Erinnerst du dich an die Software, die
der Computerfreak Frank früher eingesetzt hatte, wenn er nicht
wusste, welche Teile des Erdenballs er mit seinen Schnorrer-Visiten
molestieren sollte?
Nein, nicht die
"Finger-auf-dem-Globus-Methode", die ist ja überholt und nicht sehr effektiv
gewesen. Sondern ich meine die richtig clevere PC-Software, die ihn
seinerzeit nach Jamaica verschifft hatte. In einer alkoholseligen,
nostalgischen Laune bekam er die wieder in die Finger und wollte
testen, ob so ein steinzeitliches Ding auch auf den Laptops des
21.Jahrhunderts läuft.
Ergebnis: Es lief und lief, wie ein VW Diesel, nur ohne
Abgasmanipulation. So nahtlos kompatibel mit den Träumen der
zukunftsscheuen Automobilindustrie war seinerzeit die Software
noch nicht.
Nur der PC lief nicht so glatt wie gewünscht, er hatte an der
Antiquität gehörig zu kauen. Dabei gab Frank nur wenige
Vorgaben ein für die Suche nach dem idealen Reiseziel. Und zwar
1.
nicht allzu heiß im August,
2. ohne bärtige Assassinen und Bombenbastler,
3. noch nie dagewesen.
Nach
längerem Knarzen und Rechnen kam eine Reaktion. Frank vermutete,
da ploppt jetzt gleich etwas in der Art von Uruguay, Tonga, Nordkorea
oder Bhutan auf den Screen,
aber weit gefehlt.
stand
da in einsamer Größe. Da siehste mal, was sich so eine alte
Software alles ausdenkt, wenn man sie eine Zeitlang meditieren
lässt.
Aber mit Verlaub, ein
Reiseziel ist das eher nicht. Dem Erdkundelehrer kann man mit einem
solchen Ergebnis vielleicht imponieren, aber wer legt sich schon im
Schneesturm an den Strand? Gibt es da überhaupt Hotels, oder
muss man sich ein Iglu bauen und mit rohem Robbenfleisch Zähne und Gesundheit ruinieren?
Nach
einer Woche Grummeln musste Frank aber zugeben, dass der seltsame
Vorschlag des griesgrämigen Computers durchaus einen gewissen Charme
hatte. Nicht nur Frank, der außer auf
der Marsoberfläche eigentlich schon überall gewesen ist,
sondern auch keiner seiner Globetrottel-Kompagnons war je auf dieser
riesigen Eskimo-Insel durch die Schneewehen gestapft, und von
Sprengstoffgürtel-Fanatikern ist da
oben, wo sich die Eisbären balgen, bisher auch noch keine Rede
gewesen. Und dass es dort im August zu heiß würde, steht eher nicht zu befürchten, trotz Ozonlochs und globaler
Erwärmung. Allenfalls tragen die jungen Eskimas ihr Pelzchen ein wenig
kürzer, aber daran hätte unser Frank nichts auszusetzen.
Allmählich fand er Gefallen an der Vorstellung, mit dem Kajak
durchs Treibeis zu paddeln und mit Pinguinen zu poussieren, während
Tokyo, wo er üblicherweise vor sich hinbruffelt, bei 90%
Luftfeuchtigkeit und 37 Grad siedet. Nur - wie kommt man hin, auf die gefrorene Insel? Und
lebend wieder zurück?
Frank machte sich kundig. Es dauerte zwar ein bisschen länger als
sonst, bis er merkte, dass es Pinguine nur auf der
Südhalbkugel unsres Globus,
Eisbären eher in Svalbard und Alaska, und durchaus ansehnliche
Hotels auch in Grønland gibt, und bald wusste er sogar, dass weder Condor noch Ryan Air billige
Direktflüge offerieren. Auch keine
teuren. Gar keine gibt es nämlich.
Aber keine Angst, hinschwimmen muss man nun auch wieder nicht.
Es gibt schließlich Umsteigemöglichkeiten. Freilich gelangt man nur via København
oder Reykjavík zu
den tiefgekühlten Frost-Indianern, und so entschied sich Frank für den Umweg über
Ísland, wo er, ahem, auch noch nicht gewesen ist, und auf dem Weg von Tokyo nach Ísland liegt
bekanntlich zufällig
Berlin, wo Frank einen wichtigen Termin bei der Firma Fassbender & Rausch
am
Gendarmenmarkt hatte. Anschließend stieg Frank in seinem Leichtsinn in einen Flieger von Air Berlin, um sich nach
Ísland
befördern zu lassen. Ja, die fliegen tatsächlich direkt von
Berlin nach Reykjavík. Kein Wunder, dass sie rote Zahlen
schreiben.
Wenn er freilich geahnt hätte, dass die arme
Fluggesellschaft die Begegnung mit dem Schnorrerkönig Frank
Eschersheimer nur um wenige
Wochen überleben würde, hätte er eine andere patriotische Airline
gewählt, aber leider gibt es (noch) keine Air Kirchheimbolanden,
mit der er seinen Beitrag zur Ökonomie seiner Heimatgemeinde
hätte leisten
können, und außerdem ist Frank leider weder sonderlich
patriotisch noch sponsert er notleidende Branchen; er sucht sich
schlicht das billigste Angebot aus,
auch wenn er dann nicht zu halbwegs ziviler Stunde, sondern erst kurz
nach Mitternacht auf der Insel der Elfen und
Trolle aufdotzt.
Nur
um Missverständnissen vorzubeugen: Daran, dass auch der
wundervolle nagelneue
Berliner Airport Berlin-Brandenburg, schon jetzt ein Denkmal deutscher
Planungs- und Ingenieurkunst, seit etlichen Jahren ungenutzt
vor sich hinrottet, ist
Frank nun wirklich nicht schuld. Dieses Wunderwerk hat er noch nicht
betreten, und falls er wieder mal
wegen dringender Termine bei der
oben genannten Firma von Berlin aus in Richtung weite Welt
abheben sollte, wird es wohl
auch in
den kommenden fünf Jahren von Tegel aus sein, da machen wir uns
nichts vor. Das HighTech Museum Berlin-Brandenburg kann er ja immer noch irgendwann mal besichtigen.
Jetzt
bin ich wider meine Absicht in die Berliner Kommunalpolitik hineingerutscht,
während das Eis auf Grønland vor sich hinschmilzt.
Also schnell zum Inhaltsverzeichnis, und los geht's
(Sternchen clicken!):