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SESRIEM und Sossusvlei

Dass
die Chaussee mit extrem seltenen Ausnahmen durchweg beiderseits
eingezäunt ist, kann eigentlich nur bedeuten, dass man
befürchtet, das säuberlich asphaltierte und schlaglochfreie
gute Stück könnte sonst heimlich davonlaufen oder gar von
Wilderern geklaut werden. Hör auf zu kichern über
Anfänger Frank, der nur das glaubt, was er mit eigenen Augen
sieht. Und nun sieht er Springboks, also Springböcke auf gut
Deutsch, die jenseits des Zaunes im kargen, strohtrockenen Gras weiden.
Die Zäune halten also die Viecher von der Landstraße fern,
murmelt Frank gelehrig. Nun ja, kicher nicht so, ein minderes Talent
kann halt nur dann geistreich sein, wenn es mindere Ideen von sich gibt.
"Nö", grinst du nun mitleidlos und süffisant, "die
können aus dem Stand mehr als 3 Meter hoch springen, denn sonst
hießen sie nicht Springböcke, sondern Watschelböcke."
Der Zaun reicht Frank gerade mal bis an die Brustwarzen, da
lächelt old Springbok nur. Aber die Kühe der Farmer, die
hält er sicherlich von der Straße ab, wendet Frank kleinlaut
ein, obwohl er, um ehrlich zu sein, noch keine Kuh auf einer Teerpiste
hat weiden sehen.

Der Tanker holt Benzin aus Walvisbay
Also, kurz und gut, der Maschenzaun umfasst Farmland, und die Rancher
haben sogar mitunter Wachttürme mit Videocamera-Attrappen
aufgestellt, um Neulinge unter den Viehdieben damit zu beeindrucken.
Die Farmen sind überwiegend gigantisch, etliche Zehntausende
Hektar, denn um ein paar Dutzend Rinder zu ernähren, ist auf
diesem knarztrockenen Steppenboden mit seinem ebenso knarztrockenen,
hellblonden Gras eine Riesenfläche vonnöten. Diese muss sich
das Rindvieh mit einer beträchtlichen Anzahl von Wild teilen, das
nur in begrenztem Umfang entnommen und der Gastronomie zugeführt
werden darf. Auch das ist preußisch und akribisch geregelt. Wo es
doppelte oder Elektrozäune gibt, kann man davon ausgehen, dass man
die gefährdete Chaussee vor Löwen, Leo- und Geparden
schützen möchte...
Ach was, glaub dem Bafelfrank nicht alles, nur weil du es geschrieben
liest. Hast du schon mal einen Löwen am Asphalt nagen sehen? Frank
ist nur deshalb um die gute Chaussee besorgt, weil sich ein
wesentlicher Teil derselben, nämlich die obere, geteerte Schicht,
soeben aus dem Staub gemacht hat, der nun die Landstraße ersetzt
und durch alle Ritzen geweht kommt, falls man verwegen ein Fenster
öffnet. Dafür bekommt man aber, wenn der Wind die Staubwolken
gütigerweise in die Gegenrichtung bläst, eine beachtliche
Fernsicht, denn bis auf einige Nachzügler und eigensinnige
Individualisten haben sich auch die Berge davongemacht, aber nicht,
weil Frank des Weges getöffelt kommt, sondern weil das Buschland
den Farmern zuliebe nun einmal weitgehend platt ist.

