Ihr seid ja verrückt!

kam es da wie aus der Pistole geschossen zurück, "und im Moment kann ich ihnen leider nur Recht geben."

Funkstille auf allen Kanälen. Chris hockt wahrscheinlich daheim vorm Fernseher und ahnt nicht mal, wer hier alles nach seinem Erscheinen lechzt.

papuagirl TOK SAVE

"Die Welt ist weit und rund...", dudeln die Schlager durch den Äther, ohne zu ahnen, welch einen lütten Hühnerstall sie da verkitschen. Wenn du eine Bank ausgeraubt hast und dich auf der Flucht in PNG endlich sicher glaubst, bist du ziemlich leichtsinnig. Überall Bekannte. In Mendi, wirklich am A... der Welt, das erste und einzige kurze Gespräch auf Deutsch mit Münchner Rucksack-Kollegen. "Woher...? Wie, aus Sindelfingen? Oh, da kennen wir einen, der arbeitet bei der Commerzbank..." --- Schluck, den kennen wir nämlich auch. Wenn der ahnte, dass er im Menduli Guesthouse zum Gesprächsstoff wurde, kippte er aus den Latschen! Aber gut, Mendi ist noch zivil und über das längste zusammenhängende Straßennetz von PNG bequem zu erreichen. Nehmen wir doch mal das abgeschiedene Kutubu Lodge, ohne Straße und Telefon, in Dschungels Mitten von Schlick und Mosquitos umgeben, von einem Drachen namens Lawrence gehütet und nur zu Fuß, per Einbaum oder Helikopter zu erreichen. Da blätterst du gelangweilt im Gästebuch, und was liest der verblüffte Frank dortselbst? Den Namen seines Arbeitsplatzes und eines Kollegen, der drei Jahre vorher da gewesen ist. Die Welt ist weit und rund, und doch verdammt klein geworden!

Gegen Abend, bevor der Tag im Endlosdauerregen verdämmert, bauen wir unser Zelt wieder auf, ordern das Abendessen und schmieden Alternativpläne. Lannis hat dem spärlichen Funkverkehr entnommen, dass am Montag früh um halb 9 von Moro aus eine Maschine nach Mt. Hagen gehen soll, und ist entschlossen, mitzufliegen.

"Selbst wenn die uns nicht mitnehmen sollten, sind wir in Moro zumindest an einer Flugpiste und kriegen da schon irgendeinen Lift."

Er schafft es, uns zu überzeugen; außerdem sind wir inzwischen längst eine Schicksalsgemeinschaft. Die Flamen müssen, Lannis und Simon wollen dringend fort, und auch uns wäre es nicht unlieb, wenn uns der matschpfützige Gewaltmarsch nach Pimaga erspart bliebe. waswasDer griesgrämige Lawrence, der sich mit Vorliebe in Tarnanzug und Fliegerstiefeln fortbewegt, sagt zu, uns morgen früh um 6 zur Anlegestelle von Moro zu schiffen, von wo der Airstrip in einer Stunde Fußmarsch erreichbar sein soll. Mit Häme fügt er aber hinzu: "Touristen nehmen die da generell nicht mit."
Das hätte er besser nicht gesagt. Oder Lannis hätte sich besser seine patzige Antwort verkniffen. Hat er aber nicht. Und so nahm die Fehde ihren Anfang.

