Im Oktober 1911 fegte in China eine bürgerliche Revolution
unter der Partei
Guomindang die marode und korrupte Kaisersippe aus ihren
Pfründen und Palästen und errichtete die chinesische
Republik
mit
Sun Zhongshan (im Westen auch als Sun Yixian, meist
zu Yat-sen verballhornt, bekannt)
als erstem Präsidenten. Schon beim Boxeraufstand hatte
sich angedeutet, dass die Chinesen sich nicht mehr alle
Unverschämtheiten des Auslands gefallen
lassen wollten, und jetzt war der erste Schritt zu dem ein Jahrhundert
dauernden Aufstieg Chinas zur Weltmacht getan.
Wenige
Monate später, im Juli 1912, verstarb in Japan der beliebte
Meiji
Tenno, und der kränkliche Kronprinz Yoshihito wurde
als
Taisho Tenno inthronisiert.
Meiji
hatte mit seinen Nachkommen nicht viel Glück. Seine
offizielle Gattin, die Kaiserin, blieb kinderlos, weshalb
Meiji in
alter Tradition mit fünf Konkubinen insgesamt 15 Kinder
zeugte,
von denen zehn entweder tot zur Welt kamen oder innerhalb der ersten
zwei Lebensjahre verstarben. Von denjenigen, die das Erwachsenenalter
erreichten, war Yoshihito der älteste und einzige
männliche
Nachkomme; vier Halbschwestern kamen erst lange nach
ihm zur
Welt, die letzte lebte bis 1974.
Taisho
Tenno um 1912
Als
Taisho Tenno sein Amt antrat, waren seine kognitiven
Fähigkeiten bereits durch eine in der Kindheit erlittene
Enzephalitis eingeschränkt, und ein schweres Fieber, an dem er
im
Sommer 1913 erkrankte, schwächte ihn derart, dass er
die
Öffentlichkeit mied und die meiste Zeit in Sanatorien und
Kurorten
verbrachte. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs zwang ihn wieder
vermehrt zu dienstlichen Pflichten, die sich jedoch auf seine
Gesundheit nachteilig auswirkten. Ein schwerer Rückfall machte
ihn
ab 1918 vollkommen dienstunfähig, und sein ältester
Sohn,
Kronprinz Hirohito, vertrat seinen Vater als Regent, bis
dieser einer unheilbaren
Hirn-Arteriosklerose erlag.
Meiji
Tenno hatte gut 44 Jahre lang die Geschicke des
Reichs koordiniert und die Reformer ermutigt. Nie hat sich
Japan
unter einem anderen Tenno dermaßen rapide verändert.
Als er Tenno
wurde, kleideten sich Japaner noch japanisch, und die Samurai mit ihren
künstlichen Glatzen übten sich im
Bogenschießen; als er
starb, kleidete sich die Mehrheit der Städter westlich, und
Japan
war eine moderne Industrienation geworden, die Russland
militärisch besiegt hatte; es hatte eine Verfassung und ein
Parlament, Schulpflicht und Militärdienst für Jungen,
ein Netz von Eisenbahnlinien und zuverlässige Post-,
Telefon- und Telegrafendienste, eine Reichsbank, ein beziffertes
Bruttosozialprodukt und eine
Außenhandelsbilanz. Taiwan, Korea, Teile der Mandschurei und
Südsachalin standen unter japanischer Verwaltung. Der Tod
dieses
Tenno, dessen Vorgänger die meisten lebenden Japaner schon
nicht
mehr kannten, war eine Zäsur, tiefer als man sich im
Ausland
vorstellen kann.
36 Erste und zweite Tazawa-Serie
Nur
hierdurch wird verständlich, dass man im
Kommunikationsministerium
der Auffassung war, für die neu anbrechende Epoche sei eine
neue
Serie von Dauermarken erforderlich. Das erste und einzige Mal in der
Geschichte japanischer Briefmarken wurde die Gestaltung einer neuen
Dauerserie
öffentlich ausgeschrieben, und jeder, der sich dazu berufen
fühlte, durfte seine Entwürfe einreichen. In der
Ausschreibung war als Bedingung genannt, dass jeder Bewerber neun
Designs abzuliefern hatte, und zwar jeweils drei für die
niedrigen, drei für die mittleren, und drei für die
höchsten Wertstufen.
Das im japanischen
Renaissance-Stil 1910 fertiggestellte Kommunikationsministerium
577
Designer reichten ihre Entwürfe ein, aber wie der Zufall
oder das Ministerium
es
fügte, kamen auf Platz 1 bis 3
nur Vorschläge von Angestellten des Ministeriums, dessen
repräsentativer Neubau 1910 fertiggestellt worden war, und der
schließlich angenommene Entwurf stammte von Tazawa Masakoto,
einem Designer der Reichsdruckerei, die dem Ministerium unterstellt
war. Nach ihm werden die neuen Dauermarken Tazawa-Serie genannt.
Die
von Tazawa vorgelegten dreimal drei Entwürfe zeigen, dass er
ein Profi war;
die schließlich ausgeführten Entwürfe sind
mit einem roten Sternchen gekennzeichnet
Bemerkenswert an diesen Entwürfen sind die Jugendstil-Elemente
und
die Zweifarbigkeit der Höchstwerte. Jugendstil und
später der
Dadaismus, Künstlergruppen wie "Die
Brücke" und "Der
Blaue Reiter" waren auch in Japan bekannt und übten einen
großen
Einfluss auf japanische Künstler aus, wie auch
umgekehrt der "Japonismus" bei van Gogh, Gustav
Klimt, Paul Klee und vielen anderen Künstlern
Einflüsse
Japans auf die westliche Kunstwelt offenbart.
Das untere, nicht ausgeführte Trio der Markenentwürfe
enthält das neue Logo der japanischen Post im Bild versteckt.
Am 31. August 1913 erschienen die beiden ersten Werte der neuen Serie,
die übrigen Werte folgten am 31. Oktober. Bei dem Wert zu
½
sen wurde als Tribut an die nationalstolzen Traditionalisten die
japanische Wertangabe mit "5 rin", die Ziffernangabe mit Lateinschrift
hingegen als "½
sen" wiedergegeben. Die fertige Serie umfasste elf Marken in den
Wertstufen ½,
1, 1½,
2, 3, 4, 5, 10, 20, 25 sen und 1 yen. Alle Marken wurden für
die IJPOs in China auch mit
那
支
überdruckt, und auch die Militärpostmarke der
Kikumonserie
wurde durch den entsprechenden Wert der Tazawa-Serie ersetzt.
Die Marken der Tazawa-Serie I in
den drei Grunddesigns: 1 sen, 10 sen, 25 sen, 1 yen
(vergrößert).
Die Marke zu 1 yen ist seit den Drachenmarken von 1871 die erste
zweifarbige Dauermarke Japans
Andere
Wertstufen als Mustermarken mit SPECIMEN-Aufdruck: ½
sen, 2 sen, 5 sen, bzw. mit IJPO-Aufdruck: 1½
sen, 4 sen, 20 sen,...
...und
schließlich der Wert zu 3 sen mit
Militärpost-Aufdruck
Im Herbst 1913, just als die wunderbare neue Serie, die das
Taisho-Zeitalter einläutete, in Verkehr kam, wurden Briefe
entdeckt, die mit gefälschten Kikumon-Marken frankiert waren.