Muffins, umweltfreundlich solargegrillt wie Franks Spiegeleier
"Wie gefällt es Ihnen bei uns in Namibia?",
schnarrt ein einheimischer Jüngling in einwandfreiem Deutsch und
outet sich, nach Franks verdientem Lob für sein Land und sein
Deutsch, als angehender Reiseführer für deutsche Touristen.
Ein krisenfester Job, sofern auch künftighin Tag für Tag so
viele bleiche Teutonen eingeflogen werden wie am Tag von Franks
Ankunft. Deutsche zieht es wie magisch in die Länder der Opfer
ihrer Vorfahren; ohne deutsche Touristen sähe die Handelsbilanz
von Israel wie Namibia weitaus kläglicher aus.
Wenn alle Tage die Sonne vom wolkenlosen Himmel auf die sündige
Menschheit herabblickt, lässt es sich auch im namibischen Winter
nicht vermeiden, dass es tagsüber warm wird. So warm, dass ein
paar Sonnenpaneele made in China ausreichen, um bis zur Schlafenszeit
Strom und warmes Wasser für die Dusche zu generieren, und wer sich
auf dem Land mit derlei Hightech nicht auskennt oder anfreunden mag,
dem genügt auch ein einheimisches Modell: Ein Metallkasten mit
zwei Spiegeln und einem gläsernen Deckel, um in diesem
Solarkochtopf Muffins zu backen. Das hat der junge Fremdenführer
in spe im Repertoire und lässt sich nicht lumpen, uns seine frisch
ausgebrüteten Sonnenschokomuffins in seinem
Landstraßenrasthaus kostenlos zu offerieren, in der berechtigten
Annahme, dass die Besucher dazu kostenpflichtigen Kaffee ordern. Man
sieht, der Junge versteht sein Geschäft und wird in Kürze ein
As von Germanenbetreuer werden. Die haben's gut, die Germanen, Afrika
für Anfänger...

Auf der Landstraße kannst du Schach spielen oder deine Steuererklärung ausfüllen
Jetzt muss ich dir noch erzählen, dass seit Rehoboth die sandige
Piste glücklicherweise nahezu ohne Verkehr ist. In Namibia ballen
sich die Menschen in den Städten und die Springboks in der
Prärie, die dafür wiederum recht menschenleer und verkehrsarm
ist.
Frank fragte einen Einheimischen, der es wissen sollte, ob es in
Namibia mehr Einwohner oder mehr Springböcke gebe. Mehr Einwohner
natürlich, lautete die Antwort. Frank Quizmaster war davon
überzeugt, dass es weit mehr Böcklein geben sollte, denn die
sind in jeder Einöde geradezu allgegenwärtig. Er wandte sich
mit seinem Anliegen an die Künstliche Intelligenz und erhielt eine
Antwort, auf die sogar das Orakel von Delphi neidisch werden
dürfte. Ich zitiere:
"Ja, es gibt mehr Springböcke als Einwohner in Namibia. Die
Bevölkerung Namibias liegt bei etwa 3 Millionen, während die
Springbockpopulation auf etwa 250 000 bis 300 000 Exemplare
geschätzt wird."
Das nenne ich eine künstlerische Intelligenz! Frank konnte sein
Gesicht wahren, bis er seine Anfrage erneut, diesmal auf Englisch,
eingab und ein logischeres, aber weniger diplomatisches Ergebnis
erhielt. Anschließend korrigierte auch die deutsche KI ihre
Meinung.
Wer argwöhnt, dass die Algorithmen immer menschlicher werden,
liegt damit womöglich gar nicht so falsch. Das ist beruhigend,
denn wenn der Mensch nicht einmal mit seinem Plastikmüll fertig
wird, wie sollte eine menschengemachte KI da wirkliches Unheil
anzurichten oder gar die Menschheit auszurotten imstande sein? Auch die
wird letztendlich als typisch menschlicher Murks enden.
Du wunderst dich mit Recht, dass Old Laberfrank anlässlich einer
simplen Steppenantilope ins Sinnieren gerät; konzentrieren wir uns
also lieber auf das Wesentliche.

