Nachfrage gerecht zu werden, indem er
japanische Briefmarken durch seinen Freund und Kupferstecher Yamanaka
Zenzaburo produzieren ließ. Um 1885
begann er dann, Imitationen japanischer Marken zu
verkaufen. Zumindest anfangs befürchteten die
Geschäftsfreunde, das Copyright der Post
zu
verletzen und der Wertzeichenfälschung geziehen zu werden.
Deshalb gravierte Yamanaka in den Anfangsjahren zusätzliche
Schriftzeichen in
die Marken ein, die entweder sanko
(Referenzstück) oder
mozo
(Imitation) bedeuten. Auch Stempel mit dem Namen Wada oder mit
mozo
in
Silbenschrift oder chinesischen Schriftzeichen brachte Wada auf den
Marken an in der berechtigten Annahme, dass
Ausländer das ohnehin nicht lesen könnten. Deshalb
gönnte er sich auch das Späßle, auf manchen
Stempeln in
Silbenschrift "alles erlogen" einzufügen. Der Mann
besaß
Humor.
sanko
考参
mozo 造模
mozo
ウゾモ
Wada 田和
(japanische Schriftzeichen wurden seinerzeit von rechts nach links oder
von oben nach unten gelesen)
参
模
和
考
造
田
sanko
mozo
Wada
links: Senkrechte sanko Schriftzeichen
unter den zentralen Schriftzeichen
rechts: Waagrechte mozo Schriftzeichen unter
den zentralen Schriftzeichen - Vorsicht, oft verdeckt der Stempel die Zeichen !
Schriftzeichen mozo ウ
ゾモ
in Silbenschrift im Stempel
mozo
in Schriftzeichen 造模
senkrecht im Zentrum des Stempels; die Schriftzeichen im
Kreisrund 二三ウソタ
verspotten die naiven Käufer,
die für
Wadas Mist Geld ausgeben: nisan, uso da = "zwei, drei, alles
erlogen".
Blau eingekreist auf der 6 sen Marke: sanko Zeichen. Rechts: "mozo" im Kastenstempel.
links: Stempel "Telegrafenamt Wada", ein Scherz des Fälschers
Mitte: "Wada" anstelle eines Ortsnamens
senkrecht im Zentrum des Stempels
rechts: Fantasiestempel ohne Sinn, im Zentrum 東
(Ost), darumherum im Uhrzeigersinn セ ス 号 シ,
ein von Wada sehr oft verwendeter
Falschstempel, dessen Form zu merken sich lohnt
Die oben genannten und einige weitere von Wada gern verwendete
Falschstempel sind auf der nachstehenden Abbildung zusammengefasst. Man
darf aber nicht vergessen, dass Wada Dutzende von Stempeln
produzierte, weswegen diese Auswahl bei Weitem nicht
vollständig
sein kann.
Die
beiden Intaglio-Stempel unten rechts existieren echt in
ähnlicher Form.
Das
N bei echten Stempeln ist spiegelverkehrt, also ein И,
aber das Kreuz wurde auch echt
sehr häufig verwendet und
lässt sich vom Falschstempel nicht unterscheiden
Die zusätzlich ins Markenbild eingravierten Schriftzeichen sollten nicht zu sehr auffallen, sondern die Imitatoren
rechtlich absichern,
weshalb sie nur klitzeklein und
versteckt untergebracht und mit
dem ebenso gefälschten Stempel, der manchmal den Namen des
eitlen
Urhebers, manchmal aber auch sinnlose Fantasie anzeigte, oft noch
überdeckt wurden.
Neben einigen häufig wiederkehrenden Stempeltypen verwendete
Wada
eine Fülle von weit über 50 Stempeln in allen
möglichen
Formen und Größen, die noch niemand
vollständig erfasst
hat. Die
zweite Sicherheitsmaßnahme war, dass er nur abgestempelte
Marken
verkaufte; so konnte man ihm nicht vorwerfen, dass er die Post
schädigte. Außerdem
sammelte man
seinerzeit im
Ausland fast nur gebrauchte
Briefmarken. Ungebrauchte
Stücke finden sich zwar
auch, aber nicht häufig; sie stammen wohl aus der
Druckerei
oder
aus seinem Nachlass.