"Mann, wir sind doch keine Touristen! Schiffbrüchige, Dschungel-Opfer, Verschollene sind wir!", herrschte er Lawrence an, aber der zahlte es uns auf seine Art heim. Um sechs Uhr in der Frühe funzeln wir uns also schlaftrunken ins Freie, alle Päcke geschnürt und reisefertig, aber Lawrence ließ sich auch von einem enerviert brüllenden Lannis nicht aus den Federn holen. Rache ist Blutwurscht. Auch beim Frühstück übte er stille Sabotage. Nur labbrigen Toast rückte er raus, Milch und Marmelade, und das für den stolzen Preis von immerhin 8 K pro Kopf. Wir reklamieren Tee, Kaffee, Cornflakes, Eier, Speck und Schinken, aber Lawrence tut, als höre er schlecht. Erbost stürmen wir die Küche und plündern sie gründlichst, und da wir in der Überzahl sind, ist er dagegen machtlos. Danach legt er wieder seinen Kampfanzug an, er scheint sich auf den nächsten Clinch vorbereiten zu wollen. Aber da stehen plötzlich alle wie erstarrt, die Cornflakes drohen Lannis aus dem Gesicht zu fallen: Das Rotor-Knattern eines Helikopters nähert sich!

Dusche und Waschraum im Kutubu Lodge

In der Tat, aus den Regenwolken löst sich ein Hubschrauber, dreht eine Runde über unseren Köpfen und setzt zur Landung an. Chris, der Retter, ist nah! Wie von der Tarantel gepiekst, raffen wir Bündel und Säcke und springen, Eggs und Bacon kauend, über den rotbraunen Schlammweg zum Heliport. Aber Lawrence war schneller. Er steht mitten auf dem Landeplatz, fuchtelt mit beiden Armen und signalisiert dem Piloten unmissverständlich, dass er sich verpissen soll. Fortgescheucht wie ein lästiges Insekt dreht der Knatterflügler ab, taucht grummelnd in die Nebelsuppe ein, wird leiser und leiser, und schließlich ist nur noch das Drippeln des Nieselregens zu hören, der uns in die verstörten Gesichter träuft. gesege

Lawrence setzt sein fiesestes Grinsen auf und sagt: "Ihr könnt jetzt die offenen Rechnungen bezahlen. Ich warte im Büro."

Kurz nach halb 11, alle Spesen sind korrekt bezahlt, tuckert ein Außenbord-Einbaum über den See und schunkelt uns nach Gesege, zum Ausgangspunkt für den Fußmarsch nach Pimaga. Lawrence, der vorher noch eine Stunde lang so tat, als streike der Motor, um uns zu ärgern, war unausstehlich geworden, aber gleichzeitig war er vermutlich auch froh, uns loszuwerden.

Überseehafen von Gesege

Kutubu Lodge hing uns allmählich zum Hals raus, das SOS-Hubschrauber-Spiel hatte seinen Reiz verloren, und wenn wir nicht noch länger im Lodge unsere Kina verfressen wollen, bleibt nur der Fußweg nach Pimaga, dessen Schrecken uns inzwischen verlockender schienen als der Dauerclinch mit Lawrence und die öde Warterei.

In Gesege schien die Sonne, der Urwald dampfte in feuchter Hitze, und der steinige Weg wand sich spiralig nach oben. Ein Dutzend Einheimischer befand sich ebenfalls auf dem Weg nach Pimaga, und kräftige Burschen erboten sich, gegen ein Trinkgeld unsere Ausrüstung zu tragen. Ka war froh, ihren Rucksack loszuwerden, und Lannis verteilte seine sperrige Film- und Fotoausrüstung auf breite Schultern, um noch vor Einbruch der Dunkelheit Pimaga zu erreichen, aber Simon und ich, wir brauchen keine Sherpas für unsere Rucksäcke, denn wer die nicht selber tragen kann, der sollte nicht nach Papua Niugini reisen, sondern lieber daheim auf dem Sofa hocken bleiben.

Der Weg war ein Kinderspiel, ein wunderschöner Abenteuerspaziergang. Die 17 km mussten zwar alle abgelatscht werden, aber kein Vergleich zu den Morastlöchern rund um Kutubu Lodge. Die Piste war breit genug, um von geländegängigen Fahrzeugen bewältigt zu werden, und insgeheim hofften wir, ein Trecker oder LKW käme in unserer Richtung des Weges. Kam aber nicht. Und wir mussten nicht lange warten, um den Grund zu erfahren.