Touristenfeindliche Demonstration mit Straßenblockade der Springböcke
Jemand schmatzt und rülpst vernehmlich vor dem Fenster von Franks
Appartement. Er hatte eigentlich keine Besucher ohne Tischmanieren
erwartet, denn sein kleines Hüttlein steht mitten in der Steppe,
und zwischen seinem Liegestuhl auf der Sonnenseite und dem fernen,
hügeligen Horizont gibt es nichts weiter als viel Sand,
Gestein und unzählige vom kühlen Wind gezauste Stoppeln. Und
Zigarettenkippen vom Vormieter. Und eine prägefrische Münze
zu 0,10 N$, das ist ein halber Eurocent, die im Nachmittagslicht so
emsig glitzert, als wollte sie für einen der Diamanten gehalten
werden, die man hier in der Gegend von Sesriem bisweilen finden soll.
Allerdings eher nicht im Steppensand, sondern in gehöhlbohrten
Bergwerksminen. Und ein Zebra, das sich vor Franks mit
Mückengitter versehenem Fensterlein an hartem Gras gütlich
tut und sich auch durch Franks Anwesenheit nicht sonderlich molestiert
fühlt, sondern seelenruhig weiterschmatzt. Es wird ein mit
Zebrastreifen bemalter Esel sein wie im Zoo von Bishkek, dachte Frank,
denn ein echtes Zebra würde holperdihott davongaloppieren, als
wäre der unrasierte Frank ein Verwandter von Simba, dem Lion King.
Es war jedoch kein Esel, sondern ein veritables, aber zahmes Zebra, das
zum Personal der Desert Homestead Lodge gehört, mit unklarer
Funktion oder als Fotomodell angestellt. Afrika für Anfänger...?!

Besucher ohne Tischmanieren
Anders
als die Ziegen von mongolischen Lodges verschmähte das Streiftier
aber die Zigarettenkippen; es handelte sich offenkundig um ein Gourmet.
Ein Rudel Löwen dürfte hier jedenfalls nicht zu
befürchten stehen, wo sogar Zebras ihre instinktive Vorsicht
eingemottet haben. Eher einige Rudel deutschsprachiger Touristen, die
zu Fuß, zu Pferd oder zu Jeep auf der und um die benachbarte
Anhöhe herumturnen, um die Hütten der Lodge und das weite
buschlose Buschland auch von oben zu knipsen. Auch Frank lässt sich von dem
Drang anstecken, durch die Steppe zu steppen, denn bis zum Abendmahl
bleibt noch etwas Zeit.

Vom Bett aus kann man direkt in die Steppe schlafwandeln
In tiefer gelegenen Regionen, wo sich das wenige Wasser der Regenzeit
etwas länger hält oder die Wurzeln Reste von Grundwasser
erreichen, gedeihen einige Akazien, die mit seltsamen Strohballen
beladen sind. Bei genauerem Hinschauen gewahrt der verwunderte Besucher
aus Germanistan, dass kleine Vögel, die es in puncto
Schwatzhaftigkeit leicht mit Frank Eschersheimer aufnehmen können,
von unten her diese Strohballen ansteuern, darin verschwinden oder
wieder herauskommen. Es handelt sich nämlich um Sozialwohnungen
für obdachlose Webervögel, und diese Strohnester, für
Hunderte von Mietern errichtet, halten etliche Jahrzehnte, bis in einer
Regenzeit unter dem Gewicht dieser wasserschweren Vogelburg der
stützende Ast zum stürzenden Ast wird, ohne jede gesetzliche
Kündigungsfrist, und dann hat es sich ausgevögelt.

Sozialwohnungen für obdachlose Webervögel
Ein Stück weiter, den Berg hoch, tut sich ein romantisches
Panorama des afrikanischen Sonnenuntergangs vor den entzückten
Augen des nach Westen blinzelnden Frank und seiner taffen
Gefährtin Ka auf, und mindestens die Hälfte seines
Entzückens galt dem wackeren Glas Rotwein, das der gute Jeepfahrer
aus dem Ersatzkanister ausschenkte, mit Trockenobst und Pistazien als
Sundown Snack.

Wirksame Medizin gegen die namibische Trockenheit
Sonnenuntergänge sieht man in Namibia alle Tage, denn keine Wolke
trübt die Aussicht auf das Kreuz des Südens, und dank der
extrem geringen Luftfeuchtigkeit wölbt sich über der
nächtlichen Steppe eine von wenig zivilisatorischem Streulicht
getrübte Milchstraße, bis am frühen Morgen die
Kassiopeia aufsteigt und sich am Anblick der vermummten Touristen
ergötzt. Ich muss es dir immer wieder aufs Neue eintrichtern: Vor
Sonnenaufgang ist es im Winter bitterkalt, nicht anders als in
Zschopau. Mit dem Unterschied, dass du im winterlichen Zschopau keinen
Sternenhimmel, sondern kalten Nieselregen abkriegst, wenn du früh
um halb sieben in die finstere Höhe starrst.