Um
den Anschein zu erwecken, dass es sich um wirkliche, aus Briefen
ausgeschnittene Marken handelt, klebte Wada seine Imitate anfangs auf
Papier, das rückseitig oft mit gedruckten oder
handschriftlichen
Schriftzeichen beschrieben ist und dessen Klebstoff sich in Wasser
nicht oder nur sehr schwer abweichen lässt.
Später, als ihn
niemand behelligte oder Anstoß nahm an seiner
Produktion
gebrauchter Marken, ließ Wada die sanko
und mozo Zeichen
wegretuschieren, neue Platten ohne diese Zeichen gravieren und druckte,
was das Zeug hält. Bedenkt man, dass die heute im Ausland auf dem
Markt befindlichen klassischen Japanmarken zu einem hohen Prozentsatz
Wada-Fälschungen sind, muss er mindestens ebenso viele oder gar
mehr Marken gedruckt haben als die japanische Post, was wiederum davon
zeugt, dass ihm diese Produkte förmlich aus den Händen
gerissen wurden. Kaum ein Ausländer, der Japan besuchte,
schipperte ohne eines der verzierten und auf Englisch beschrifteten
Tourist Stamp Sheets, auf denen lauter Wada-Produkte, aber keine
einzige echte Marke pappte, im Gepäck nach Hause. Der gewiefte
Geschäftsmann Wada beschränkte sich nicht auf den Verkauf in
seinem Laden, sondern exportierte seine Tourist sheets auch an
Souvenirshops in anderen ostasiatischen Häfen. Sogar in einer
deutschen Sammlerzeitschrift wurden noch vor Ende des 19.Jhs. 1000
Tourist sheets, direkt zu beziehen bei Firma Wada, für 200 US $
angeboten. Von den Tourist sheets lassen sich die Marken, obwohl sie
nicht gefalzt, sondern aufgeklebt sind, mit einiger Mühe
abwaschen; hierfür verwendete Wada offensichtlich Klebstoff auf
Reiskleie-Basis, der auch in einem längeren Wasserbad nur schwer
aufweicht.
Ab März 1896 begann die japanische Post, in unregelmäßigen Abständen ein Magazin mit dem
Titel
"Bulletin der Postbriefmarken des Kaiserreichs Großjapan" zu
veröffentlichen. Wada imitierte auch dies und gab schon im
Oktober
des gleichen Jahres eine eigene "Übersicht
über die
Imitationen von Postbriefmarken
des Kaiserreichs Großjapan" heraus, die sofort verboten
wurde.
1905 wurde die Imitation japanischer Postwertzeichen, auch gebrauchter
oder als Imitationen gekennzeichneter, strikt verboten, aber Wada
ließ nur ungern von dem lukrativen Geschäft ab und
machte
heimlich weiter, bis die Polizei um 1911 seine Klitsche
besuchte,
alle Druckplatten konfiszierte und
Wada zwang, seine Restbestände zu verbrennen. Danach zog sich
Wada
aus der Öffentlichkeit zurück und
überließ das Geschäft seinem Sohn Isaburo,
der in
Kanda, im Zentrum
Tokyos, einen ersten Briefmarkenhandel eröffnete und seine
noch immer falschen Produkte dreist sogar den ersten einheimischen
Sammlern anzudrehen versuchte.