Das
Ministerium war alarmiert; hatten da professionelle Betrüger
versucht, japanische
Briefmarken massenhaft privat herzustellen und zum Schaden der Post
billig zu verramschen? Wie lange würde es dauern,
bis auch
die Marken der Tazawa-Serie gefälscht würden?
Fieberhaft wurde über Gegenmaßnahmen
nachgedacht. Am
Design gab es nicht viel zu verbessern, das mochte noch so fein
ziseliert sein, inzwischen konnte so etwas von Profis leicht
reproduziert werden. Die Beratungen im Ministerium führten zur
Ausgabe der zweiten Tazawa-Serie am 20. Mai 1914, nur knapp
sieben Monate nach den Marken der ersten Serie. Als Maßnahme
gegen Fälschungen hatte die Post ein neues Papier herstellen
lassen, das ein deutlich sichtbares Wasserzeichen aufwies und
zusätzlich farbige Fasern enthielt, die auch auf der
Vorderseite
der Briefmarken sichtbar waren. Alle elf Marken der Tazawa-Serie wurden
nur noch auf diesem neuartigen Wertzeichenpapier gedruckt; die
wasserzeichenlose Tazawa-Serie I
auf weißem Papier durfte nur noch aufgebraucht werden. Ebenso
kamen alle Militärpost-
und IJPO-Aufdrucke nun auch auf der Tazawa-Serie II in Verkehr.
Marken
der Serie Tazawa II mit weißem Bogenrand, auf dem die
Papierfasern und schemenhaft das Wasserzeichen sichtbar sind.
Links
normale Serie, Mitte mit IJPO-Aufdruck für China, rechts
Aufdruck für Militärpost
Das Wasserzeichen ist
gegen das Licht am besten zu erkennen, die Fasern im Papier unter der
Lupe oder in Vergrößerung
Tazawa II unterscheidet sich von Tazawa I nur durch das andere,
neuartige Papier und das Wasserzeichen; die Marken sehen
äußerlich gleich aus.
Auch Markenheftchen kamen sowohl mit Marken aus
Tazawa I als auch aus Tazawa II an die Schalter, und zwar wie
bei
den Kikumon-Marken mit eingehefteten Bogenmarken, aber später
wurden bei Tazawa II die Heftblätter der Nominalen 1½
sen und 3 sen in
Einheiten zu sechs Marken extra hergestellt, und zwar an den
Außenrändern ungezähnt.
Markenheftblätter
Tazawa I (jeweils links) und Tazawa II mit ungezähnten
Außenrändern (jeweils rechts)
Am 16. August 1919 fügte die Post der Serie Tazawa II weitere
vier Wertstufen (6
sen, 8 sen, 30 sen, 50 sen), und am 15.September 1925 noch einen
letzten
Ergänzungswert zu 13 sen hinzu. Tazawa II war damit
komplett. Für die beiden Ergänzungswerte mit der
höchsten Nominale fand das Design
der 1 yen Marke Verwendung, allerdings einfarbig gedruckt.
Auf dem neuen Sicherheitspapier mit Wasserzeichen wurden nicht nur die
Tazawa-Serie, sondern auch die hohen Werte der Jingu Kogo
Marken
gedruckt, und auch diese erhielten den IJPO-Aufdruck, wenn auch mit
einem etwas geringeren Abstand der Schriftzeichen als bei den ersten
Jingu Kogo Marken.
Die Jingu Kogo Marken
mit Wasserzeichen und auf Faserpapier haben einen anderen
SPECIMEN-Aufdruck als die erste Ausgabe
Antrag auf einen
Telefonanschluss; Antragsgebühr mit Jingu Kogo Marke,
Steuerbetrag mit Steuermarke dokumentiert;
Marke mit Stempel Kyoto
GPO, 26.Mai 1923, Telefonamt
Marke
mit Wasserzeichen und auf Faserpapier, IJPO-Aufdruck,
postalisch gebraucht,
Lateinstempel CHEFOO (Yantai)
Man kann sich unschwer vorstellen, dass
die
Marken der Serie Tazawa I, die nur gut ein halbes Jahr in Gebrauch war,
in guter Qualität und mit lesbaren Stempeln durchaus nicht
leicht zu
finden sind. Vor allem gut erhaltene, ungebrauchte Stücke
sowie die weniger häufig gebrauchten hohen Werte und die
Marken
mit den Aufdrucken bringen es auf teilweise beachtliche Katalogpreise.
Fälschungsversuche zum Schaden der Post hat es keine mehr
gegeben,
was aber wohl weniger an den Sicherheitsmaßnahmen der Post
lag
als an den hohen Kosten, die für die Produktion wirklich guter
Imitationen anfallen.
Tazawa II blieb nun für lange Zeit die Dauerserie, die im
Alltag
postalisch verwendet wurde, konnte aber aus unterschiedlichen
Gründen kein so beschauliches Dasein führen wie die
ausgesprochen "ruhige" Kikumon-Serie.
37 Erste Sondermarken der
Taisho-Zeit
Zur
Inthronisation des Taisho Tenno kam seit langer Zeit wieder einmal
eine Serie Gedenkmarken zum Verkauf, und ein Sonderstempel wurde dazu
offeriert. Man hatte sich hierzu etwas einfallen lassen: Die Serie, die
ab dem 10.November 1915 verkauft wurde, bestand aus vier Briefmarken in
drei unterschiedlichen Zeichnungen, zwei verschiedenen Druckmethoden
und zwei verschiedenen Formaten; die kleinformatigen Marken waren
zweifarbig gedruckt, was auch den technischen Fortschritt der
Taisho-Zeit unter Beweis stellte. Eine Neuerung der Taisho-Ära
war der geänderte Landesname: Anstelle des "Kaiserreichs
Großjapan" hieß es jetzt schlicht "Japanische
Post", aber
nur auf Sonderausgaben, die auch für den Verkehr ins
Ausland
zugelassen waren; bei den Dauermarken und Sondermarken für die
Verwendung innerhalb des Reichs blieb es vorerst noch bei der
großjapanischen Version.
Sondermarken
mit Specimen-Audruck im zweifarbigen Buchdruck, Kleinformat
für die niedrigen Werte.
Die Marke zu 1½ sen zeigt den Krönungs-Ranghut, die
Marke zu 3 sen zeigt den Thron des Tenno
Die
hohen Werte sind im einfarbigen Stichtiefdruck und Großformat
hergestellt;
sie zeigen die Zeremonie in der Shishinden-Halle im Kaiserpalast und
einen Bogenschützen in traditioneller Hoftracht mit
Ranghut
Die
Auflagen
aller Wertstufen, auch der
hohen Nominalen, bewegten sich
zwischen 2,2 und 2,7 Millionen Stück, was noch immer weit
über dem Bedarf lag und dazu führte, dass die
Postämter
unverkaufte Restbestände auch im Innendienst fiskalisch
verwendeten, obwohl es inzwischen auch in Japan so viele
Briefmarkensammler gab, dass sich 1914 der erste reichsweite
Philatelisten-Dachverband konstituiert hatte.