Nach Sonnenuntergang wird es schnell fröstelkalt
Aus der Zeit, da es in Afrika zwar
schon Steuererklärungen, aber
noch keine Armbanduhren gab, stammt die sinnreiche Regelung, dass
Nationalparks --der erste wurde 1907 eingerichtet-- bei Sonnenaufgang
öffnen und bei Sonnenuntergang schließen. Sie sind
nämlich aus diversen Gründen umgittert. Nein, geklaut werden
sie eher nicht. Einige übertreffen das Saarland an Fläche,
die lassen sich nicht so einfach in die Tasche stecken. Auch die darin
heimischen Tiere laufen nicht fort, denn da gibt es mehr Futter und
Wasser als bei den geizigen Farmern, die alle Ressourcen für sich
selber beanspruchen. Ein wichtigerer Grund ist der Schutz des darin
frei herumlaufenden Elfenbeins und der Nashörner, die wegen
irgendwelcher begüterter, abergläubischer und impotenter
Asiaten so heftig gewildert werden, dass sogar Frank noch kein einziges
in freier Wildbahn gesehen hat. Weil diese dummen Viecher ihre
Nasenzier nicht freiwillig herausrücken oder sich wenigstens auf
einen lukrativen Deal einlassen, werden sie von skrupellosen
Spezialisten illegal, aber professionell zu Hyänen- und
Geierfutter verarbeitet.
Auch den allerwichtigsten Grund für das Auf- und Zuschließen
der NP-Pforten will ich dir nicht verschweigen: Das Betreten, Befahren
und Beknipsen ist nämlich kostenpflichtig und schaufelt eine Menge
Dukaten in die Kasse. Davon müssen natürlich die Löhne
für Rangers und Schließpersonal, die Kosten für deren
Fahrzeuge und die Instandhaltung der Gittergatter, Grundwasserpumpen
für die künstlichen Wasserstellen, Druck der Lizenzen und
Prospekte und vieles mehr finanziert werden, und wenn sie mal einen
Überschuss erwirtschaften, schaffen sie sich vielleicht auch Uhren
an und öffnen um 5 Uhr früh. Bis Viertel nach sieben musste
Frank jedenfalls vor der geschlossenen Schranke der Einfahrt zum
Namib-Naukluft-NP bei Sesriem bibbern. Sei froh, Frank, dass die Sonne
hier, knapp südlich des Wendekreises des Springbocks, nein, des
Steinbocks natürlich, nicht so spät aufgeht wie im Winter auf
Usedom.

