Die
hemmungslose Gelddruckerei zur Finanzierung von Japans
Kriegsabenteuern blieb natürlich nicht folgenlos; unter den
beutegierigen Militärs war offenbar kein Ökonom, oder
man
nahm die Folgen einfach in Kauf. Das patriotisch eingestimmte und von
Siegesnachrichten aufgeputschte Volk ließ sich einreden, dass
die
Opfer, die man mit der Geldentwertung brachte, dem Vaterland zuliebe
erbracht würden, aber als am 18.April 1942 US-Flugzeuge
erstmals
Bomben
auf Tokyo abwarfen, merkten auch die Einwohner der Hauptstadt, dass der
Krieg nicht nur eine Sache von Soldaten fern der Heimat war, sondern
dass die angegriffenen Völker sich zur Wehr zu setzen
begannen.
Die Schäden waren zwar nur gering, aber die japanische
Luftabwehr
war vollkommen überrascht und reagierte so gut wie gar
nicht –
kein einziger US-Flieger wurde abgeschossen.
Im Rahmen der allgemeinen Preissteigerungen musste ab 1.April 1942 der
Portosatz für Inlandsbriefe wieder angehoben werden, von 4 auf
5
sen. Die Auslandsportosätze blieben vorerst noch
unangetastet.
Eine neue Sondermarkenserie, die den neuen Portosatz von 5 sen
enthielt, erschien wieder in zwei Teilen, und zwar zwei Werte im
März und zwei Werte im September, also nach der
Portoerhöhung, weshalb der Nennwert für das
Briefporto
der Septemberausgabe auf 5 sen
lautete.
Anlass war der 10.Jahrestag des Bestehens von Manshukoku, dem
Marionettenstaat unter seinem Operettenkaiser Puyi.
Die Marken
zu 2 sen und 10 sen
zeigen den Kenkoku-Schrein, der zum Gedenken an die Errichtung des
Staatsgebildes gebaut worden war,
die Marke zu 5
sen einen japanischen Knaben Hand in Hand mit einem
mandschurischen Kind,
der Höchstwert
zu 10 sen das Wappen von Manshukoku
Auch in Manshukoku
wurde zum gleichen Anlass eine Serie aus sechs Marken verausgabt,
hier die Marke zu 6 fen, die Tänzerinnen in mandschurischer
Tracht
Hand in Hand mit einer in der Mitte postierten Japanerin abbildet
Am 1.März 1942 kamen die Werte zu 2 sen und 10 sen an die
Schalter, am 15.September die Werte zu 5 sen und 20 sen. Alle Marken
sind sauber im Stichtiefdruck gefertigt; die Auflagen sind für
2
sen und 5 sen je 5 Mio., für 10 sen und 20 sen je 600 000
Stück.
Wegen der Portoerhöhung wurden auch neue Dauermarken gedruckt,
obwohl die laufende Serie bereits eine Marke in der Wertstufe
zu 5
sen enthielt. Auf
den Standardwerten
sollten aber die Kriegshelden abgebildet sein, weshalb das
Idol der Militärs, Admiral Togo, am
1.April 1942
mit neuer Wertangabe ein
Revival
in geänderter Farbe
erlebte.
Zur Ausgabe von Rollenmarken oder Markenheftchen kam es nicht mehr, die
Inflation legte vielmehr weitere Portoerhöhungen in kurzen
Abständen
nahe.
Aber damit nicht genug; es erging eine neue
Vorgabe des Kommunikationsministeriums an seine
Designer. Die laufende
Serie solle nach den Kriterien "Reichsverteidigung,
Produktionssteigerung,
Rückhalt für die kämpfende Truppe,
Durchhaltemoral in der Bevölkerung
und propagandistische Wirkung" neu
gestaltet werden. Eine diesen Kriterien entsprechende Marke
zu 4 sen wurde am 1.Oktober
des gleichen Jahres in neuem Design ausgegeben, um den auf 5 sen
aufgewerteten Herrn Admiral
nicht mit einer unwichtig gewordenen Portostufe zu molestieren.
Außerdem wurde die Gelegenheit dazu genutzt, die Serie um die
Portostufen zu 15 sen und 40 sen zu erweitern. Am 1.Dezember kam noch
ein weiterer Wert zu 10 sen hinzu, der das harmlos
touristische Prachttor von Nikko ersetzte: Die Marke zeigt
eine
Karte von Japan in seiner
größten Ausdehnung Stand Ende 1942, als ob die
Postautoritäten bereits ahnten, dass es damit nicht mehr lange
Bestand haben würde. Zu dieser Zeit hatte die
unersättliche
japanische Soldateska längst die US-Amerikaner von
den
Philippinen vertrieben, stand in der Mongolei, in Rabaul (Papua New
Guinea), Guam, Java,
Sumatra, Borneo und Yangon (Rangoon), lieferte sich mit den Briten im
Hinterland von Birma erbitterte Gefechte und rückte auf Sri
Lanka
(Ceylon) und die Alëuten vor, und die Militärzensur
öffnete seit 1942
stichprobenartig
auch normale Inlandspost.
Admiral Togo in neuer
Farbe und Nominale 5 sen,
Denkmal mit der Inschrift "Alle Welt ein Haus" vor Mt. Fuji (4 sen),
Militärpilot (15 sen), Leuchtturm von Eluanbi (Taiwan) (40
sen),
Palmen vor Karte der japanischen Eroberungen (10 sen)
Es darf konstatiert werden, dass der Krieg, den Japan führte,
sich
hiermit deutlich auf den Briefmarken widerspiegelt; das ganze Reich
tanzte nach der Pfeife der Militärs, und die Post
kämpfte
sozusagen mit an der patriotischen Heimatfront. Aber bald
wurde
auch das nahe Ende sichtbar, denn die Werte zu 15 sen und 40 sen sind
die letzten Marken, die vor Kriegsende im aufwendigen und kostspieligen Stichtiefdruck
gefertigt wurden.
