Afrika für Anfänger
NAMIBIA 2025

luxus


"Es ist wirklich erstaunlich"
, murmelst du sicher gerade. Frank Eschersheimers letzter Reisebericht trägt die Jahreszahl 2017, und seitdem ist auf meiner Website dort, wo Frank mit seinem Reisegebafel Asyl gefunden hat, Funkstille auf allen Kanülen, pardon, Kanälen. Du hast sicherlich gehofft, dass dieser schwatzhafte Globetrottel endlich dem Coronavirus erlegen, im Alzheim vor sich hin altersheimert oder wenigstens einem hungrigen Alligator in den Lagunen des Pantanal als Snack gedient hat und dadurch zumindest einmal im Leben zu etwas von Nutzen gewesen ist, aber da hast du dich zu früh gefreut. Als alter Frank-Kenner müsstest du eigentlich wissen, dass dieser Bursche ungenießbar ist. Und jetzt ist er einfach wieder da, aufgepoppt wie ein Pingpongball in der Kläranlage.
Nein, versehentlich einer richtigen Arbeit nachgegangen ist Frank natürlich auch nicht, das wäre ein grober Verstoß gegen seine Schnorrer-Ehre, und überdies grast er inzwischen auf der Rentierweide, aber ihn überkam auf einmal eine seltsame Lust an der Erkundung von Städten, und da führte er als Hobby-Statist nur akribisch Buch über sämtliche inhalierten Cocktails und Joints, über Anzahl und Prozentsatz der Stadtstreicher mit und ohne Hund, über tätowierte Einwohner und solche ohne sichtbare Graffiti, gestaffelt nach Altersgruppen, über seine fehlgeschlagenen Versuche, kluge Ladies zu einer Dummheit zu verleiten, sowie über die in die lokalen Personennahverkehrsbetriebe investierten Unsummen, was in der Kategorie "Reisebericht" so fehl am Platz ist wie die erschrockene Schnecke im Salat des Veganers oder das gebrauchte Kondom im Gesangbuch der Oberin des Ursulinenklosters.
Aber ich schweife vom Thema ab, du mahnst mich mit Recht. Wenn mir ein passendes Format einfallen sollte, dann stelle ich vielleicht auch Frank Eschersheimers Schandtaten aus Colonia del Sacramento, Nouméa, Sapporo, Cairns, Iguaçu, Berlin, Christchurch und Buenos Aires ein, aber wenn mir keins einfällt, dann bleibt dir nur der Baedeker.

"Und weshalb ist der Kerl nun auf einmal nach Namibia geraten? Finger auf den Globus und dann rollebolle gedreht?"
Ach was, die Methode ist ja schon seit der Entdeckung der Quantenphysik durch Max Planck im Jahre 1900 veraltet. Das soll natürlich nicht heißen, dass Frank mithilfe der Quantenphysik nach Windhoek gelangt ist. Sei nicht so ungeduldig. Aber seit vierzehn Jahren war er nicht mehr in Afrika, und die Kompromisse, die verflossene Ereignisse mit der linear fortschreitenden Zeit schließen müssen, erforderten eine Auffrischung und Politur der angesetzten Patina. Deshalb war Afrika wieder dran.
Richtig, Frank hätte auch nach Burkina Faso, Malaŵi, Djibouti, Eritrea oder Eswatini reisen können, und die kapverdischen Inseln gehören auch noch irgendwie mit dazu, aber nun gönn ihm doch mal ein bisschen "Afrika für Anfänger", wie ein deutschstämmiger Namibier sein Land touristisch einstufte. Diese Einschätzung, die zum Titel dieser Episode wurde, stammt also nicht von Frank, sondern von einem Herrn, der in diesem Land geboren und aufgewachsen ist und es daher wissen müsste. Für Frank existiert eigentlich kein Land "für Anfänger". Mit einem solchen Urteil nähme er eine Position ein, zu der ihn seine Kenntnisse nicht berechtigen. Sicher, ein Urlaub in Haïti, Ukra
ïne, Sudan oder Gaza dürfte derzeit ein wenig mehr Thrill versprechen, aber im Prinzip hält jedes Land, jedes Volk seine kulturellen und natürlichen Herausforderungen parat, die es zu meistern gilt. Glaubst du mir nicht?
"Was sollte es im Allgäu außer Dauerregen an Herausforderungen zu bewältigen geben?", fragst du. Für dich vielleicht wenige, aber ich will dir ein Beispiel geben. Stell dir vor, du bist ein australischer Aborigine in der Tracht deines Volkes auf Weltreise, hast dich auf der Alm verlaufen und klopfst abends im Dunkeln an einem Bauernhaus an. Dann wirst du erleben, was das Allgäu an Abenteuern parat hält. In der Haut des barfüßigen Fremden möchte ich nicht stecken, wenn der Bergbauer die Mistgabel schwenkt. Es ist also alles relativ und kommt auf Blickwinkel und Umstände an. Nichts gegen das Allgäu oder gegen hitchhikende Aborigines, war ja nur ein Exempel. Aber vom Allgäu zurück nach Afrika.
Trotz der deutschsprachigen, hellhäutigen Minderheit, die sich, als Besitzer riesiger Farmen im weiten Busch eher unsichtbar, in Städten wie Swakopmund aber unübersehbar im Stadtbild breit macht, ist Namibia jedenfalls ein echtes Stück Afrika, das von A wie Alkoholproblem bis Z wie Zebrastreifen alles bietet, was Afrika zu bieten hat, trotz seiner wohltuend geringen Bevölkerungsdichte. Hinzu kommt noch eine eklatante Wasserknappheit, denn die Gegend zählt zu den trockensten Regionen des Kontinents. Nichts für Anfänger.