Fiskalische Verwendung,
erkennbar an den Stempeln mit japanischen Silbenzeichen im unteren
Segment;
links Kobe 12.November 1915,
rechts Gifu 13.November 1915
Da die Sondermarken im gesamten Reich einschließlich der
besetzten Gebiete verwendet wurden, lassen sich mancherlei Stempel auf
dieser Serie dokumentieren.
links:
Kammgitter-Inlandsstempel Yokohama 7.Januar 1916, rechts: der neue
Rollstempel, verwendet in Aomori
links:
Kammgitter-Lateinstempel CANTON (Guangzhou) IJPO 10.Dez.1915;
rechts: Moka (Cholmsk), Sachalin, 15.August 1916
Ein Jahr später wurde der älteste Sohn des Tenno,
Prinz
Hirohito, zum Kronprinzen ernannt, und wieder gab es eine
Sonderausgabe, die aber nur aus drei Marken bestand, was den
Rangunterschied
zwischen Tenno und Kronprinz verdeutlicht.
Am 3. November 1916 erschienen die Marken, alle im zwei-, die
niedrigste Wertstufe sogar im dreifarbigen
Buchdruck; der Wert zu 10 sen sieht zwar einfarbig aus, aber es sind
zwei unterschiedliche Blautöne, ultramarin und dunkelgraublau,
verwendet worden. Die beiden niedrigen Werte zeigen das Wappen des
Kronprinzen, eine stilisierte Mandarinente, der Höchstwert
zeigt
die Krone, ohne die ein Kronprinz schließlich nur ein
gewöhnlicher Prinz wäre. Alle drei Sondermarken sind,
im
Gegensatz zu der vorigen Sonderausgabe, strikt in den UPU-Farben
gehalten: Grün für Portosatz Postkarte, Rot
für
Portosatz Brief, und Blau für Portosatz Ausland.
Diesmal
keine Specimen, sondern die wirklich verausgabten Marken in
Viererblocks
Aus der Auflagenmenge der vorigen Ausgabe, die zur Zeit dieser
Sondermarken noch immer nicht ausverkauft war, zog man die Konsequenz,
die
Auflage des Höchstwertes drastisch zu reduzieren; es wurden
nur 86
000 Stück gedruckt, das ist weniger als 3% der Auflage der
vorigen
Ausgabe. Die
Post war wieder einmal am Experimentieren und fiel von einem Extrem ins
andere. Mit
der Folge, dass diese Marke sofort ausverkauft war und heute mit
einem Katalogpreis von 1400 € für ein ungebrauchtes
Exemplar
die teuerste je verausgabte japanische Sondermarke ist.
Als die Mehrzahl der Sammler, an riesige Auflagen gewöhnt,
gegen
Mittag oder Nachmittag zum Postamt schlenderte, waren nur noch die
beiden niedrigen Werte erhältlich. In Shanghai hatten die
ansässigen
Japaner mehr Glück; die zugeteilte Anzahl reichte offenbar
für die Sammlerschaft gerade noch aus, um auch auf die blaue
Marke den
Sonderstempel placieren zu lassen.
Auf
diesen Marken finden sich, besonders bei der 10 sen Marke,
Sonderstempel von Shanghai besonders oft
Auch nach Korea gelangte ein ausreichendes Kontingent. Koreaner
boykottierten mehrheitlich Briefmarken, die das japanische Kaisertum
verherrlichen,
und Sammler waren unter den in Korea tätigen Japanern nicht so
viele, dass alle Marken sofort ausverkauft gewesen wären. Da
niemand ahnte, wie wertvoll die Marke zu 10 sen einmal werden sollte,
wurde sie vor allem in den besetzten Gebieten auch zur Frankatur
verwendet, während postalische Verwendungen dieser Marke im
Kernland Japan ausgesprochen selten sind. Wer sie auf einem echt
gelaufenen Auslandsbrief portogerecht frankiert findet, kann sich so
glücklich schätzen, als hätte er einen von
Picasso
bekritzelten Bierdeckel gefunden.
Postalisch
gebrauchte Marken - 1½
sen Kammgiterstempel Funaba 2.August 1919, 3 sen fiskalischer Stempel
aus Wushigang / Taiwan von 1916,
und 10 sen postalischer Stempel Odomari (Korsakov) / Sachalin
Ein
Brief aus Seoul (KEIJO) in die Vereinigten Staaten vereinigt
portogerecht Sondermarken beider Ausgaben
38 Japan im 1.Weltkrieg
Als
in
Europa der 1.Weltkrieg begann, erblickte Japan darin eine
Gelegenheit, die eigenen Ambitionen voranzubringen, obwohl es
für die Geschehnisse in Europa wenig Interesse hatte. Japans
Verhältnis zu den west- und mitteleuropäischen
Nationen war
lange gut gewesen; von Preußen hat Japan viel gelernt,
Deutschlands Medizin wurde gerühmt, die Wissenschaften
bewundert.
Erst als sich Deutschland nach Japans Sieg im Krieg gegen China mit
dafür einsetzte, dass Japan die Liaodong-Halbinsel wieder
herausrücken
sollte, bekam das Deutschlandbild im japanischen Reich einen Knacks.
Die
überhebliche Haltung, die der Rassist Kaiser Wilhelm und seine
undiplomatischen Diplomaten gegenüber Japan einnahmen, das sie
mit
dem gedemütigten China auf einer Stufe sahen, trug nicht zur
Verbesserung der Beziehungen bei. So ergriff Japan die Gelegenheit des
Kriegsausbruchs, um seinerseits dem Deutschen Reich am 23.August 1914
den Krieg zu erklären. Gewiss hatte Japan nicht vor, Berlin zu
erobern, und Japaner waren und blieben den Deutschen eher
freundlich gesinnt, aber hier bot sich die Chance, die deutschen
Rivalen aus
Qingdao (Tsingtau), Hauptstadt der deutschen Kolonie "Kiautschou", zu
vertreiben,
wo Japan ebenfalls Handelsniederlassungen und ein IJPO besaß.
Nach
kurzer Belagerung von Qingdao
die Deutschen zu
überrennen,
deren militärische Ressourcen auf die Kämpfe
in Europa konzentriert waren, war für die
gewaltige japanische Übermacht mit wenig Mühe
verbunden, und dass Wilhelm auf "die Japse" und die "gelbe
Gefahr" in Asien schimpfte, störte Japan wenig, denn nach Ende
des
Weltkriegs fielen auch noch die pazifischen deutschen Kolonien, die
Marianen, Karolinen und Marschall-Inseln (außer Guam), als
Kriegsbeute an Japan, das erneut eine europäische Macht in die
Knie gezwungen hatte.
Anders als Qingdao,
das auch nach der Vertreibung der Deutschen nicht mehr als ein
Militärstützpunkt mit IJPO blieb,
wurden
die pazifischen Inseln dem
Reich ratzfatz einverleibt; die Einwohner hatten Japanisch zu lernen
und mussten ihre Post mit japanischen Briefmarken frankieren. Die
ersten Marken mit Stempeln pazifischer Inselnamen sind in der Serie
Tazawa II zu finden.
Japanischer
Inlandsstempel mit Ortsnamen Saipan (Marianen) auf 25 sen Tazawa II
Die in Qingdao gefangenen 4700 deutschen (und
österreichischen) Soldaten
wurden in Gefangenenlagern an
verschiedenen Orten im Reich interniert. In Japan ansässige
"feindliche
Ausländer" wurden zwar nicht interniert, hatten aber ihre
geschäftlichen Tätigkeiten einzustellen. Bekannt sind
vor
allem die
größten Lager Bando (auf
der Insel Shikoku) und Narashino
(nahe Tokyo). Beide Lager wurden streng nach den
Richtlinien des Roten
Kreuzes
geführt, es ging dort relativ locker und oft durchaus fidel
zu. Viele Gefangene
fühlten sich wie in einem Feriencamp, kostenlose
Gefangenenpost in
die Heimat inclusive. Solche
Belege sind nicht allzu selten und werden auch in Deutschland gern
gesammelt.