Einige
andere Händler taten es
den Wadas nach, aber sie
gaben es nach einigen Versuchen
bald wieder auf, denn das Gravieren und Drucken erschien ihnen wohl zu
aufwendig, die Gewinnmarge zu gering. Wada&Sohn
hingegen
hatten mit ihren Buden an touristischen Brennpunkten und im Hafen von
Yokohama den besten Platz an der
Sonne und
verdienten an den falschen Briefmarken noch mehr als an den falschen
Geishas, Ki(ttel)monos und billigen Glasperlen, weshalb sie
schließlich nur noch Sammlermarken offerierten. Auch ohne
polizeiliches Einschreiten verleideten
ihnen zuletzt das
teure Importpapier und
die moderne Drucktechnik, die für die Kobanmarken verwendet
wurde,
das Handwerk. Ihre ersten Koban-Imitate waren noch
handgraviert, bis die Fälscher auf die einfachere
Lithografie-Technik
umstiegen, aber seit der Kobanserie war frankierte Post in Japan
allmählich genügend verbreitet, um gestempelte
Originalmarken billig auftreiben zu können, und die Produktion
von
Imitaten
rechnete
sich nicht mehr. Dafür finden sich auf den
nunmehr noch üppiger aufgemachten Tourist Stamp Sheets in den
unteren Reihen einige echte, aber billige Marken.
Als 1914 der erste Philatelistenverband in Japan gegründet
wurde,
besaß Wada Junior die Dreistigkeit, für seinen Laden
die
Mitgliedschaft zu beantragen, die ihm im Folgejahr
aber
wieder entzogen wurde.
Solche "tourist
sheets" voller Fälschungen wurden in Wadas Souvenir shop den
Ausländern angedreht
oben: früher Touristenbogen, Kleinformat,
ausschließlich Fälschungen
unten: später, prachtvoller Touristenbogen, in den unteren
beiden Reihen einige billige echte Marken
Wer einen Briefmarkensammler, der im Tausch klassische
Japanmarken
teuer anbietet, darauf aufmerksam macht, dass es sich um
Ganzfälschungen handelt, hört nicht selten die
entrüstete Widerrede, diese Marken habe ein Vorfahr
persönlich aus Japan mitgebracht; sie müssten daher
echt
sein, zumal auf der Umseite der späteren Tourist sheets in
fehlerhaftem Englisch auf "postage stamps from the tiMe of the
peginning...by goverment of japan" hingewiesen wird, was bei
flüchtigem Lesen einen offiziellen Charakter suggeriert. Es
ist
sehr schwer, dem Gegenüber klarzumachen, dass es auch
vor mehreren Generationen schon Filous gab, die sich mit falschen
Briefmarken ihr Auskommen verdienten und dass der selige Ahn von
einem solchen japanischen Gauner übers Öhrchen
gehauen worden
ist.
In Hamburg waren die griechischstämmigen Gebrüder
Spiro zwischen 1864 und 1880 im Briefmarkenhandel
tätig und damit
beschäftigt, die Nachfrage nach seltenen Marken aus aller Welt
auf
ihre Weise zu befriedigen. Es gibt kaum teure Briefmarken der
Frühzeit, die nicht bei Spiro sehr preisgünstig
erhältlich waren. Der geschäftstüchtige
Philipp Spiro
besorgte sich teilweise sogar Original-Druckplatten und produzierte
in
seiner Lithografie-Werkstatt
Neudrucke von längst ausgemusterten Marken, die als
Lückenbüßer in den Handel gebracht wurden
für
Sammler, die keine teuren Marken erwerben, aber ein
lückenlos
gefülltes Album vorweisen wollten. Wo es keine
Originalplatten gab, stellten die Brüder sie
selbst her und
produzierten
rund 500 verschiedene Sorten von Raritäten in ungummierten
Bögen
zu 5x5 gestempelten Marken, die ihren
Ruf als Massenproduzenten klassischer
Fälschungen begründeten.
Auch japanische
Marken waren vor dem Treiben der Spiros nicht sicher.
Hatte Wada Probleme, an westliches Papier zu gelangen, so fehlte den
Spiros das gute Japanpapier, aber sie behalfen sich mit dem
überall erhältlichen Zigarettenpapier, aus dem die
Hamburger ihre Lullen drehten. Das war ähnlich
dünn und taugte als Ersatz, da auf Qualität und
Reißfestigkeit wenig
Wert
gelegt wurde. Neben den handgravierten
Wada-Fälschungen
nehmen sich die
lithografierten Spiro-Marken amateurhaft aus. Zigarettenpapier
für die Drachenmarken, billiges, gelbes Schreibmaschinenpapier
für die Kirschblütenmarken, keine Spur von
handgraviert.