blechkids

Klar, du hast die Zusammenhänge durchschaut wie Miss Marple. Und nun folgerst du chilischotenscharf, dass Frank deswegen nach Namibia gereist ist, weil er da seinen aus der heimischen U-Bahn mitgenommenen, von einem vergesslichen Zeitgenossen mit Herz eigens für Frank hinterlassenen Herrenschirm nicht mit einpacken muss.
Bingo.
Aber die Welt ist nicht ganz so monokausal, wie Frank die Dinge meist darzustellen pflegt, weshalb ich dir noch ein paar weitere Vorzüge dieses Landes aufzählen sollte, die für Franks Wahl nicht unerheblich waren. In Tokyo, wo er üblicherweise haust, kannst du im August ein rohes Ei in die kalte Pfanne klätschen und dann auf den Balkon in die Sonne stellen. Eine halbe Stunde später ist das Spiegelei fertig, umweltfreundlich und energiesparend. Um nicht monatelang eingekocht und noch ungenießbarer zu werden, hat Frank sich auf seiner Suche nach Klima-Asyl halt Afrika ausgesucht. Da müsste doch für einen Frank noch Platz sein, weil die Afrikaner sich ja massenhaft in die Gegenrichtung, nach Lampedusa, Solingen, Verrière-le-Buisson oder Wolverhampton davonmachen.
Ich würde dich veräppeln, meinst du? Flucht vor großer Hitze ausgerechnet nach Afrika?
Hey, my dear, am 11.Juni 2025 legten Schneestürme Teile von Südafrika lahm, und in Namibia kannst du zwar nicht rodeln, aber da ist jetzt ebenfalls Winter mit nächtlichen Temperaturen bis nahe am Gefrierpunkt, denn es liegt auf der Südhalbkugel unsres Erdenballs. Und kannst du mir einen anderen afrikanischen Vielvölkerstaat nennen, der kaum blutigen Hader zwischen den Bevölkerungsgruppen kennt? Oder ein anderes afrikanisches Land, das seit der Unabhängigkeit bis in die Gegenwart eine durchgehend stabile Demokratie vorweisen kann? Wo sich Touristen auch nachts und in den Städten sicher fühlen können? Wo Korruption aktiv bekämpft wird? Das nicht von einem feisten, selbst ernannten Häuptling auf Lebenszeit, sondern derzeit von einer demokratisch gewählten Präsidentin namens N.N.N.N. (Ndemupelila Netumbo Nandi-Ndaitwah) regiert wird? Also doch Afrika für Anfänger?
Siehst du, da hast du schon ein ganzes Bündel von Gründen, die Franks Wahl verständlich machen, und wenn du wüsstest, dass er noch nie im Westen oder Süden des Kontinents seine DNA hinterlassen hat, führt an Namibia eigentlich gar kein Weg mehr vorbei. Dafür braucht man weder Quantenphysik noch künstliche Intelligenz, die eigene ist vollkommen ausreichend.
Sofern vorhanden.

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Sollte dir das Frankgesabbel auf den Geist gehen, rette dich via EXIT in deine analoge Heimat oder nach Tiktokistan oder in sonstige virtuelle Wunder- und Daddelwelten, was nicht heißen soll, dass es dort geistreicher zugeht als bei Frank Eschersheimer.
Aber falls du tatsächlich wissen möchtest, was Frank der Anfänger in Namibia angestellt hat, dann klick dich irgendwo rein, sei aber nicht enttäuscht, wenn du keinen Klick- oder Schnalzlaut hörst, denn um sowas zu vernehmen, brauchst du eine eigene App, oder besser, fahr einfach selbst mal in das Land, in dem sich die Einheimischen mit mehr Klick- und Schnalzlauten unterhalten als die Deutschen. Aber darauf kommen wir noch zu sprechen.

Ach so, du erwartest von Frank Eschersheimer wenigstens EINEN gehaltvollen Satz zu Namibia, der seine Eindrücke geistreich zusammenfasst?
Nun gut, hier ist er:

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