Vor Frank sind schon die Vandalen am Wendekreis des Springbocks gewesen
Dauernd war die Rede von einem Fluss und einem Taucher, obwohl kein
Tropfen Wasser zu sehen ist, geschweige denn ein Taucher. Es dauerte
lang, bis Frank sein versandetes Ohrenschmalz so weit freigebohrt
hatte, um zu kapieren, dass der vermeintliche Taucher der Name des
Rinnsals Tsauchab ist, das nur in den seltenen Zeiten heftiger
Niederschläge ein wenig Wasser aufweist, ansonsten aber das Dasein
einer vertrockneten Flussmumie führt, deren Finale eine runde
Salzpfanne rissiger, graubrauner Ablagerungen bildet. Selbst bei
sintflutartigen Niederschlägen ist hier Endstation für alle
Taucher und Gewässer, denn rings um den ausgetrockneten Salzsee
Sossusvlei blicken hohe, durstige Dünen der Namib-Wüste auf
den Trockensee nieder und können es kaum erwarten, sich an seinen
sporadischen Wässerchen zu betrinken. Das russische Wort für
"Wässerchen" lautet Wodka. Das nur nebenbei bemerkt.
Frank stapfte kurz nach Sonnenaufgang über die ersten rostroten
Dünen der Namib-Wüste, an deren Ausläufern noch ein paar
mutige Rispen gedeihen. Wo die ihren Durst stillen, erfuhr er kurze
Zeit später, denn aus einem Tal im Westen kroch ein Wolkenmeer
herauf, das ratzfatz die Morgensonne, die Dünen, die Wüste,
Frank und seine gute Laune verschluckte, aber nicht die Rispen. An
deren Oberfläche setzte sich der Morgennebel, der Frank die Freude
über den Sonnenaufgang und die Aussicht auf ein wenig Wärme
verdarb, in der Form feiner Tautröpfchen ab. Man hörte die
Pflänzchen beinahe schlürfen. Gewusst wie...! Diese
Wüstenpflanzen besitzen mehr Intelligenz als die gesamte KI, die
nur mit Mühe Antilopen von Menschen unterscheiden kann. Rispen
kennen sich allerdings nur in ihren eigenen Belangen aus. Wann Kaiser
Karl XXL (= der Dicke) geboren und von wem der Nylonstrumpf erfunden wurde,
können sie dir nicht sagen. Brauchen wir momentan auch nicht zu
wissen; wichtiger ist die Frage nach der seltsam roten Farbe der
Dünen, während Sand doch gemeinhin sandfarben, also
riminiblond ist. Antwort der intelligenten Rispe: "Streng deinen eigenen Grips an."

Rispen beim Flirt mit dem Morgennebel
Also, wenn immer auf der Welt irgendetwas außer Tomaten, Blut,
Lippenstift und Mohnblumen rot ist, steckt meist das Eisen dahinter.
Die Bahnschwellen und Güterwagen der Bundesbahn werden auch stetig
rot, die Zahlen sind es schon lange, und eisenhaltiger Sand rostet
genauso vor sich hin wie das Schwert von Pippin dem Buckligen, das er
in der Abtei von Prüm hatte liegen lassen. Und weil in Namibia
Wasser wertvoller ist als Eisen, rosten die Dünen von Sesriem
unexploriert und fotogen im Morgennebel vor sich hin.
Am Sossusvlei begann der weiche
Aufstieg zum Gipfel der Düne K2,
der von dichten Nebelschleiern verhüllt war. Während eine
eilige Expedition die beiden überholte, zogen Frank und Ka Socken
und Sneakers aus, denn wenn man eh bis zu den Knöcheln im Sand
versinkt, geht es sich leichter ohne eisenschwere Sandsäcke an den
Füßen. Frank bekam Lust, auf dem Hosenboden
runterzurutschen, und Ka hielt vergebens Ausschau nach einem Sessellift
zum Gipfel, der sich auch nach fortgeschrittenem Anstieg weiterhin auf
islamische Art mit Nebeltüchern verschleierte. Zwar wurde die Luft
nicht wesentlich dünner als in der Salzpfanne unten, aber da im
Nebel die Chancen auf eine grandiose Aussicht nicht allzu hoch sind,
machten die beiden wieder kehrt, ohne jeglichen Ehrgeiz, das
Gipfelkreuz zu küssen.