Gebührenfreie
Kriegsgefangenenpost aus dem Lager Bando nach Berlin, Stempel Tokushima
/ Bando 13.Januar 1919
Einem in der Nähe von Kurume auf Kyushu internierten
Gefangenen,
der Briefmarken sammelte, war es offenkundig möglich,
sich auf dem Postamt die neu erschienenen Sondermarken
besorgen zu
lassen. Den Ersttagstermin verpasste er zwar, aber den Sonderstempel
gab es noch, und die Karte wurde, mit einem kompletten Satz der Ausgabe
zur Inthronisierung des Tenno stark überfrankiert, an der
Lagerzensur vorbei auf dem normalen Postweg als Gruß an die
in
Qingdao zurückgebliebene Gattin verschickt.
Heillos überfrankierte
Karte nach Qingdao, Sonderstempel von Kurume, 14.November 1915
Das Gefangenenlager Bando ist in Japan wegen zweier Begebenheiten
berühmt
geworden. Die dortige Bevölkerung hegte offenkundige
Sympathie für die deutschen Gefangenen; das Lager war
für
Besucher zugänglich, und die Deutschen
machten sich mit Einladungen zu deutschem Essen, Kaffee und Kuchen, mit
Bäckereien und Cafés, die auch für
japanische
Kundschaft offen waren,
mit Kegelabenden, Fußballspielen und
Sportwettkämpfen sowie
mit Kunstausstellungen und kostenlosen Konzerten des
Lagerorchesters beliebt. Unvergessen ist bis heute, dass am 1. Juni
1918 dort zum ersten Mal auf japanischem Boden Beethovens
9.Sinfonie aufgeführt wurde, die seitdem in ganz
Japan das
populärste Werk klassischer Musik schlechthin ist; es wird
auch
jetzt noch alljährlich
in ganz Japan tausendfach zum Jahresausklang aufgeführt.
Lagerorchester musizierten auch in den Gefangenenlagern von Naruto und
Narashino.
Lagerorchester von
Bando bei einer Probe
Zum andern organisierten die Insassen des Lagers eine funktionierende
Lagerpost, produzierten mit
einer schlichten
Vervielfältigungsmaschine handgemalte
"Briefmarken" im Vierfarbdruck (!) und stellten innerhalb des
weitläufigen Lagers eine Art von Lokalpost auf die Beine.
Diese
Briefmarken werden heute von Spezialisten gesammelt und gelten als
"Privatpost", sind in jedem japanischen Briefmarkenkatalog verzeichnet
und werden auf Auktionen gehandelt, obwohl es sich im Prinzip um nicht
mehr als eine Spielerei gelangweilter Lagerinsassen handelte, die
freilich perfekt deutsch organisiert war.
Die
anspruchslos gemalten und vervielfältigten
Marken
der "Lagerpost Bando", und der Stempel war ebenso primitiv
Eine nicht unerhebliche Anzahl einstiger Lagerinsassen blieb auch nach
Kriegsende und Freilassung in Japan, und zwar nicht alle nur deswegen,
weil das Lagerleben so vergnüglich war; auch manche junge
Kimono-Schönheit aus den umliegenden Dörfern trug
wohl dazu
bei, dass die ferne Heimat bisweilen in Vergessenheit geriet.
39 Stempelmaschinen und
Maschinenstempel
Wie
an anderer Stelle bereits gesagt, erforderte die Masse der aufgegebenen
Postsendungen ein gewisses Maß an Rationalisierung. Zur
Bearbeitung der Sendungen waren Rollstempel inzwischen schon
überall im Einsatz, aber Stempelmaschinen sind nun doch
eine heiklere
Sache, denn man
wollte nationalstolz keine Maschinen aus dem Ausland importieren,
sondern unbedingt ein einheimisches Produkt einsetzen. Nach den ersten
Experimenten um 1901, die vermutlich als vollkommen untauglich
abgebrochen worden waren, begann ab 1914
eine Serie ernsthafter Tests. Die ersten Maschinen diverser
einheimischer Anbieter, die zum Teil auch Rundstempel
ohne Linien oder Wellenlinien druckten, wurden in ausgewählten
Ämtern
getestet, aber keine der Maschinen, ob Hayashi, Shodai oder
Hirakawa,
genügte den Anforderungen des postalischen Alltags, so dass
die
Tests
sich ergebnislos bis 1918 hinzogen. 1919
kam schließlich die
einzige Maschine fest zum Einsatz, die alle Tests bestanden hatte: Aus
den USA importiert, ein Produkt der Firma Universal.
oben:
waagerechter Maschinenstempel der Firma Universal,
rechts:
senkrechter Stempel der japanischen Firma Karakusa,
beide
mit Ortsnamen Tokyo GPO, gleiches Datum 1.1.1921
|
|
Die japanischen Maschinenbauer gaben sich noch nicht ganz geschlagen,
sondern schraubten an ihren Modellen weiter herum. Ab 1925
kam ein
Produkt der Firma Hirakawa an 34 Postämtern probeweise
zum
Einsatz, das sich jedoch allenfalls
für Postkarten im normierten Format als tauglich erwies und
schließlich, bis ca. 1935, nur noch zum Entwerten von
Neujahrskarten verwendet wurde.
für
Neujahrskarten
brauchbar: Maschinenstempel japanischer Machart
der Firma Hirakawa, Postamt Waseda, Neujahr 1930
Schließlich schlug man den asiatischen
Weg ein, das amerikanische Modell in Japan sofort
nachzubauen; China eignet sich
heutzutage westliche Technologien
auf die gleiche Art an. Wie die damaligen amerikanischen
Stempelmaschinen druckte das Universal-Gerät lange
waagerechte Wellenlinien aus, an deren östlichen Ende der
runde
Orts- und Datumsstempel stand. Die japanischen Nachbauten der Firma
Karakusa trugen der Tatsache Rechnung, dass japanische Briefe und
Postkarten kein Quer-, sondern Hochformat haben, und
stellten den Datumsstempel ans untere Ende der sieben (ab 1921 sechs)
Wellenlinien. Dies hat für Sammler die unpraktische
Konsequenz, dass der runde Stempel nur dann auf eine Marke trifft, wenn
mehr als zwei Marken in senkrechter Reihe aufgeklebt sind, was
äußerst selten vorkommt. So lassen sich zwar
gestempelte
Marken mit den Wellenlinien von Stempelmaschinen leicht finden, die
aber keine Aussage zu Ort und Zeit der Verwendung geben.
links: nichts aussagende
Wellenlinien eines Maschinenstempels,
rechts: zufällig voll auf die Marke gelangter Orts- und
Datumsteil eines Maschinenstempels in Lateinschrift,
Tokyo 1.Juni 1931 auf Tazawa II
Die Lateinschrift-Maschinenstempel waren
selbstredend waagerecht konzipiert, weshalb die 1 sen Marke auf
dem obigen Abbild nicht in
normaler Position aufgeklebt worden sein kann, weil sie den Orts- und
Datumsstempel seitwärts trägt.