Hinzu kommen die krakeligen "japanischen" Schriftzeichen, und die
Kirschblüten sehen vielfach so aus, als seien sie eine Woche
lang
nicht gegossen worden, so sehr lassen sie ihre armen
Köpfe
hängen. Nur in Hamburg war es denkbar, auf Fantasiestempeln
Yokohama mit J zu schreiben (JOKOHAMA), und wenn auf einer japanischen
Drachenmarke, einer blauen Mauritius und einer Basler Taube genau
derselbe
fantasievolle Punktgitterstempel erscheint, dann weiß der
Fachmann, dass die
Spiros dahinterstecken. Spiro-Stempel auf japanischen Marken
tragen
niemals japanische Schriftzeichen.
Wahrhaft
international -
Spiro verwendete für seine Imitate von Marken aller
Länder dieselben Stempel
Spiro-Bögen:
Drachenmarken auf
Zigarettenpapier
Vogelmarken mit Lateinstempeln JOKOHAMA
und NAGASAKI
im selben Bogen
Von
Bedeutung im Kreis der Japanfälscher sind noch Maeda
Kihei aus der Firma Kamigataya (kurz: Kamigata),
der sich offenkundig von Wadas
Erfolg inspirieren ließ. Zu seinen Produkten lässt
sich
generell sagen, dass Kamigata nicht gravierte, sondern wie die
Spiro-Brüder lithografische Imitate herstellte, die keinen
ernsthaften Sammler täuschen sollten. Viele seiner Produkte
weisen
einen breiten bis überbreiten Rand auf und tragen zur
Absicherung oft sehr deutliche und große sanko Zeichen.
Er beklebte ebenfalls Tourist sheets mit seinen Imitaten. Sie
sind sehr selten zu finden und werden von Spezialisten, die sich mit
Fälschungen beschäftigen, etwa zu Forschungszwecken,
weit
höher bezahlt als die Wada- und Spiro-Produkte, für
die man
nicht mehr als 50 cent pro Stück ausgeben sollte, wenn man sie
denn unbedingt haben möchte.
In die Fußstapfen Wadas zu treten versuchte auch der
Händler Hirose,
der stärker auf das richtige Papier und sauber gravierte
Marken
achtete; leider hatte zwar einen recht guten, aber sehr faulen Graveur
zur Hand, dem es lästig war, so viele Marken zu
gravieren. Deshalb haben zum Beispiel alle Sorten der
Drachenmarken genau das
gleiche Design. Hirose unterließ es, in
seine Marken sanko
oder mozo
einzugravieren, was ihm offenbar Ärger mit dem Postministerium
eintrug. Jedenfalls stempelte er auf fast alle stempellosen Exemplare,
die
er in Umlauf brachte, rote Handstempel mit sanko
Zeichen auf. Auch Hirose-Fälschungen sind seltener und
entsprechend höher bewertet. Von Hirose stammen auch
ungezähnte, ungebrauchte Marken, die oft als "Essays"
offeriert
werden. Einige Stücke sind seinem Graveur hervorragend gelungen
und
sehen äußerst echt aus, beispielsweise die
grüne 10 sen
ohne Silbenzeichen auf Japanpapier.
Bis heute ist nicht geklärt, wer hinter den sogenannten Mihon-Fälschungen
steckt. Diese Marken, von mittelmäßig begabter Hand
graviert, tragen in der Farbe der Marke an gut sichtbarer Stelle kleine
Schriftzeichen mihon
本見 (Muster) - es sind jedoch keine offiziellen Mustermarken, sondern
eben Fälschungen, bei denen jedoch, wie man es auch von Wada
kennt, die mihon Zeichen
bei
gestempelten
Exemplaren gerne von Stempel zugedeckt werden. Da auch die Fehler im
Markenbild denjenigen von Wada sehr ähnlich sind, geht die
Forschung davon aus, dass entweder Wadas Graveure auch die mihon Produkte auf dem Gewissen haben
oder aber
dass andere Graveure keine echten Marken, sondern Wadas Imitationen als
Vorlage benutzten.