60 Die letzten Sondermarken vor
Kriegsende
Thema
der
nächsten
Sondermarkenausgabe war das 70jährige Jubiläum der
japanischen Eisenbahn. Man könnte erwarten, dass die Post als
Motiv ein historisches Bild wählte, aber in diesen Zeiten ging
es
darum, technologische Überlegenheit zu demonstrieren, weshalb
die
einzelne Marke, die zu diesem Thema verausgabt wurde, das seinerzeit
modernste Modell einer Lokomotive abbildete, die in Japan erbaute
Schnellzuglok C 59.
Das historische
Eisenbahn-Motiv findet sich im Sonderstempel Kobe 14.10.1942 (Ersttag)
Die am
14. Oktober 1942 ausgegebene Marke
im Rastertiefdruck mit dem Inlandsbriefporto-Nennwert von 5
sen erreichte eine Auflage
von 5 Mio. Stück.
Das Jahr 1942 erlebte noch eine Sondermarkenserie von zwei Marken mit
Zuschlag zugunsten der Kriegsmaschinerie, und zeigt entsprechend
martialische Motive, nämlich das
Vorrücken japanischer
Panzer in Bataan (Philippinen) und den Luftangriff auf Pearl Harbor
(Hawaii, USA). Beide Namen stehen sowohl für
militärische Erfolge als
auch für Kriegsverbrechen Japans.
Kriegsfotos auf
Briefmarken zum Pazifischen Krieg
Die am 8. Dezember 1942 anlässlich des 1.Jahrestags des
Pazifischen Kriegs (gemeint ist damit der Überfall auf Pearl
Harbor) verausgabten Marken haben Auflagen von 2,84 Mio. (2+1
sen)
bzw. 2,83 Mio. (5+2 sen) Stück.
Die Taktlosigkeit, die Marke, die den japanischen Angriff auf Pearl
Harbor zeigt, ausgerechnet an einen Empfänger in Hawaii zu
frankieren, zeugt entweder von beträchtlicher
Naivität oder
Arroganz des japanischen Absenders.
Postkarte
mit Zensurstempel, adressiert an einen japanischstämmigen
Geistlichen in Hawaii
Poststempel ist wegen Abnutzung unlesbar
Das
Kriegsjahr 1943 verlief ohne neue Sondermarken; erst
1944 folgten
noch zwei Ausgaben. Inzwischen war das Briefporto auf 7 sen gestiegen,
und Postkarten mussten mit 3 sen frankiert werden, was von den
Nominalen dieser Ausgaben abzulesen ist.
Der "Reichsschrein" Yasukuni Jinja, in dem anstelle von
Soldatenfriedhöfen Japans Gefallene verehrt werden, beging
1944
die Feier seines 75jährigen Bestehens. Am 29.Juni 1944 wurde
zu diesem Anlass
eine Sondermarke im Dauermarkenformat ausgegeben. Anders als bei den
Dauermarken erfolgte der Druck allerdings im Rastertiefdruckverfahren;
der
Nennwert war 7 sen.
Die
Abbildung zeigt das Hauptgebäude des Yasukuni-Schreins in Tokyo
Diese Marke erreichte eine Auflage von 10,6 Mio. Stück.
Im gleichen Jahr wurde der Guandong-Schrein in Lüshun (Port
Arthur) eingeweiht.
Lüshun
liegt in dem Pachtgebiet auf der Liaodong-Halbinsel, das
Japan seit 1905 verwaltete. Die beiden Marken, die am 1.Oktober 1944
aus diesem Anlass verausgabt wurden, kamen nur in dem Pachtgebiet
und entlang
der
südmandschurischen Eisenbahnlinie zum Verkauf, waren aber im
ganzen Reichsgebiet zur Frankatur gültig. Japanische Sammler
konnten die Marken bestellen und sich von der Versandstelle zuschicken
lassen.
Gestempelte Stücke tragen meist Stempel von Dalian (Dairen)
oder
rote Sonderstempel zum gleichen Anlass. Echt gelaufene Briefe, ja sogar
echt bedarfsgestempelte lose Marken sind sehr
selten.
Sonderstempel
Lüshun 1.10.1944
Die Auflage dieser Marken im Rastertiefdruck, die nicht im
Reich
verkauft wurden, war mit 750 000 Sätzen deutlich
geringer als
die anderer Sondermarken der Standard-Nennwerte.
Die nächste Ausgabe von Sondermarken erfolgte erst nach
Kriegsende.
61 Propaganda-Dauermarkenserie
Schon
1942
waren die ersten Werte der im Sinne von Kriegsmoral und Propaganda neu
gestalteten Serie
erschienen; im Folgejahr 1943 wurde sie fortgesetzt. In diesem Jahr
engagierten sich die Amerikaner, die ihr Kriegsmaterial erst in
Stellung bringen mussten, stärker in den direkten
Kämpfen und
erzielten vor allem deswegen immer mehr Erfolge, weil es ihnen gelungen
war, den Verschlüsselungscode der japanischen
militärischen
Nachrichtenwege zu knacken. Krieg wird zwar mit Waffen und Soldaten
geführt, aber der Einsatz von Gehirnarbeit ist ebenfalls
lohnend,
und da konnten die Japaner, die nur auf Siegeswillen und
Hurra-Patriotismus
setzten, nicht mithalten. Noch trafen beide Streitmächte nur
in
Gefechten um pazifische Inseln aufeinander, aber japanische
Erfolgsmeldungen wurden deutlich seltener, schlechte Nachrichten von
der Front dagegen häufiger. Umso
kämpferischer gebärdete
sich die Post mit ihren neuen Briefmarken.