Die alten Nachgebührstempel existierten anfangs noch, wurden
aber
nicht mehr auf der Marke, sondern auf dem Brief abgeschlagen. Die
Nachgebührmarken wurden in das Nachgebührheft im
Postamt
eingeklebt und postalisch entwertet; diese Praxis wurde bis in die
1990er Jahre beibehalten. Heute gehen unter- oder unfrankierte
Sendungen, mit einem angehängten Klebezettel versehen, an den
Absender zurück. Auf dem Klebezettel ist der
nachzufrankierende
Betrag verzeichnet und eine Fläche zum Aufkleben der
Briefmarken
vorgesehen. Solche nachfrankierten Sendungen kann man in den
Briefkasten einwerfen; Strafporto wird nicht mehr erhoben.
|
|
|
nicht auf der Marke
abgeschlagener Nachgebührstempel
(Mukden (Shenyang) 28.11.1915) |
|
3 sen Briefporto plus 3 sen
Strafporto wurden
für einen unfankierten Brief nacherhoben
und im Gebührenheft entwertet (Sarugakyo/Gunma
8.10.1914) |
40 Friedensschluss
und Luftpost
Der
Friedensvertrag von Versailles vom 28. Juni 1919 trug
auch Japans
Unterschrift. Kein anderes der kriegführenden Länder
gelangte mit
so geringen Verlusten und so wenig Mühe an so viele neue
Territorien. Das großjapanische Reich erstreckte sich nun
von Südsachalin bis nach Palau und umfasste Korea und
Taiwan,
und kaum ein Japaner zweifelte an der Genialität seiner
Politiker
und Militärs, die Japan als die einzige zivilisierte Nation
Asiens
betrachteten, ebenbürtig mit den westlichen Mächten.
Den
Krieg kannte die japanische Bevölkerung nur aus der Zeitung;
im
Reich ging das Leben weiter, und der vorteilhafte Friedensschluss 1919
wurde im ganzen Reich gefeiert. Auch eine Sonderbriefmarkenserie zu
diesem Anlass gelangte am 1. Juli zum Verkauf, knapp drei Jahre nach
der
vorigen Ausgabe zur Ernennung des Kronprinzen.
Alle vier Werte des Satzes sind in einfarbigem Stichtiefdruck gefertigt
und zeigen symbolische Olivenzweige und Friedenstaube. Die Grafiker des
nationalstolzen Reichs waren sich möglicherweise nicht
darüber im Klaren, dass beide Symbole biblischen Ursprungs
sind.
Die Auflagen sind wieder ins andere Extrem gerutscht:
Über
11 Millionen für 1½ und 3 sen, 2,1 Millionen
für 4 sen
und immer noch 1,8 Millionen für die 10 sen Marke,
das war
ausreichend, um sich mit den niedrigen Werten die
Wände
zu tapezieren. Kein Wunder, dass nicht nur Sammler ihre Post mit diesen
Sondermarken frankierten, sondern auch Kinofreunde ihre Fanpost nach
Hollywood.
Fanpost
eines Herrn Takagi an die US-Filmschauspielerin Mary Pickford, 6.Juli
1919 - auf dem Foto zusammen mit Charlie Chaplin
Auch kam es jetzt öfter vor, dass in
den großen Städten, wo die neuen Stempelmaschinen
nun dauerhaft im
Einsatz waren, die einfach zu bearbeitenden Postkarten im
UPU-Standardformat alle unbesehen durch die Maschine gedreht wurden,
weshalb die Postler erst später, als sie bemerkten, dass die
Karte ins Ausland gehen sollte, noch
schnell nachträglich einen lateinschriftlichen Handstempel
anbrachten –
neben der bereits gestempelten Marke.
Inlandsmaschinenstempel,
versehentlich auf Auslandspost angebracht, (Osaka-)
Funaba 24.November
1921;
zusätzlicher Lateinstempel OSAKA gleiches Datum
Noch ein Ereignis des Jahres 1919 zog eine Briefmarkenausgabe nach sich.
Im 1.Weltkrieg waren schon, zum Glück nur sporadisch,
Flugzeuge
und Luftschiffe militärisch zu Einsatz gekommen. Vor allem
Deutschland bastelte schon länger an den fliegenden Zigarren
des
Grafen von Zeppelin, und Japan konnte auf diesem Gebiet vorerst noch
nicht mithalten. Während des Krieges schraubten
deshalb auch japanische Ingenieure mit Hochdruck an
Fluggerätschaft herum, und 1919 war man so weit, die ersten
Doppeldecker in die Luft zu bekommen. Es war zwar kein Geheimnis, dass
diese Bemühungen überwiegend dem Aufbau einer
Luftwaffe
dienten, aber zu Test- und Übungszwecken war es durchaus
willkommen, dass Flieger auch für die Postbeförderung
in
Betracht kamen. Großjapan war mit seinen pazifischen
Inseln,
den Karolinen, Marianen und Marschalls, so ausgedehnt, dass sich
für die Beförderung eines eiligen Briefes von einem
IJPO in
Qingdao nach Saipan oder Jaluit die Luftpost geradezu
aufdrängte.
Mit großem publizistischem Tamtam wurde 1919 im Reich die
Ära der Luftpost angekündigt. Bevor ein
regulärer
Luftpostdienst aufgenommen werden konnte, musste freilich
noch ein wenig experimentiert werden, zu Recht, wie sich zeigen
sollte. Zu dem "ersten experimentellen
Postflug" zwischen Tokyo und Osaka (in
beiden Richtungen), der für
den 4. Oktober geplant war,
wurden nicht nur Gedenkpostkarten gedruckt und ein
Sonderstempel aufgelegt, sondern auch die Dauermarken zu 1½
sen
und 3 sen (Inlandsporto für Postkarte bzw. Brief) der
Dauerserie Tazawa II wurden in einer
kleinen Auflage (1½
sen: 50000 Stück, 3 sen: 30000 Stück)
mit der Silhouette eines Flugzeugs überdruckt; der Aufdruck
auf
die blaue Marke erfolgte in Rot, der auf die rote Marke in Indigo.
Überdruckmarken
für den Postflug, rechts 3 sen in Großansicht
Diese Aufdruckmarken kamen am 3. Oktober zum Postverkauf und waren
ausschließlich zur Frankatur von Briefen und Karten dieses
Postflugs zugelassen; überdies verloren sie mit Ablauf des
Monats
ihre Gültigkeit. Dies klingt strenger als es in Wirklichkeit
gehandhabt wurde. Die Marken wurden nämlich auch am Ersttag
schon
mit
Sonderstempeln entwertet, und der Sonderstempel war, ebenso wie die
überdruckten Marken, an 37 Postämtern im Raum Tokyo
und Osaka
erhältlich. Abgestempelt wurden die mit den Aufdruckmarken
beklebten Belege auch dann, wenn der Sammler seine Stücke
unadressiert wieder mitnahm und keineswegs dem Flieger anvertrauen
wollte. Daran tat er gut, denn die tatsächlich zum Versand
nach
Osaka bestimmte Post blieb noch lange in Tokyo liegen. Am 4. Oktober,
dem Tag, an dem der erste Flug starten sollte, blieb der Flieger wegen
schlechten Wetters am Boden, und ein weiterer Versuch wenige Tage
später scheiterte wegen
Motorschadens. Als die ersten Postsäcke an Bord
tatsächlich
in Richtung Osaka abhoben, schrieb man den 22. Oktober. Mit der
Bahnpost
wäre zu diesem Zeitpunkt bereits die Antwort des
Empfängers
beim Absender eingetroffen.