Diese und andere
Fälschungen unbekannter Herkunft findet man noch seltener und
sollte sich auf einen Preis um die 10 $ gefasst machen, wenn
man
ein Stück erwerben will. Dreistellige Fantasiepreise, die auf
Auktionen oft gefordert werden, zeugen eher davon, dass der Anbieter
felsenfest davon überzeugt ist, ein echtes
Stück zu
offerieren. Und wer sie bezahlt, zeigt damit nur, dass er ebenso
ahnungslos ist wie der Verkäufer. Man sollte schon
über ein
gewisses Maß an Kenntnissen seines Sammelgebiets und ein gesundes Misstrauen verfügen, "...otherwise yer expedition
into
classic Japan will end bloody and honourless", wie es auf einer
amerikanischen website sarkastisch und drastisch formuliert
heißt. Dem ist wenig
hinzuzufügen.
In den folgenden Kapiteln werden manche Abbildungen mit den folgenden
Kennziffern versehen:
1 = Wada-Fälschungen
2 = Spiro-Fälschungen
3 = Kamigata-Fälschungen
4 = Hirose-Fälschungen
5 = Mihon-Fälschungen
Imitate mit
sanko/mozo erhalten den
Zusatz a, solche ohne sanko/mozo
den Zusatz b bei denjenigen Fälschern, die Marken sowohl mit
als auch ohne diese Schriftzeichen gedruckt haben.
Eine Abbildung, die beispielsweise mit der Ziffer 3b gekennzeichnet
ist, stellt demnach eine Kamigata-Fälschung ohne sanko oder
mozo
dar.
Moderne Fälschungen:
Moderne Fälschungen unbekannter Provenienz, bei denen mehrere
Stücke
vermutlich auf ein und dieselbe Werkstatt zurückgehen, werden
in
der Reihenfolge der Erwähnung mit u1, u2 usw. fortlaufend
versehen, während solche, die nur einmal oder selten vorkommen
oder bei denen unbekannt ist, ob sie alt oder modern sind,
ohne Kennziffer bleiben.
Einzelmarken und neuerdings vermehrt auch "Briefausschnitte" mit
altjapanischen Raritäten stammen oft aus einer vermutlich in Japan
angesiedelten Werkstatt, die ihre "Stempel" mit lilablauer Stempelkissenfarbe
aufdruckt, Marken in einer "gestickt" oder "filzig" wirkenden Druckart
produziert und bei Farben, Silbenzeichen und Papier sehr kreativ
vorgeht. Diese Werkstatt erhält
bei uns den Spitznamen "Filzfabrik"
und wird als u1 gekennzeichnet. Die Marken tragen
oft eine per Hand aufgetragene, harzige "Gummierung", bei mit Stempeln
versehenen
Marken auch als "Restgummierung" getarnt; ob sie wirklich klebt oder
eine Art von Epoxidharz oder Polyester ist, kann nur an Originalen
festgestellt
werden, die uns indes nicht vorliegen.
Die "Briefausschnitte" von u1 kleben meist nicht auf Japanpapier,
sondern
auf Servietten-, Toiletten- oder modernem Pack- oder
Briefpapier,
so
weit es vom Bildmaterial her erkennbar ist. Die Filzfabrik u1
produziert zahlreiche
Falschfarben, Fehler, Raritäten, ja selbst
seitenverkehrt gedruckte Exemplare, die von Betrügern
vor allem auf den Auktionsseiten von yahoo Japan unter verschiedenen, häufig wechselden
Mitgliedsnamen wie full_a_head_6_kaiouki
oder fact5frantic
offeriert werden. Auch japanische Sammler sind nicht allesamt
Spezialisten und halten diesen Tinnef leider oft gutgläubig
für wertvolle Briefmarken.