Die Textilindustrie, Japans Schlüsselindustrie, wurde am
1.Januar
1943 auf einer
neuen Dauermarke zu 1 sen gewürdigt, und die
fleißige
patriotische Arbeiterin in der
Uniformfabrik trägt stolz und unübersehbar den
Hinomaru,
Japans Reichsflagge, am Arbeitskittel. Eine Marke zu 17 sen kam am
21.Februar noch hinzu, denn auch die Einschreibsendungen kosteten
längst keine 14 sen mehr, alles wurde teurer. Der 17
sen Wert
zeigt das plumpe Torii (Schreintor) des Yasukuni-Schreins, wo die
Gefallenen und
unbekannten Soldaten verehrt werden, und heute auch die als
Kriegsverbrecher gehenkten Militärs, die in Ostasien
gewütet
hatten.
Bei
späteren Auflagen der Marke zu 1 sen musste schon an der Farbe
gespart werden
Die Propagandaserie war damit noch nicht fertig, aber 1943
gab die Post keine weiteren Marken mehr aus. Die Reichsdruckerei hatte
Rationalisierungsmaßnahmen in Angriff genommen, der Krieg
kostete
Unsummen, es gab kein Geld mehr; anstelle von Druckmaschinen wurden
Kriegsschiffe, Flugzeuge und Uboote gebaut; die Postämter
mussten
sparen, sie bekamen keine neuen Stempel mehr, wenn der alte
verschlissen war, und die Tinte für die
Stempelkissen sollten
sich die Postämter gefälligst selbst
besorgen. Ab dem 11.Februar 1943 gestattete die Post, für die
Entwertung im Postverkehr auch fiskalische Stempel (mit 3 Sternen im
Unterrand) zu verwenden, falls der normale Poststempel aus dem Leim
ging oder unleserlich wurde. Es musste immer
stärker gespart werden, alle Einnahmen flossen in die
Rüstung, die Bevölkerung begann echte Not zu leiden,
und wer
sich beklagte, galt als unpatriotisch, was nicht zu empfehlen
war,
denn die Postzensur wurde verstärkt. 1944 mussten die
Portosätze wieder erhöht werden, aber dafür
auch wieder
neue Marken gedruckt werden, aber nur noch im billigen Buchdruck und
zum Teil mit verdünnter Druckfarbe. Der stolze Admiral Togo
der 5
sen Marke war bereits unübersehbar verblasst, weshalb die
neuen
Portosätze wie gerufen kamen, um die Gene- und
Admiräle
wieder aufzupeppen.
Erste
Auflage der 5 sen Marke (Friedensdruck) mit satter, und
spätere Auflagen (Kriegsdruck) mit verdünnter Farbe
Am 1.April 1944 traten die neuen Portosätze in Kraft; eine
Postkarte kostete nun 3 sen, ein Brief sogar 7 sen. Auch andere
Portosätze wurden erhöht, nur die Gebühren
für Post
ins Ausland blieben bis Ende 1944 noch unverändert. Dafür
unterlag
diese Post der Militärzensur, aber die Beförderung
wurde
schwieriger. Post nach Europa in verbündete oder neutrale
Staaten
konnte via Sibirien und neutrale Länder wie Türkei
und
Schweiz befördert werden. Der Portosatz hierfür wurde
am
1.1.1945 auf 30 sen erhöht, aber Auslandsbriefe aus dieser
Zeit
sind äußerst selten. Die Postbeförderung in
oder
über feindliche Staaten, darunter auch die USA, war seit
Kriegsbeginn schon eingestellt worden, wodurch die postalischen
Verbindungen zu fast allen Ländern der Welt, Afrika,
Australien,
Nord- und Südamerika, gekappt waren.
Noch vor der Portoerhöhung stellte die Post auf Sparmodus um
und
druckte die Werte zu 20, 30 und 40 sen, die bisher im Stichtiefdruck
vorlagen, nun im billigeren Buchdruck. Die Ausgabedaten sind
8.März (20 sen), 23.März (30 sen) und
17.Februar (40
sen).
Jeweils
links die vorige Marke im Stichtiefdruck, rechts die neu
ausgegebene Entsprechung im Buchdruck
Vielleicht ist dies der Grund dafür, dass die Kriegshelden
erst
verspätet in den neuen Standardnominalen fertig wurden:
Nogi
(3 sen) am 15.Juli, und Togo (7 sen) am 15.Juni, da war die
Portoerhöhung schon mehr als zwei Monate lang in Kraft.
Revival
für die Kriegshelden Nogi und Togo in neuen Wertstufen
Damit
war die martialische Propagandaserie aber ebenso wenig fertig wie der
Pazifische Krieg, der inzwischen in den 2.Weltkrieg
übergegangen
war. Von den Fronten waren keine Fortschritte mehr zu melden, aber es
drohte auch noch kein Zusammenbruch; die Streitkräfte der
Alliierten waren an den Kriegsschauplätzen Europas gebunden,
und
die US Navy tat sich mit dem todesmutigen japanischen Widerstand auf
den pazifischen
Inseln schwer. Diese Scharmützel bedeuteten für Japan
aber
einen großen Materialverlust; jedes versenkte Schiff, jeder
abgeschossene Flieger musste ersetzt werden, Japan brauchte Devisen
für Rohstoffe und Arbeitskraft in den Fabriken, weshalb der
Rüstungsarbeiter bald ebenso wichtig wurde wie der Soldat,
sich
aber rar machte, denn Jungs im kräftigsten Alter mussten an
die
Front.
Vielleicht druckte deshalb die Post ein Abbild des Arbeitssoldaten, wie
man die Gymnasiasten und Studenten nannte, die nun den Hammer schwingen
mussten, damit die Bomber weiter flogen, und verkaufte es zu 6 sen ab
dem 22.September 1944.