Hatten wir gemeint, vom See-Level aus ginge es meist bergauf, so wurden wir angenehm überrascht. Nach den ersten steilen Windungen wurde der Weg allmählich ebener oder neigte sich sogar sanft bergab, und im Schatten kühlte uns ein angenehmer Luftzug. Klare Gluckerchen, vom Regen gut gefüllt, stillten jeden aufkommenden Durst. Der Himmel blieb sonnig, und der Weg war breit genug, um von der Sonne gleich marschfest getrocknet zu werden. Ronnie und Johan hatten Hummeln im Hintern und sausten los, als sei ein Pokal zu gewinnen, und Lannis mit seinen langen Beinen brauchte nur einen Schritt zu tun, wo Ka zweie machen musste, weshalb die drei schon bald außer Sicht gerieten, während Simon, Ka und ich den Kurpark-Bummel in sehenswerter Landschaft, von bunten Flatterlingen umschmettert, ausgiebig genossen. Da der Weg so gemütlich war, warf Ka sogar ihren Wanderstecken fort, und diese dreiste Herausforderung an die Schicksalsgötter blieb nicht unerwidert. Ein See, den wir in der Ferne erblickten, überraschte uns insofern, als unser Trail nämlich geradewegs mittenmang in das Gewässer hineinführte. Von der Nähe aus besehen, ließ es sich nicht länger verheimlichen: Hochwasser.

wasseranfang

Übergang von Landstraße zu Wasserstraße

Erst zaghaft, dann unverdrossen tauchten wir in die Fluten ein, die uns zuerst bis zum Knie, dann zum Schritt und schließlich, stellenweise, bis zum Po reichten. Kein Ende abzusehen. Eine kleine Ewigkeit plitschten wir die Unterwasser-Chaussee entlang, bis ein Dorf aus dem Schlick ragte. Unter dem Gejohle der Dorfkinder entstiegen wir den Fluten wie Venus der Muschel, aber leider nur, um ein paar trockene hundert Meter weiter erneut vor einer weitflächigen Lagune zu stehen.

mischpoke
Begrüßung durch die Dorfjugend
wassertrasse
Pimaga-Trail in der trockenen Jahreszeit

Unsere Fans wollten sich das Spektakel nicht entgehen lassen, als wir uns unter Anfeuerungsrufen erneut zu den Blutegeln in die Unterwasserstraße begaben, aber Ka und unser Gepäck setzten wir in ein Kanu, denn die Leute hatten uns Badefreuden bis zum Bauchnabel prophezeit. Wäre das Publikum etwas weniger zahlreich und diskreter gewesen, hätte ich mich ohne weiteres entkleidet und wäre nach Pimaga geschwommen. Andrerseits war die kostenlose, gründliche Wäsche unseren urwaldgezeichneten Jeans gewiss nicht unwillkommen.

unterwasser
Wenns dir zu blöd ist, durch die Wasserstraße zu tappsen, .....
gondola
.... kannst du auch nach Pimaga schwimmen oder einen Gondoliere chartern

Alles war nur halb so wild. Mein Bauchnabel blieb jedenfalls trocken, die Brühe reichte mir gerade mal bis zum Oberschenkel. Was kann man sich bei Marsch und Hitze denn Schöneres wünschen als dauerhafte Abkühlung? Nach zwei Wasserkilometern standen wir wieder auf dem Festland, und als wir, viele Sagopalmen und Pikinini, Urwalddörfer und Bananenstauden, etliche Apinuns und barbusige Matronen weiter, im Anmarsch auf Pimaga das letzte Flugzeug für heute in der Ferne in den Abendhimmel aufsteigen sahen, waren wir wieder getrocknet und von Erinnerungen an Lawrences Visage erfüllt, ohne dessen Obstruktion wir in dem entschwebenden Flieger dringesessen hätten.