Auf
Gedenkkarten geklebte und
mit Sonderstempel entwertete Aufdruckmarken,
links:
Tokyo 20.10.1919, rechts Osaka 6.10.1919
Hier soll nicht unerwähnt bleiben, dass es keineswegs
vorgeschrieben war, die Sendungen dieses Fluges nur mit den
Aufdruckmarken zu frankieren; es gibt auch Belege, die mit
normalen Dauer- oder Sondermarken frankiert, mit dem Sonderstempel
entwertet und tatsächlich mit dem Flieger befördert
worden
sind.
Mit
normaler Dauermarke frankierter, mit Sonderstempel Tokyo 4.10.1919
entwerteter Brief.
Links unten handschriftlich in Rot "Flugpost", darüber roter
Stempel "Flug fällt aus wegen Schadens"
Die wenigsten Gedenkkarten mit den Aufdruckmarken, die man heute
antrifft, waren je an Bord des Postfliegers; sie tragen Ersttagsstempel
oder Sonderstempel vom Tag des vorgesehenen, aber ausgefallenen
Probefluges oder eines sonstigen Tages, an denen der Doppeldecker im
Hangar stand. Die Sammler wurden unruhig, denn die Marken wurden am
Monatsende ungültig, und keiner wusste, ob der Flieger
tatsächlich je in die Luft gehen würde.
Auch die Postbeamten sahen nicht ein, dass sie ungültig
werdende
Marken nicht doch irgendwie verbrauchen sollten. Die wenigen
unverkauften
Restbestände wurden nicht vernichtet, sondern im Innendienst
verbraucht; es sind extrem selten zu findende Stücke, die mit
schwarzem, fiskalischem Tagesstempel und nicht mit Sonderstempeln
entwertet wurden.
Mit
Sonderstempel und mit fiskalischem Tagesstempel von Yokohama entwertete
Einzelmarken
Für
den nicht spezialisiserten Sammler sollte aber als Richtlinie gelten,
dass gebrauchte Marken
nur mit Abdrücken des Sonderstempels echt sind. Wegen der
kleinen
Auflage sind diese Marken heute sehr wertvoll, und Gauner in aller Welt
versuchen, mit falschen Aufdrucken echtes Geld zu verdienen.
Zum Glück für die fortgeschrittenen Sammler verstehen
die
Gauner nicht viel von Briefmarken, überdrucken auch Tazawa I
oder
Tazawa III mit schiefen Fliegern, denen man die Bruchlandung schon im
Voraus ansieht, haben aber bei unbedarften Sammlern manchmal ein zu
leichtes Spiel, weshalb man von allen
gebrauchten Aufdruckmarken ohne Sonderstempel unbedingt die Finger
lassen sollte –
von den Sonderstempeln sind bisher nur sehr primitive
Fälschungen bekannt worden.
Zehn Jahre nach dem hindernisreichen Flugpost-Experiment vom Oktober
1919 nahm
man den
regulären Luftpostdienst zwischen Dalian (Port Arthur) in der
Mandschurei,
Seoul und Tokyo auf
und weitete ihn bald auch aufs gesamte Reich aus.
41 Seepost und Paquebot-Stempel
Vorerst
lief es mit der internationalen Post per See noch
zuverlässiger
und sicherer. Schiffe aus aller Welt frequentierten den Hafen von
Yokohama, und viele von ihnen waren modernster Bauart und Ausstattung.
Auch die berühmte Titanic ging auf ihrer Jungfernfahrt just in
diesen Jahren unter, genauer gesagt, im April 1912. Alle diese
hochmodernen Überseedampfer verfügten nicht nur
über
Entertainment, Bordorchester und Restauration, sondern auch
über
ein Bordpostamt, auf dem man Postkarten und Briefmarken einkaufen
konnte und von unterwegs Grüße an die Lieben daheim
versenden konnte. Wie wurde es gehandhabt, wenn ein Schiff von
Marseille nach Yokohama fuhr und ein Passagier auf dem Weg nach
Shanghai zwischen Kairo und Colombo eine Karte in die Heimat schicken
wollte? Welchen Stempel bekam die Sendung? Welche Marken wurden
verwendet? Wie wurde die Sendung befördert?
Nachmittagstee
an Bord eines Dampfers der N.Y.K. Linie (an Bord verkaufte
Ansichtskarte)
Hierzu hatte die UPU Richtlinien für den internationalen
Schiffsverkehr erlassen. Die Sendungen wurden mit Briefmarken entweder
der Heimat des Schiffs oder des Ankunftshafens frankiert. Auf dem
Schiff von Marseille nach Yokohama also entweder mit
französischen
oder mit japanischen Marken. Weil Briten und Franzosen entlang des
Weges
etliche eigene Postagenturen in ihren Kolonien besaßen, wurde
die
im Schiff aufgegebene Postsendung, wenn sie mit französischen
Marken frankiert war, von der Postcrew des Dampfers auf dem
nächsten französischen Postamt, in unserem Fall also
in
Indochina (Saigon), das bei einem Zwischenhalt erreicht wurde,
abgeliefert und von dort aus nach Frankreich befördert. Ein
britischer Dampfer würde Mumbai oder Colombo anlaufen, ein
niederländisches Linienschiff würde in Batavia
(Jakarta)
landen und die Post ausladen. Wer keine Kolonien besaß, hatte
jedoch meist noch eine Konzession in Shanghai, dem letzten Stop vor
Yokohama. Von Shanghai aus ging die meiste Schiffspost in die Heimat.
Auch Post nach Japan auf der Fahrt nach Marseille wurde auf demselben
Weg nach Japan versandt.
Als Stempel kam an Bord kein Ortsstempel in Frage; die UPU empfahl das
Wort PAQUEBOT im Stempel, aber Form, Design und sonstige Angaben waren
den Reedereien freigestellt.
Paquebot-Stempel
um 1915 auf der Strecke Shanghai - Osaka;
die Karte wurde im angelaufenen Hafen von Hongkong durch die britische
Post nach Osaka weiterbefördert.
Leider ist das Datum des Hongkong-Stempels unleserlich
In Japan wurden zunächst sogenannte Paquebot-Stempel
verwendet,
die keine Auskunft über die Strecke oder den Namen des
Schiffes
gaben. Aus der an Bord verkauften Postkarte ist der Name der Reederei
zu ersehen; die N.Y.K. Linie steht für Nippon Yusen Kaisha
(Japanische Postschiff Reederei), die seit 1885 besteht und heute als
eine der größten Transport- und Logistikfirmen der
Welt auch
in Deutschland vertreten ist. Seit 1910 sind auch Schiffspoststempel
mit dem Namen des Postdampfers und der Inschrift I.J. SEA POST (Intl.
Japanese Sea Post) in Gebrauch.
Schiffpoststempel
auf Tazawa II, von links nach rechts: "PAQUEBOT - POSTED
AT SEA", US-Schiffpoststempel -
japanischer Metallstempel mit Schiffsnamen TENYO-MARU
- chinesischer Schiffspoststempel PAQUEBOT SHANGHAI -
japanischer Gummistempel mit YOKOHAMA-MARU / I.J.SEA POST
Zum Schluss noch eine Übersicht über die Postdampfer,
deren Namen bis zur Taisho-Zeit auf japanischen
Schiffspoststempeln vorkommen; allen Namen ist das Wort MARU zu
ergänzen, das hier fortgelassen ist. Die Schreibweise
entspricht derjenigen der Schiffsstempel: Afurika, Aikoku, Aki,
America, Awa, Chiyo, Fushimi, Gaisen, Hawai, Hinyo, Husimi, Inaba, Iyo,
Kaga, Kotsu, Kashima, Katori, Korea, Miyajima, Nippon, Shidsuoka, Suwa,
Taiyo, Tamba, Tenyo, Yokohama.