Arbeitssoldat in der Rüstungsschmiede vor Bombergeschwader
Anders als Deutschland sah Japan keinen Grund, im Frühjahr
1945 zu
kapitulieren,
obwohl sich seit November 1944 amerikanische Luftangriffe auf Tokyo
häuften. Diese hatten bis Februar 1945 nur
Rüstungsbetriebe
zum Ziel; erst danach wurden gezielt Wohngebiete angegriffen, um die
Moral der Bevölkerung zu brechen. Im Wissen um die Bauweise
der
japanischen Holzhäuser setzte die Air Force
überwiegend
Brandbomben ein, mit der erwünschten Wirkung, dass Tokyo
bereits
im März 1945 wieder so aussah wie nach dem Erdbeben von 1923.
Die
Vereinigten Staaten hielten sich nicht mehr damit auf, Inseln
zurückzuerobern,
sondern wollten Japan mit direkten Angriffen in die Knie zwingen. Ihre
Produktivität hatte längst Japan überholt,
ihre
Rohstoffe und Ressourcen waren dem mittlerweile ausgelaugten Inselreich
weit
überlegen.
Wohnviertel
in Tokyo im März 1945
Trotz
der Verwüstungen und Todesopfer zuckte Japan noch nicht
zurück. Überlebende Einwohner zogen aus Tokyo zu
Verwandten aufs Land, und die
Post gab Briefmarken aus und erhöhte am 20.April 1945 das
Inlandsporto auf 5
sen für Postkarten
und 10
sen für Briefe.
Im Februar kam eine
Marke zu 2 sen mit dem Motiv einer Werft zum Verkauf, auf welcher
Kriegsschiffe aus Holz genagelt werden, und für
Einschreiben wurde am 2.Februar die 17 sen Marke
mit neuer Nominale 27 sen in anderer Farbe ausgegeben, denn dieser
Luxus kostete auf einmal glatt 10 sen mehr als vorher.
Weil gespart werden musste, gab es keine neuen Marken zu 5 sen, denn
der alte Herr Togo war, wenn auch ein wenig blasser, noch im Portfolio
und musste nun anstelle von Briefen die Postkarten mit seinem Konterfei
befördern lassen. Mit dem Briefporto aber sollte die
Durchhaltemoral gestärkt werden, weshalb nun die alte
Inschrift eines
Schreins auf Briefmarken abgebildet wurde, auf der zu lesen
stand: "Nieder mit dem Reich der Feinde!" Das war genau das, was jetzt
erwünscht war. Leider hatten die Flächenbombardements
auch
die Herstellung von Briefmarken beeinträchtigt, so dass ab
dieser
Ausgabe keine Gummierung mehr möglich war; neue Briefmarken
und
Neuauflagen der laufenden Serie kamen ab März 1945 nur noch
ohne
Gummierung zum Verkauf. Was 1945 niederging, war jedenfalls nicht das
Reich der Feinde.
"Nieder
mit dem Reich der Feinde!" Alte Inschrift am Hakozaki-Schrein in
Fukuoka, wo sie noch heute hängt
Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass der Krieg den
Briefmarken
auch auf andere Art zusetzte. Als die Holzhäuser der
Wohnviertel
nach den Bombardements in Flammen aufgingen, blieben die
Amtsgebäude, in Backstein und Beton errichtet, oftmals relativ
unversehrt, aber die Hitze der Brände wirkte sich auf manche
der
billigen Druckfarben der Marken, die in den Tresoren der Druckerei
lagen, unvorteilhaft aus. Besonders die violetten Töne
tendierten
dazu, sich bei Hitze rötlich zu verfärben.
Durch Brandhitze
verfärbte, gebrauchte Briefmarken der Kriegszeit
Hier eine Übersicht über die zusammengestoppelte
Propagandamarkenserie, wie sie sich im Frühjahr 1945
präsentierte:
Nominale |
Markenbild |
Ausgabedatum |
Druckverfahren |
Gummierung |
Bemerkungen |
1
sen |
Textilarbeiterin |
1.1.1943 |
Buchdruck |
mit |
spätere
Auflagen mit verdünnter Farbe |
2
sen |
Schiffbau |
Februar
1945 |
Buchdruck |
mit |
nur
wenig gebraucht, durch 2 sen "Nogi" ersetzt |
2
sen |
General
Nogi |
Mai
1945 |
Buchdruck |
ohne |
|
3
sen |
General
Nogi |
15.Juli
1944 |
Buchdruck |
mit |
|
3
sen |
General
Nogi |
April
1945 |
Buchdruck |
ohne |
|
4
sen |
Denkmal |
1.Oktober
1942 |
Buchdruck |
mit |
Druck
wurde später beendet |
5
sen |
Admiral
Togo |
1.April
1942 |
Buchdruck |
mit |
|
5
sen |
Admiral
Togo |
Januar
1945 |
Buchdruck |
ohne |
|
6
sen |
Arbeitssoldat |
22.September
1944 |
Buchdruck |
mit |
Druck
wurde später beendet |
7
sen |
Admiral
Togo |
15.Juni
1944 |
Buchdruck |
mit |
|
10
sen |
Landkarte |
1.Dezember
1942 |
Buchdruck |
mit |
|
10
sen |
Landkarte |
24.April
1945 |
Buchdruck |
ohne |
|
10
sen |
Inschrift |
15.April
1945 |
Buchdruck |
ohne |
nur
kleine Auflage gedruckt |
15
sen |
Pilot |
1.Oktober
1942 |
Stichtiefdruck |
mit |
Druck
wurde später beendet |
17
sen |
Yasukuni |
21.Februar
1943 |
Buchdruck |
mit |
|
20
sen |
Mt.