Ka auf der Suche nach dem Sessellift zum Gipfel der verrosteten Düne
Unten im Talgrund angelangt, erblickten sie gerade die Hosenbeine der
Hochgebirgs-Expedition bei ihrem Abstieg aus den Nebelwolken auftauchen
und hörten sich die Berichte an, was es oben zu sehen gab: Nebel.
Franks bewunderndes Fazit:
Wo
kommt der Nebel eigentlich her? Er setzt doch Feuchtigkeit voraus? Und
das in einem Land, in dem sogar das Wasser trocken und die Luft so
ausgedörrt ist, dass dem Frank die Lippen aufzuplatzen drohen?
Die Antwort auf diese Quizfrage liefert der Atlantik. Bei leichtem
Westwind ziehen die Schwaden verdunstenden Ozeans vom eiskalten Meer
aus landeinwärts und legen sich als feuchte Nebeltücher auf
Dünen und Rispen.
Eine leichtsinnige Oryx-Antilope querte mutterseelenallein und in aller
Ruhe die trockene Salzpfanne und konnte von Glück reden, dass nur
Frank und Ka ihren Weg kreuzten. Läge hier stattdessen ein Gepard
auf der Lauer, hätte sie soeben ihren letzten Grashalm zerkaut. Es
scheint sich jedoch um eine prominente Antilope gehandelt zu haben,
denn mit einer Schar von Fotopaparazzi im Gefolge zog sie sich kokett
auf einen Laufsteg am Berghang zurück. Afrika für
Anfänger...?!
Es gibt noch mehr ausgetrocknete Gewässer in dieser Gegend. In
einem davon muss sich sogar, als eine wandernde Düne dem
Wasserlauf den Weg verstellte, einstmals so viel Nässe kumuliert
haben, dass die Bäume im Tal überflutet wurden und abstarben.
Jetzt stehen sie als tote graue Holzskulpturen im salzweißen Sand
namens Deadvlei und bilden einen malerischen Kontrast zum blauen
Himmel, zur weißen Salzkruste und zu den roten Dünen. Bleu,
blanc, rouge. Allons, enfants....

Im Holzskulpturenpark von Deadvlei
Heute findet sich Wasser nur noch in Franks fast leerer Bottel im
Rucksack, denn irgendeine Fee hat die Nebel kurz vor Mittag nach Avalon
entführt und lässt die afrikanische Sonne Luft und Sand
gewaltig aufheizen. Trampeltiere und Leute mit Plattfüßen
sind beim sandigen Stapfen eindeutig im Vorteil, weshalb Frank nicht
lange über-, sondern Jacke und Pulli ab- und auf einem
großzügigen Sitzbaum ein Päuschen einlegte, bevor er zu
weiteren Aventüren aufbrach, wieder mit Schuhwerk an den
Hinterläufen, weil ihm die Natur keine Plattfüße
gegönnt hat.

Frank sinniert über neue Gags für seinen Reisebericht
Wo findet ein Globeschnorrer wie Frank bei seinen Touren durch Steppe,
Wüste und Busch eigentlich was zu futtern? Keine Angst, er muss
sich weder ein Warzenschwein fangen noch feuchte Rispen äsen;
diese Delikatessen überlässt er den eingeborenen Tieren. Aber
wenn sich am eintönigen Horizont eine Tankstelle oder eine
Ansiedlung abzeichnet, kannst du sicher sein, dass dort für
namibische Dollars alles zu kriegen ist, was ein afrikanischer
Minimarkt zu bieten hat. Hosenträger und Steckdosenadapter,
Zahnbürsten und Batterien, Shampoo und Sonnenbrillen.
"Nicht sehr nahrhaft",
höre ich dich kichern, aber ich komme ja erst jetzt zum
Wesentlichen, denn kein Minimarkt ist ohne eine Ecke mit frischem
Backwerk, und wenn du auf Marmorkuchen, Zimtschnecken und gedeckten
Apfelkuchen stößt wie am Nollendorfer Platz beim Kamps,
merkst du, dass du nicht der erste Deutsche bist, der in diesem Land
nach dem flüchtigen, per Steckbrief gesuchten Glück fahndete.

Nicht nur Sonnenträger und Hosenbrillen findet man im Minimarkt
Mit einem Anflug von Erleichterung registriert Frank, an
einem Stück Bienenstich knuspernd, dass seine Vorväter anno
dunnemals nicht nur schwarzhäutige Mitmenschen massakriert,
unverständliche Steuererklärungsformulare in
amtspreußischer Geheimsprache eingeführt und Bier gebraut
haben, sondern auch die namibische Cuisine um allerlei Nasch- und
Backwerk bereichert haben, das auch schwarze Mamas hervorragend
herzustellen verstehen. Jede/r namibische Bäcker/in könnte
vermutlich auch in Altona neben der von Syrern betriebenen Matjesbude
mit einem Kuchenladen reüssieren....