42 Sondermarken 1920 bis 1923
Zwei
Ereignisse wurden im Jahr 1920 mit je zwei Sonderbriefmarken
gewürdigt. Am 25. September erschienen zwei Marken mit der
wieder auferstandenen Inschrift "Kaiserreich
Großjapan" anlässlich
des ersten nationalen Zensus, der am 1. Oktober 1920
durchgeführt
wurde. Die Volkszählung ergab eine Bevölkerung von 56
Millionen Einwohnern innerhalb des Reichsgebiets, das Taiwan und
Südsachalin mit einschloss. Korea war nominell ein Protektorat
und
gehörte nicht zum Reichsgebiet.
Sonderausgabe
zur ersten japanischen Volkszählung....
Die im Buchdruck einfarbig ausgeführten Marken zeigen einen
altchinesischen Zensor, obwohl die Volkszählungen in den
Vereinigten Staaten Vorbild für Japans ersten Zensus waren.
Die
Auflagen der beiden Werte für Postkarte und Brief, deren
Nennwertangabe in arabischen Ziffern im äußersten
Eck unten
rechts nur winzig klein ausfiel, lag für beide Marken um 5,5
Millionen Stück.
....und
der dazugehörige Sonderstempel
Diese Marken, so verkündete das Kommunikationsministerium bei
der
Ausgabe, seien nur für Inlandspost
(einschließlich Taiwan und IJPOs in China) gültig,
weshalb
Stempel in
Lateinschrift sehr selten sind. Und mit Ablauf des 31. März
1921
wurden sie vollkommen ungültig; Restbestände konnten
gegen
frankaturgültige Briefmarken umgetauscht werden. Dank der
hohen
Auflagen sind sie allerdings niemals zu Raritäten mutiert,
sondern
zu moderaten Preisen leicht zu erhalten.
Noch vor Ablauf des Jahres folgte noch eine weitere Ausgabe, wiederum
zwei Marken in denselben Nennwerten, anlässlich der
Fertigstellung
des Gedenkschreins für den verstorbenen Kaiser Meiji. Mitten
in
Tokyo, in einem weiten Hain, der heute zu einem Wald voller alter
Bäume geworden ist, wurde ein großer, aber
schlichter
Shinto-Schrein errichtet, denn der Nachfahre der Sonnengottheit
Amaterasu war nach seinem Tode selbstverständlich zu einer
shintoistischen Gottheit geworden. Man hat das im Westen oft
dahingehend missverstanden, dass der Kaiser als Gottheit verehrt werde,
aber jeder verstorbene Japaner wird, wenngleich nicht zu einer
shintoistischen Gottheit, so doch zu einem Buddha
im buddhistischen Kosmos promoviert, auch wenn er sein Lebtag
nichts mit Religion am Hut gehabt hat. Dem Glauben ist nichts
unmöglich. Man sollte das jedenfalls nicht so verbissen sehen;
wir
errichten unseren Napoleons und Bismarcks und Lenins ja auch
monumentale Gedenkstätten.
Junge
Kiefern im Hain um den neu errichteten Meiji-Schrein in Tokyo - heute
ist es ein richtiger Wald
Die im Stichtiefdruck hergestellten Marken kamen am 1. November 1920
zum
Verkauf und waren gleichfalls nur für den Gebrauch im Inland
plus
IJPOs in China gültig, nicht aber für den
internationalen
Verkehr, weshalb die Wertangabe nur auf Japanisch erfolgte und der
Landesname als "Kaiserreich
Großjapan" angegeben ist.
Ein zeitliches Limit wurde der Gültigkeit nicht
gesetzt. Die Auflagen lagen bei 5,7 Mio. bzw. 6,2 Mio.
Auch die Souvenirbranche stand schon auf der Matte und hatte bereits am
Ausgabetag Maximumkarten parat, auf denen die Briefmarken abgebildet
waren. Jeweils eine Marke darauf geklebt, mit dem Sonderstempel
entwertet, und fertig war das Souvenir, das den Urenkeln heute beweist,
dass der Urgroßpapa damals mit dabei war.
Zwei
Maximumkarten, die eine vergrößerte Abbildung der
neuen Briefmarken schon am Tag der Ausgabe aufwiesen;
Sonderstempel
Kobe 1.November 1920
Auch das Jahr 1921 brachte zwei neue Sondermarken-Ausgaben.
Zunächst wurde der 50.Jahrestag der modernen japanischen Post
begangen –
so lange war es jetzt schon her, dass die ersten
handgravierten Marken zum Verkauf gekommen waren, die Drachenmarken in
der alten mon-Währung. Am 20. April, auf den Tag genau zum
50.Jubiläum der Ausgabe der Drachenmarke, erschien die
entsprechende Gedenkserie aus vier Marken in zwei Designs, wobei die
kleinformatigen Marken im zweifarbigen Buchdruck, die
großformatigen Marken im Stichtiefdruck produziert wurden.
Die
Landesbezeichnung lautete verständlicherweise nur "Japanische
Post".
Die kleinformatigen Marken zeigen rechts und links der japanischen
Hinomaru-Fahne das alte (links) und das endgültige
Design des japanischen Postsymbols (rechts, vgl. Kap.21) und in
den vier Ecken
stark vereinfacht die ersten japanischen Briefmarken, die vier
Drachenmarken von 1871. Die großformatigen Marken zeigen,
umrankt von
Friedenstaube und Olivenzweig (schon wieder!) den prachtvollen Bau des
Kommunikationsministeriums. Bei den Auflagen gab es wieder einen
Ausrutscher nach unten: Während die beiden niedrigen Nennwerte
wieder auf ca. 5,5 Mio. Stück kamen, wurden von der Marke zu 4
sen
nur 240 000, und von der zu 10 sen nur 100 000 Stück gedruckt,
was
wiederum als sehr knapp gelten kann und heute zu entsprechenden Preisen
führt.
Der Luftpostbrief von Korea nach
Tokyo zeigt,
dass in diesen Jahren der Luftpost-Linienverkehr zwischen den entfernten Regionen
des Reichs in Fahrt kam,
der mit einem schönen Luftpoststempel Incheon 18.August 1927
dokumentiert ist
Die zweite Sondermarkenausgabe hatte wieder das Kaiserhaus zum Thema,
das in diesen Jahren wahrhaftig als das beherrschende Thema japanischer
Sondermarken gelten darf. Kronzprinz Hirohito, der schon seit 1918, als
der amtierende Taisho Tenno endgültig zu öffentlichen
Auftritten unfähig geworden war, an dessen Stelle Japan
repräsentierte, hatte sich als Vorbereitung auf seine
künftigen
Aufgaben als Tenno auf Europareise begeben, natürlich in
Offiziersuniform an Bord eines Schlachtschiffs. Seine sechsmonatige
Tour führte den 20jährigen nach
Großbritannien,
Frankreich, Italien, Belgien und Niederlande; das deutsche
Reich,
das im 1.Weltkrieg einen Teil seiner Kolonien an Japan verloren hatte,
wollte keine japanischen Kriegsschiffe in Cuxhaven sehen und lud ihn
nicht ein. Es war die erste Auslandsreise eines japanischen Kronprinzen
in der japanischen Geschichte.