"Filzig" oder "gestickt" wirkende Imitate von u1 - vergessene
Silbenzeichen, falsche Farben und seitenverkehrte Wiedergaben sind
keineswegs selten
In
neuerer Zeit häufig offerierte u1 Stücke mit
fantasievollen
Stempelungen in Stempelkissenfarbe, auf modernes Papier aufgeklebt -
rechts Imitat eines Lateinstempels
aus den 1950er Jahren auf
gefälschter Marke von 1873
harzige Teilgummierung auf der Rückseite eines gestempelten u1
Produkts
und hanebüchene "Fehldruck-Rarität", auf
Toilettenpapier gedruckt
Wer
im Internet Marken ersteht und am Computerbildschirm echte von falschen
zu
unterscheiden sucht, sollte sich vor Repliken hüten. In
jüngerer Zeit sind gummierte, fotomechanisch produzierte
Nachdrucke auf dem Markt, meist als "replica" gekennzeichnet, aber
mancher Käufer könnte versucht sein, sie ohne diese
Beschreibung mit Gewinn weiterzuverkaufen. Bei fotomechanischen
Reproduktionen stimmen viele Merkmale mit den echten Marken
überein, aber sie sind auf leicht graustichigem Papier
gedruckt
und keineswegs handgraviert; sie haben schöne
Zentrierung,
geleckt
saubere Zähnung und moderne Gummierung. Wir stellen sie hier
mit
der Bezeichnung u2 vor. Die Werkstatt dieser Imitate wird in Taiwan
vermutet. Sie produziert nur ungebrauchte Marken, was jedoch nicht
bedeutet, dass sie nicht auch nachträglich abgestempelt werden
können.
Sammlung moderner
Reproduktionen der Werkstatt "u2" (10 sen ist kopfstehend)
Die
offiziellen Prüfer
für Japan sind/waren
in Deutschland (in alfabetischer Reihenfolge)
Eichhorn,
Mayer, Newiger,
Pape,
Zweiling.
Expertisen mit diesen Namen sind in der Regel zuverlässig.
Wenn Sie Marken zum Prüfer geben, verlangen Sie
möglichst ein
Foto-Attest. Marken mit rückseitig aufgestempelten modernen
Prüfzeichen gelten in Japan als "nicht im Originalzustand"
und ebenso minderwertig, als ob jemand mit
Kugelschreiber etwas
darauf gekrakelt hätte. Früher verwendeten
Prüfer in
Deutschland für ihre Prüfzeichen auch Stempelfarbe,
die durch
das dünne Japanpapier auf die Vorderseite
durchschlägt. Solche
Marken sind als Exponate bei Ausstellungen nicht geeignet und auch
keine Zierde für
die Sammlung. Sie sind auch, trotz attestierter Authentizität,
nur
mit gewaltigen Abschlägen, oft unter 5% des Katalogpreises,
verkäuflich. Solche Atteste sind ein Bärendienst
für den
Sammler.
Diese echte Drachenmarke
mit vorderseitig durchgefärbtem Prüfstempel "Zweiling"
fand auch für einen Ausrufpreis von 13 €
(Katalogpreis 350 €) bei einer Auktion keinen
Käufer
Warnung
für Leser, die bei ebay Japanmarken kaufen:
Der
Verkäufer "pecheurdetimbres" (Frankreich) ist ein
bekannter Betrüger. "pecheurdetimbres" bietet u.a.
gefälschtes Material an, zusammen mit ebenso
gefälschten
Zertifikaten. Weil er guten Umsatz macht, preist ebay ihn als "top
rated trusted seller" an. Das Gegenteil ist leider der Fall. Die von
ihm offerierten Expertisen eines gewissen "Renaud de Montbas - Expert"
sind wertlos, denn dieser geniale "Experte" ist von Beruf
Musikprogrammgestalter bei Radio France und erstellt
im
Nebenberuf Zertifikate
für Deutsche Inflationsmarken und Kolonien ebenso wie
für USA,
Bosnien-Herzegowina, Cape of Good Hope, Italien, Canada, Persien,
British Guyana, Rumänien, Griechenland, Argentinien, San
Marino
und Altjapan. Um Näheres hierzu zu erfahren, genügt
es, den
Namen des selbst-ernannten Allround-Experten zu googeln.