Fuji |
8.März
1944 |
Buchdruck |
mit |
|
27
sen |
Yasukuni |
2.Februar
1945 |
Buchdruck |
mit |
|
30
sen |
Schreintor |
23.März
1944 |
Buchdruck |
mit |
|
40
sen |
Eluanbi |
1.Oktober
1942 |
Stichtiefdruck |
mit |
durch
Marke im Buchdruck ersetzt |
40
sen |
Eluanbi |
17.Februar
1944 |
Buchdruck |
mit |
|
40
sen |
Eluanbi |
März
1946 |
Buchdruck |
ohne |
|
Wie aus der Tabelle ersichtlich ist, wurde die 2 sen "Schiffbau" nicht
mehr weitergedruckt, als keine Gummierung mehr möglich war;
stattdessen
griff man auf das Nogi-Porträt zurück. Auch
andere
Marken erfuhren keine
Neuauflagen mehr, anstatt sie ohne Gummi weiter zu drucken. Entweder
war davon genug vorrätig, erneut
geänderte Portosätze machten sie entbehrlich, oder
sie wurden
durch Marken der nachfolgend beschriebenen Notausgaben ersetzt.
Die Marke zu 10 sen mit der kriegerischen Inschrift
wurde nur in geringer Auflage gedruckt und nur auf Wunsch besonders
patriotischer Kunden verkauft; die
regulär verwendete Marke zu 10 sen blieb diejenige mit der
Landkarte.
62 Ungezähnte und
ungummierte Notausgaben
Weil
sich das Kriegsglück gewendet
hatte, setzte das letzte große Flächenbombardement
Tokyos im Mai 1945
auch die
Zweigstelle Takinogawa der
Reichsdruckerei, wo
die Briefmarken gezähnt worden waren, außer
Gefecht, weshalb ab dem Frühjahr 1945 nur
noch
ungezähnte Marken hergestellt werden konnten. Tokyo sah nicht
nur
aus wie nach dem
großen Erdbeben, sondern gab auch wieder ebensolche
Briefmarken
aus,
ungezähnt und ungummiert wie die allerersten Marken von 1871.
Teilauflagen der fortan ausgegebenen Marken wurden als
Aufträge an private Druckereien vergeben; die
Papierqualität
schwankte zwischen sehr weißem und graustichigem Papier mit
holzigen
Fasern. Auf diesem finden Spezialisten auch ein leicht
abgeändertes Wasserzeichen mit engerem Abstand zwischen den
Wellenlinien.
Während amerikanische Truppen versuchten, von Süden
her auf
die japanischen Inseln zu gelangen und sich um die Insel Iojima und auf
den Ryukyus
sehr
blutige Gefechte mit hohen Opferzahlen auch unter den Einwohnern
lieferten, weil die japanischen Verteidiger Befehl hatten, sich um
keinen Preis zu ergeben, kamen im angeschlagenen Reich nunmehr die
ersten ungezähnten und ungummierten Briefmarken an die
Schalter.
Am
Beispiel des Generals Nogi zeigt sich der Niedergang des Reichs:
Friedensdruck,
Kriegsdruck mit verdünnter Farbe, letzte Ausgabe ohne
Zähnung und ohne Gummi
Alte
Bekannte und
neue Designs:
Die letzte Markenserie vor Kriegsende, ungezähnt und
ohne Gummi ausgegeben
Bis
dahin war es vermieden worden, den alten Kriegshelden
"unwürdige"
Wertstufen zuzuordnen, aber nun musste sich auch General
Nogi mit
patriotischem Opfermut mit der Nominale von 2 sen begnügen und
bis
zum bitteren Ende ausharren. Keine andere Marke dieser Endzeit hatte
einen so niedrigen Nennwert. Vollkommen neue Designs kamen für
die
Wertstufen 3 sen (Reichsflagge "Hinomaru"),
5 sen (Flugzeug über
der See) und 50 sen (Bergarbeiter) zur Ausführung,
während
die Marke zu 1 Yen eine Überarbeitung der Yasukuni-Darstellung
der
früheren 17 / 27 sen Marken war.
Entwürfe
der Wertstufen 3 sen und 50 sen (im Entwurf sind andere Nennwerte
eingetragen)
Die
Wertstufen zu 10 sen grau, 20 und 30 sen sind mit der laufenden Serie
identisch, nur dass sie nun zahnlos daherkommen. Weil die Landkarte der
bisherigen Marke zu 10 sen orange beim Verdünnen von
Druckfarbe
nahezu unsichtbar wurde, bekam diese Marke nun das Design der 20 sen,
aber in der angestammten Farbe Orange. Die beiden hohen Werte zu 5 und
10 yen sind Neuauflagen der bisherigen hohen Werte, aber anstelle des
bisherigen Stichtiefdrucks im Buchdruckverfahren hergestellt.
Beim Druck der 5 sen Marke lieferten die privaten Druckereien, die
mit der Herstellung der Auflage betraut waren, Marken in allerlei
Farbtönen zwischen Blau und Grün aus, man konnte beim
Mischen
der Druckfarben nicht mehr wählerisch sein. Deutsche Kataloge
setzen zu Recht für sehr blaue Stücke höhere
Preise an,
aber alle möglichen Zwischenstufen existieren zur Freude der
Liebhaber von Farbnuancen.
ungebrauchte
Stücke in sieben Farbvarianten
Auch andere Fehler unterliefen in dieser Zeit des Mangels bei der
Herstellung der Marken; mal reichte die Druckfarbe nicht, mal geriet
ein Bogen ein zweites Mal unter die Druckpresse, so dass zwei
Markenbilder übereinander gedruckt wurden –
alles, was nicht gänzlich misslungen und unbrauchbar war, kam
zum
Verkauf, genau wie zur Zeit der ersten handgravierten Marken.
Es
handelt sich im Prinzip um die gleiche Marke:
links
tiefe Druckfarbe im Doppeldruck (am besten sichtbar im Chrysanthemum),
rechts dünne Druckfarbe; beide Stücke
postalisch verwendet
Selbstverständlich wurden auch diese ungezähnten
Marken,
ebenso wie die Erdbeben-Notausgabe, vielfach privat gezähnt.