Die
bildgleichen Marken zeigen den Geleitzug des reisenden Kronprinzen, die
Schlachtschiffe Kashima und Katori
Dass die Sonderbriefmarken nicht die Europareise selbst zum Anlass
nahmen,
sondern seine Rückkehr nach Japan, hat einen verborgenen
Grund.
Hirohito wurde nämlich nach seiner Rückkehr zum
Regenten
ernannt und übte fortan die Amtsgeschäfte des
dementen Tenno
aus. Diese Ernennung zu feiern, wäre ein Affront gegen den
noch
lebenden Tenno gewesen, weshalb die "Rückkehr des Kronprinzen
aus
Europa" als Anlass für die Markenausgabe vorgeschoben wurde.
Die am 3. September 1921 an die Postschalter gelangten Marken waren
unbegrenzt auch für Auslandspost gültig und trugen
daher auch die Inschrift "Japanische Post"; die Auflagen waren je 5
Mio. für die beiden niedrigen, 300 000 bzw. 200 000
Stück
für die beiden hohen Werte –
sie sind wiederum relativ knapp
gehalten, aber ab 200 000 Stück kann der internationale
Sammlerbedarf als gedeckt angesehen werden.
Diese
Marken konnten wieder auf Auslandsbriefen verwendet werden:
Von
Tokyo-Ushigome nach Boston, Massachusetts, 21.Sept. 1921
Das folgende Jahr 1922 verzeichnet keine Sondermarkenausgabe, die
nächste Serie kam erst im Frühjahr 1923 zum Verkauf,
aber nur
in Taiwan und am Sammlerschalter in Tokyo. Anlass war der Besuch des
Kronprinzen Hirohito auf Taiwan. Obwohl nur in Taiwan verkauft,
waren die beiden Werte im gesamten Reich gültig, aber nicht
für Post ins Ausland; trotzdem prangte kein "Kaiserreich
Großjapan", sondern nur die Japanische Post als
Landesbezeichnung im Design.
Marken mit Stempeln in Lateinschrift sind
auf Wunsch von Sammlern mit diesem Stempel entwertete Stücke.
Die Marken zeigen die
Yüshan-Bergkette, das zentrale Gebirge von Taiwan
Die Auflage von je 300 000 Stück ist für
Standard-Nennwerte
für Postkarte und Brief innerhalb des Reiches sehr niedrig
angesetzt; sie war nur auf die Bevölkerung von Taiwan
zugeschnitten, die sich mit dem Kauf von Gedenkmarken im Zusammenhang
mit dem japanischen Kaisertum weniger schwer tat als die Koreaner. Auch
diese Sondermarkenausgabe zeigt die Ziffern der Wertangabe nur
in japanischer Schrift, weil die Marken nicht für
Auslandspost gültig waren.
Sonderstempel
zum gleichen Anlass
Verwendung in Taiwan: links
Tainan
28.7.1923, rechts: Taizhong 4.9.1923
Sondermarken, deren Verwendung auf bestimmte Zeiträume oder
nur
auf Inlandspost beschränkt war, kamen in der Folgezeit nur
noch
selten zum Verkauf. Beschränkungen erwiesen sich als wenig
sinnvoll, und darüberhinaus gerieten die früheren
Einschränkungen in Vergessenheit. Ausländer, die erst
später in Japan eintrafen und zufällig solche
Briefmarken
erwarben oder geschenkt bekamen, verwendeten sie einfach für
die
Frankatur ihrer Post, und die Briefe wurden meist unbeanstandet
bearbeitet, abgestempelt und versandt, weshalb man auch auf solchen
Marken Lateinstempel finden kann, die offenkundig nicht eigens als
Gefälligkeitsstempel
für Sammler
abgeschlagen worden sind.
Lateinstempel
YOKOHAMA aus den 30er Jahren,
lange
nach der Ausgabe vorschriftswidrig für Auslandspost verwendet
43 Dauermarken
für Auslandspost
Sondermarken
gab es keine im Jahr 1922, aber eine saftige Portoerhöhung
für Sendungen ins Ausland. Ab dem 1.Januar wurden alle
Auslandsportosätze verdoppelt: Drucksachen von 2 auf 4 sen,
Postkarten von 4 auf 8 sen, und Briefe von 10 auf 20 sen. Für
diese Portosätze hielt die laufende Dauerserie Tazawa II zwar
Marken bereit, aber im Postministerium hoffte man vielleicht, den
Ärger der ausländischen Kundschaft mit Briefmarken
wettmachen
zu können, die dem damaligen exotistischen Geschmack der
Herren
Ausländer näher kamen. Nicht wenige Besucher waren
wild auf
alles, was nach Kirschblüten, Vollmond, Geisha, Fujiyama und
sonstigen Japanoiserien aussah; bekannt ist der Amerikaner Karl Lewis,
der von 1901 bis 1942 in Yokohama lebte, mit seiner japanischen Frau
ein Fotostudio betrieb und Postkarten verkaufte. Massenhaft
sandte er Briefe in die Heimat, deren Umschläge von ihm
eigenhändig mit Kitschbildchen verziert waren,
die so exotisch aussahen, als wäre in Japan vor 200 Jahren die
Zeit stehen geblieben, obwohl schon längst keine Rikshas mehr
fuhren und die Leute sich westlich kleideten. Er wusste eben, was bei
seinen Landsleuten gut ankam, wie sie Japan sehen wollten.
Typische Karl Lewis Briefe, bunt
verziert und meist mit Sonderstempeln versehen
Auf solche Kundschaft zielte der Entwurf des Hibata Sekko ab, der als
Angestellter des Kommunikationsministeriums die Archive durchforstete
nach posthistorischen Dokumenten und Utensilien und später das
Kommunikationsmuseum gründete. Sein Design vereint in
abgetrennten
Feldern das Chrysanthemum mit dem Mt. Fuji, Schrift- und
Zierbänder mit einem alten Rollbild, das Rehwild darstellt, zu
einer seinerzeit modern anmutenden, wenig verschnörkelten
Briefmarke. Diese Markenserie wird "Mt.Fuji mit Reh" genannt.
|
|
Entwurf für die neue
Serie.... |
....und die drei im Buchdruck
ausgeführten Wertstufen |
Diese neue Serie bestand nur aus drei Werten und sollte keineswegs die
Tazawa-Serie ersetzen. In UPU-Farben gehalten, sollte sie einfach nur
für die Postbeamten schnell als "die Marken für die
Ausländerpost" zur Hand sein, und die Ausländer
sollten sich
daran freuen, ihre Post mit einem schönen Mt.Fuji frankieren
zu
können. Der Gebrauch war in keiner Weise beschränkt;
war
gerade keine Tazawa-Marke zur Hand, konnten diese Marken
selbstverständlich auch im Inland verwendet
werden. Papier und Wasserzeichen sind genau wie bei Tazawa
II.
Nicht nur Karl Lewis nahm die neuen Marken freudig an, sondern auch
sonstige, gewöhnliche Post ins Ausland wurde fortan meist
mit diesen Marken frankiert.
Einschreiben
von Tokyo-Kyobashi nach Düsseldorf-Oberkassel, frankiert mit
2x20 sen der Mt.Fuji Serie 8.12.1922
Einschreiben
von Shogoin nach Graz, bunt gemischte Frankatur mit Sondermarken
längst vergangener Zeit,
die noch immer zu haben waren, vom 17.12.1927; handschriftlich
eingetragene Einschreibnummer und
Lateinschrift-Laufstempel YOKOHAMA 18.12.27