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DER OSTEN IST ROSA |
Also, der
Frank, der musste schon damals auf dem ganzen Globus herumschnüffeln und an
jeder Ecke seine Duftmarken hinterlassen, und kaum hatte der Nixon mit
dem Mao Pingpong
gespielt, klopfte auch der Frank schon am Bambusvorhang an.
"Wo-le meng nei-la-sse?", fragten
die Funktionäre in Beijing,
woraufhin sich der Vorsitzende aus dem Bett
erhob, wobei drei oder vier der volkseigenen Damen aus dem
Ensemble des Revolutionären Ballets,
die sich unter der Bettdecke soeben mit Worten und
Taten des Großen Steuermanns
vertraut gemacht hatten, herauspurzelten und im Fallen den
porzellanenen Spucknapf aus der Sung-Periode umstießen. Genosse Mao knöpfte
seinen Seidenpyjamalatz zu und schüttelte seinen
ergrauenden Haarkranz.
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"Auf gar keinen Fall", sprach die Rote Sonne, "der Bursche verdirbt mir mit seinen Schnorrertouren die ganze Revolution, so ein bourgeoiser Parasit ist die Zecke im Fell des werktätigen Arbeiterbauernsoldaten." |
Sofort wurden diese vor Weisheit triefenden, kursiv kenntlich gemachten Worte als jüngste Direktive des Großen Vorsitzenden in sämtlichen Medien verkündet und auf Seite 467 unter dem Stichwort "Bourgeoise Fellzecke" in das Rote Buch, die sogenannte Mao-Fibel, aufgenommen, und Frank verharrte bis 1985 vor der verschlossenen Jalousie, die du auf dieser Website als Background dokumentiert siehst. Nicht ganz reglos zwar, ich gebe es zu, denn er wusste sich die Wartezeit durchaus mit einigen Ausflügen in andere Regionen der Welt zu verkürzen, aber im Prinzip entfernte er sich selten weiter als 22 000 km vom Reich der Mitte, und als die Jalousie endlich löcherig wurde, da stand er gleich auf der Matte. |
1985, da waren
es noch keine 20 Jahre her, dass durch das
bevölkerungsreichste Land der Erde wild gewordene Rote Garden
tobten und deutsche Bundeskanzler mit ebenfalls weisheitstriefenden
Worten wie "Ich sage nur
China, China, China"
dem
Pantoffel-Michel vor dem Gutestuben-Fernseher Kaskaden von
Gruselschauern über die Rückenhaut jagten. Rote Fahnen, blaue Ameisen, gelbe Menschenmassen,
grüner
Bambusvorhang, so war das asiatische Zentralreich koloriert, das zuvor
Ostturkestan und Tibet verschlungen hatte und offenbar dicht davor
stand, mit gefletschten Bajonetten auch über Hongkong und
Taiwan herzufallen. Metzeleien an der indischen Nordgrenze, am
sibirischen Ussuri und an der Grenze zu Vietnam waren offenbar vorbereitende Lockerungsübungen. |
Mit Herrn Mao verstarb freilich auch das Feuer der Roten Sonne, das dem Osten bis dahin ziemlich eingeheizt hatte, und wer weiter vom permanenten revolutionären Chaos träumte, wurde als Viererbande aus dem Verkehr gezogen. Auch der oben erwähnte Spucknapf, der erst 14 Jahre vor Franks Besuch mit volkseigenem Pattex restauriert worden und leider nicht mehr ganz wasserdicht war, wurde jüngst, vor nur 6 Jahren, via Macao als devisenbringende Antiquität an das Museum in San Diego verkümmelt, freilich unter Verschweigung der Umstände, die zu seinem Bruch geführt hatten, und die revolutionären Mao-Bett-Ballerinas werkeln inzwischen als Busfahrerinnen und Spinnereiarbeiterinnen im Dienste des Volkes, während der Große Vorsitzende weiterhin im Bett liegt, und zwar als wachsbleiche Mumie in seinem Maosoleum am Rande des Tiananmen-Platzes in Beijing. |
Während
die Nachfolger auf dem Sessel des Vorsitzenden kamen und gingen wie die
Jahreszeiten, blieb ein kleines, stets verschmitzt grinsendes
Männlein im Hintergrund beharrlich beim großen
Steuerrad stehen und lenkte den dicken Dampfer erst sachte, dann immer
deutlicher auf einen neuen Kurs, der erstaunlich nahe an
kapitalistischen Gestaden entlangschrappt. Auch diesem Kerlchen entfuhr
ein Spruch voller Weisheit:
Was? Kennst
du nicht? Kapierst du nicht? Muss ich dir das echt erst noch
übersetzen? Na schön, also:
"nicht von Belang schwarze Katze weiße Katze (Es ist völlig wurscht, ob die Katze schwarz ist oder weiß. Hauptsache, sie fängt Mäuse). |
Rote Garden und Fibeln versanken daraufhin in zahlreichen politischen Strudeln, blaue Ameisen nahmen mit bunten Hemden, Röcken und gar Krawatten menschliche Gestalt an, der grüne Vorhang rottet heftig vor sich hin, und die gelben Menschenmassen - ja, was treiben die eigentlich in diesen Zeitläuften? Das wollte Frank sich mal angucken und begab sich deswegen nach |
1 | Beijing: Verbotene Stadt |
2 | Beijing: Große Mauer |
3 | Datong |
4 | Xian |
5 | Dunhuang |
6 | Turfan |
7 | Urumchi |
8 | Lanzhou & Chengdu |
9 | Lhasa |
10 | Potala |
11 | Chongqing |
12 | Shanghai |
Und falls dich
das Fell zeckenhaft juckt und du einen Blick ins historische China
riskieren willst, als Shanghai noch über eine Altstadt
verfügte und der Gelbe Fluss noch Wasser führte, als
revolutionäre Pferdefuhrwerke und Dampfloks dem Volke dienten
und der Yuan noch eine Art Spielgeld war, dann click dich einfach mal
irgendwohin. Und wenn dir die Wahl schwer fällt, so leihe mir
Gehör, denn ich habe auch einen weisheitstriefenden Rat zu
geben: Fang bei 1 an und
hör mit der 12 auf, dann
behältst du die Übersicht.
Leider gibt es noch keine Frank-Eschersheimer-Fibel, in der man solche Weisheiten gedruckt finden kann. Deshalb musst du mit dem geduldigen Internet vorlieb nehmen, sorry. |
(Die flotte Tänzerin links hätte der Mao sicher auch nicht verschmäht. Dem Frank gefällt sie jedenfalls beträchtlich.)