Privat gummierte ungebrauchte Stücke findet man jedoch nicht,
das
gab die Notzeit nicht mehr her. Jeder sah selbst zu, wie er mit
Reiskleie oder Baumharz die Marken auf seiner Post befestigte.
Privat nachgezähnte
Marken der ungezähnten Ausgaben
Wie
trist es im Postverkehr am Ende aussah, sollen zwei Belege aus den
letzten Monaten vor Kriegsende zeigen.
|
|
|
Papier
und Wertmarke der Postkarte ist ebenso schlecht wie bei den
Briefmarken, wegen häufiger
Portoerhöhungen
benötigte man Zusatzfrankatur. Hier half Sankt Nogi, der
Kriegsheld, aus
|
|
Vom
Stempel beider Belege sind nur Bruchteile zu entziffern; verbrauchte
Verschleißteile wurden nicht mehr ersetzt
|
Zunächst
soll an dieser Stelle eine Übersicht über die
Ausgaben der
oben beschriebenen letzten Markenserie erfolgen.
Ungezähnte,
ungummierte Dauermarken 1945/46 |
Nominale |
Markenbild |
Ausgabedatum |
2 sen |
General
Nogi |
17.März
1945 |
3 sen |
Hinomaru |
31.August
1945 |
5
sen |
Flugzeug |
1.Juli
1945 |
10
sen |
Inschrift |
Mai
1945 |
10
sen |
Mt.
Fuji |
8.Oktober
1945 |
20
sen |
Mt.
Fuji |
25.März
1945 |
30
sen |
Schreintor |
1.April
1946 |
50
sen |
Bergarbeiter |
22.März
1946 |
1
yen |
Yasukuni
Schrein |
März
1946 |
5
yen |
Fujiwara
no Kamatari |
August
1945 |
10
yen |
Pflaumenblüte |
August
1945 |
Kenner
der Materie werden sich verwundert fragen: Wieso
wurde der Yasukuni-Schrein,
Nationalschrein, Kriegsheiligtum und Hassobjekt der Kriegsgegner, noch
1946, lange nach der Kapitulation, ausgegeben?
Richtig,
einige der hier aufgelisteten Marken zählen streng
genommen schon zu den Nachkriegsausgaben, wurden aber noch vor
Kriegsende geplant und gedruckt. Die Marke zu 1 yen war wegen der
Portoerhöhungen dringend erforderlich, und die Besatzer hatten
vorerst andere Prioritäten als sich in Japans
Briefmarkengestaltung einzumischen. Auch fehlte in Japan das
Bewusstsein, dass dieses Heiligtum auf irgendjemanden
anstößig wirken könnte.
63 Taiwan-Provisorien
und letzte Briefmarke vor Kriegsende
Aber
gab
es da nicht noch einige Marken, die auf der obigen Liste fehlen ?
Richtig, die gab es noch. Sie stehen im Katalog irgendwo anders, tragen
aber ebenso den japanischen Reichsnamen wie alle anderen Marken auch.
Als
Tokyo im Hagel der Brandbomben auf den Stand von 1923
zurückgeworfen wurde, hatte die Postverwaltung von Taiwan
gerade
eine große Ladung Briefmarkennachschub aus dem Reich
angefordert,
und als der nicht kam, schritten die Leute zur Selbsthilfe, denn auch
die Telefonleitungen nach Tokyo blieben stumm. Das Ministerium in Tokyo
hatte bereits Depeschen an seine Dependancen in Taibei und Seoul
geschickt mit der Bitte um Vorschläge, welche Druckereien
möglicherweise für Briefmarkenproduktion in lokaler
Eigenregie in
Frage kämen, falls die Lage in Tokyo sich
verschärfte, und
als sie es dann wirklich tat und in Taiwan eine Briefmarkenknappheit
drohte, ließ die Post in Taiwan eine neutral gestaltete
Serie,
die nur Landesnamen, Chrysanthemum und die Ziffer des Nennwerts
aufwies, vor Ort herstellen.
In Taiwan zum Verkauf
gelangte, vor Ort hergestellte Notserie
Gedruckt
wurden von dieser Serie 7 Werte, aber nur die drei oben abgebildeten
Wertstufen wurden tatsächlich verkauft, weil Marken dringend
benötigt wurden. Für die Ausgabe der anderen
Wertstufen 30,
40, 50 sen und 1 yen, die schon gedruckt waren, wollte man lieber die
Erlaubnis Tokyos abwarten. Diese kam zwar, aber erst am 14.August 1945,
einen Tag vor Kriegsende. Um Scherereien mit China zu vermeiden, das
nach der japanischen Kapitulation in Taiwan mit Sicherheit ein
Wörtlein mitzureden hätte, wurden die anderen Marken
nicht
mehr ausgegeben, aber auch nicht vernichtet. Man überdruckte
sie
einfach mit der Aufschrift "Republik China, Provinz Taiwan" und
hatte hierdurch gleich nach Kriegsende Marken für den
Postverkehr
zur Hand.
Aber
auch im Reich selbst wurde eine Marke, die oben in der Aufstellung
fehlt, nur halb ausgegeben. Es war
nämlich ein etwas gröberer Lapsus passiert als nur
Doppeldruck
oder verdünnte Farbe. Irgendwelche Dösköpfe
in der
Druckerei hatten die Anweisung des Kommunikationsministeriums
übersehen, die Marke mit der kriegerischen Inschrift "Nieder
mit
dem Reich der Feinde!" nicht mehr in dem unscheinbaren Feldgrau,
sondern ab sofort in
einem siegesgewissen Blau zu drucken.
Weil alle übrigen Marken, die in derselben Zeichnung wie
bisher,
aber ungezähnt erschienen, in genau derselben Farbe wie bisher
weitergedruckt
wurden, achteten die Leute in der Druckerei zwischen dem Sirenengeheul
der Luftalarme im allgemeinen Durcheinander nicht auf das
Kleingedruckte
in ihrem Auftrag und druckten auch die graue Marke wieder in Grau.
Die Offiziellen im Ministerium tobten. Genau das hatten sie doch
vermeiden wollen.
Die Leute in der Reichsdruckerei versprachen Abhilfe, aber besorg mal
ein Siegesblau, wenn ringsum alles in Schutt und Asche versinkt. Nachts
musste verdunkelt, tags die Fenster mit Sandsäcken
geschützt
werden, und es gab auch noch Anderes zu tun als nur Briefmarken zu
drucken.
Es grenzt an ein Wunder, dass diese Marke tatsächlich
irgendwann in Blau
gedruckt wurde, aber als sie strahlend siegreich blau aus der
Druckpresse kam und an die Post ausgeliefert wurde, schrieb man den
August 1945.
Zu dieser Zeit hatte der Verbündete Deutschland
längst
kapituliert. In Europa war der Krieg zu Ende, nur Japan wehrte sich
noch. Am 6.August zerstörte die erste Atombombe Hiroshima, am
8.August erklärte Russland Japan den Krieg, um sich Sachalin
zurückzuholen, und am 9.August verbrannte Nagasaki unter der
zweiten Atombombe. Am 14.August gab der Tenno den Erlass über
das
Kriegsende, sprich Kapitulation Japans, heraus, und am folgenden Tag
erfolgte seine Radioansprache an die Nation.
In
Blau sauber gedruckte, aber nie postalisch verwendete letzte Marke vor
Kriegsende
Und
da
lag sie nun, die siegesblaue Marke. Selbst
der patriotischste Verantwortliche im Ministerium konnte es nicht mehr
als sehr opportun ansehen, eine solche Briefmarke zum Verkauf zu geben,
wenn
morgen oder übermorgen die zu Monstern dämonisierten
Amerikaner in Tokyo einmarschiert kämen. Es erging Anweisung,
die
ausgelieferten blauen Marken nicht zu verkaufen. Dies beinhaltete zwar
kein Verbot, sie zu verwenden, aber es sind nur wenige Stücke
bekannt, die auf einem Postamt in Miyazaki im Innendienst fiskalisch
verwendet wurden. Die extrem wenigen Sammler, die Briefe mit dieser
Marke fabrizierten und abstempeln ließen, waren entweder
Postbeamte, die sich selbst versorgten, oder an Stücke
gelangt,
die aus der Druckerei entwendet waren, denn am Schalter verkauft wurden
sie niemals.
Auf Telefonabrechnung verwendet:
Die blaue Marke zu 10 sen mit fiskalischem Stempel vom
14.9.1945
Schon
in Grau kam diese Marke nur sehr selten postalisch zur
Verwendung. Echt gelaufene Briefe mit dieser Frankatur sind sehr
gesucht. Wenige Tage nach der Kapitulation zog die Post alle Marken in
dieser Zeichnung vom Verkauf zurück.
Am
31.12.1945 postalisch
verwendete ungezähnte Marke "Inschrift" in Grau
In
vorauseilendem Gehorsam übermalten einige Postler die
Inschrift,
wenn
damit frankierte Sendungen aufgegeben wurden, oder rissen die Marke
nach der Entwertung einfach vom Umschlag. Trotzdem blieben alle Marken
der Kriegszeit, auch diejenigen mit der inkriminierten
Inschrift, nach der Kapitulation weiter gültig bis
zum 31.August 1947.
Mit
roter Tusche überpinselte Inschrift "Nieder mit dem Reich der
Feinde !"
Die
heute auf dem Markt befindlichen Stücke dieser
ungezähnten
Marke in Blau wurden nach Ende der Gültigkeit von der
Post an die Philatelistenverbände verteilt; auch wurden
Bestände aus der Druckerei illegal in den Handel gebracht. So
gelangte ein Teil der Auflage direkt in
Sammlerhände, der Rest wurde verbrannt;
echt gebraucht sind, je nach Quelle, fünf bis
acht Stück bekannt, und wenn dem Leser jemand diese Marke
"gestempelt" anbietet, dann möge er die Lupe zur Hand nehmen
und
mit sachkundigem Gesicht
den Falschstempel entlarven.
64 Japan nach Kriegsende
Am
15.August
1945 richtete sich der Tenno in einer Sondersendung des Radios
an die Bevölkerung und erklärte in seiner ersten
öffentlichen Botschaft das Ende der
Kriegshandlungen. Etwa 200 000 Japaner, die diese Schmach nicht
ertragen konnten,
töteten sich daraufhin selbst, nicht wenige durch das
Seppuku-Ritual der Selbstentleibung mit dem Schwert.
Ausgebombte
Bewohner Tokyos, die im Ubahnschacht der Station Ueno Zuflucht suchten,
um 1946
Wie in Berlin richtete auch in Tokyo ein internationales Tribunal
über die gefangenen Reichsführer und ließ
sieben als
Hauptschuldige Verurteilte am 23.Dezember 1948 hinrichten, obwohl
Patrioten General MacArthur, den Chef der Besatzungstruppen, mit
Briefen voller Bitten um Begnadigung, etliche mit Blut geschrieben,
überhäuften. Die Kamikaze-Mentalität war
noch nicht
gebrochen, obwohl alle Leute jetzt das Wort "Demokratisierung" im Munde
führten.
Mit
Blut geschriebener Brief mit Bitte um Milde für die zum Tode
verurteilten Kriegsverbrecher A,
Anschrift
(Ausschnitt) "An General MacArthur"
Die Schuld des Tenno war freilich nicht Gegenstand von
Gerichtsverhandlungen; bis heute ist unklar, wie weit er den Krieg
unterstützt hatte. Dass er allerdings nichts tat, ihn zu
verhindern
oder zu beenden, steht außer Frage. Aus Respekt vor dem
Willen
des japanischen Volkes ließen die Amerikaner ihn im Amt,
gaben
Japan jedoch eine neue "Friedensverfassung", die Streitkräfte
nur
in limitiertem Rahmen und ausschließlich zur Verteidigung des
eigenen Territoriums zuließ. Bekanntlich ist es das
erklärte
Ziel der heutigen Regierung, diese Verfassung zugunsten der Streitmacht
abzuändern.
General
MacArthur und Japans Tenno am 28.September 1945
Nach der Kriegserklärung gegen Japan holte sich die
Sowjet-Union
nicht nur Südsachalin zurück, sondern besetzte auch
die
japanischen Südkurilen und marschierte in Manshukoku ein.
Viele
der panisch von dort fliehenden Japaner ließen auf
der
Flucht ihre Kinder zurück. Die überlebenden, von
mitleidigen Chinesen
aufgepäppelten japanischen Waisen versuchten zwischen 1981 und
1999 bei von beiden Staaten arrangierten Besuchen,
ihre Verwandten in Japan wiederzufinden; nur wenigen gelang die
Rückkehr und Reintegration. Die Mandschurei wurde von der
Sowjet-Union an China zurückgegeben und
von kommunistischen
Truppen besetzt. Der letzte Kaiser Puyi kam in ein Umerziehungslager
und starb 1967, während der sogenannten Kulturrevolution, als
einfacher Bürger der VR China.
Korea wurde in eine sowjetische und eine amerikanische Besatzungszone
aufgeteilt; Versuche der nordkoreanischen Volksarmee, Korea
unter
ihrer Führung zu vereinigen, führten zum Koreakrieg,
der nach
blutigen Kämpfen und unzähligen Opfern nur den alten
Stand wiederherstellte und die Teilung
des Landes bis heute zementierte.
Taiwan wurde von Truppen der Guomindang besetzt und
schließlich
zum Refugium der republikanischen Armee, die der kommunistischen
Übermacht weichen musste. Jiang Zhongzheng (Jiang Kaishek)
errichtete auf Taiwan und Yi Singman (Syngman Rhee) in
Südkorea
eine antikommunistische, Mao Zedong auf dem chinesischen Festland und
Kim Ilsung in Nordkorea eine
kommunistische Diktatur. Südkorea und Taiwan
schafften in den
80er Jahren des 20.Jhs. nahezu zeitgleich
den Wandel zu
Demokratien mit freien Wahlen.
Die amerikanische Besatzung in Japan unter General MacArthur endete
vertraglich am 28.April 1952, aber die USA behielten vorerst noch die
Ogasawara-, Amami- und Ryukyu-Inseln. 1953 wurden die
Amami-Inseln, 1968 die Ogasawara-Inseln, und 1972 die Ryukyu-Inseln an
Japan zurückgegeben. Die Sowjet-Union annektierte die
besetzten Südkurilen, anstatt sie an Japan
zurückzugeben.
Wie die BR Deutschland wurde auch Japan nach dem Krieg ein enger
Verbündeter der USA, konnte sich aber nicht mit den anderen
asiatischen Verbündeten der USA, Taiwan und
Südkorea,
enger
zusammenschließen. Nicht nur die leidvolle Vergangenheit,
sondern
auch Probleme, die Japan nicht lösen wollte, standen zwischen
diesen Nachbarn: Japan zahlte weder angemessene Renten noch
Entschädigungen an die Taiwanesen, die als japanische
Reichsbürger im Krieg mitgekämpft hatten oder
gefallen waren,
und weigerte sich desgleichen, koreanische Zwangsarbeiter (etwa ein
Drittel
aller Opfer der beiden Atombomben waren koreanische Zwangsarbeiter) und
in Feldbordelle gezwungene koreanische Frauen angemessen zu
entschädigen. Bis heute bestreiten weite Kreise Japans alle
Kriegsverbrechen; Filme, Symposien und Zeitungsartikel zu diesem Thema
sind unerwünscht, Veranstalter und selbstkritische Stimmen zu
Japans Kriegsabenteuern werden von Yakuza (Mafiosi) und
Rechtsextremen bedroht oder gewaltsam zum Schweigen gebracht wie
beispielsweise der 2007 ermordete Bürgermeister von
Nagasaki.
Der Tenno, noch immer derselbe wie zur Zeit des Krieges, nuschelte bei
einem Besuch in Korea 1984 etwas von
"unglücklicher Vergangenheit zwischen den beiden
Ländern, die
bedauerlich seien und nicht mehr vorkommen sollten", was allgemein als
eine Art von Entschuldigung betrachtet wird; beinahe gleichlautend
hatte es 1965 der damalige Premierminister Shiina bei der
Unterzeichnung des ersten Grundlagenvertrags zwischen Japan und
Südkorea formuliert. Wesentlich mehr an Zerknirschung kann von
Japan nicht erwartet werden, denn bis heute ist eine Mehrheit der
Bevölkerung der Ansicht, dass die Kolonialisierung der
Nachbarländer eine Art von Entwicklungshilfe im Interesse
dieser Regionen gewesen sei. Koreaner, Mandschuren und Taiwanesen
sehen dies vermutlich ein wenig anders.
Japan wurde zu einer halbherzigen parlamentarischen Demokratie; das
Kaiserhaus wurde
durch das Aufsichtsministerium Kunaisho in einem goldenen
Käfig
unter strenge Aufsicht gestellt, damit es nicht zu einem
Regenbogenpressezirkus kommt
wie rund um die britischen Royals. Das
Wahlrecht für Frauen wurde 1947 eingeführt,
die in Japan
seit der Samurai-Zeit staatlich lizensierten Bordellviertel schlossen
1959, und 1964
erhielten japanische Bürger das Recht auf einen Reisepass.
Japan
eroberte in der Folge die Welt nicht mehr mit Kriegsschiffen und
Soldaten, sondern mit Sony und Toyota, aber echte Freunde konnte das
Land
in Asien leider nicht gewinnen.