Weder die eiligen Flamen noch der langbeinige Lannis hatten den Propellermann noch erreicht oder gar zum Warten bewegen können. Nun standen wir vor der verrammelten Hütte des Schotterfeld-Airports von Pimaga und hielten Rat. Viel gab es freilich nicht zu beraten, denn das nächste Flugzeug kommt morgen, vorausgesetzt, das Wetter hält sich. Und das weiß man nachmittags gegen vier Uhr nicht zu sagen, wenn sich mal wieder die himmlischen Schleusen zum Abendguss öffnen. Was immer bei dem Unterwasser-Marathon trocken geblieben war, das wurde nun auf den letzten 200 Metern zur einzigen örtlichen Unterkunft nass, aber wir waren mittlerweile dem Regen gegenüber ziemlich gleichgültig geworden, denn keiner von uns ist aus Zucker. Nur, wenn es morgen auch so pladdert, dann nützt die beste Schotterpiste nichts, denn da guckt sich unser indoaustralischer MFA-Pilot die Wolken von unten an, hält den nassen Finger in den Wind und gönnt seiner Cessna die Siesta.

pamphlet
TOK SAVE


Öffentliches Informationsblatt Nr.1

DAS GESETZ VERBIETET ES AUSDRÜCKLICH, FRAUEN ZU SCHLAGEN

Es ist unrecht von Männern, ihre Frauen zu schlagen, weil

- die Gesetzgebung der Regierung es verbietet,

- die Verfassung von PNG es verbietet,

- der christliche Glaube es verbietet.



Frank Eschersheimers Kommentar:

Solche Informationsblätter sollte man auch bei uns in allen Städten aushängen und verteilen. Man müsste dafür lediglich die Illustration ein wenig abändern und das Kürzel PNG durch Deutschland ersetzen.

Nicht dass du jetzt glaubst, Pimaga sei ein Kurort im Wald. Es besteht aus dem Airport, einer Missionsstation, dem Gästehaus und sechs oder sieben Hütten, deren eine Konserven und Cola feil bietet und eine weitere einen Ausschank enthält, aber der ist zum Bedauern unserer durstigen flämischen Gefährten schon geschlossen. Das Guesthouse ist eine leere Lattenbaracke zur Selbstbedienung. Am Morgen kommt der Besitzer und kassiert. Das Häusel hat weder Strom noch Wasserleitung, aber die Zisterne auf dem Dach ist wohl gefüllt, das reicht im einzigen Baderaum zum Duschen für alle, obwohl es eigentlich genügte, sich ins Freie zu stellen, wenn man duschen will. Einige Verschläge enthalten Pritschen, andere sind vollkommen leer. In so einer Kammer schlagen wir wieder unser Zelt auf, es passt gerade so rein, dann ist das richtig gemütlich und kann meinetwegen auch von der Decke tropfen in der Nacht.

Und dann enthielt das Haus noch einen Mitbewohner, den wir in kürzester Zeit einhellig priesen. In der stromlosen Finsternis fachte dieser rundlich-joviale Papua nämlich in der Küche einen Kokel an, heiß genug, um einen Riesenpott voll Reis zu kochen. "For everybody", verkündete er großzügig, und wir machten alle mit. Es kamen Konservendosen mit Suppe, Gulasch und Obstsalat zum Vorschein, einige Papua-Gäste zauberten Gemüse und einen dicken Fisch hervor, und während alles auf dem Ofen blubberte und brutzelte, fertigte der clevere Mensch aus den leeren Konservenbüchsen, mit einem öligen Sud gefüllt und einem zerrissenen Lappen als Docht versehen, blakende Ölfunzeln, damit wir in der Dunkelheit nicht länger zusammenrempelten oder barfüßigen Mitmenschen auf die Hühneraugen trampelten. Ein Invalide, der auf einer Clochard-Matratze im Aufenthaltsraum zu nächtigen pflegte, machte sich nützlich, indem er im strömenden Regen vor der Türe im Dunkeln derart emsig Holz für den Küchenherd hackte, dass uns um sein verbliebenes Bein auch noch bange war, und am Ende gab es eine gemütliche Kaikai-Party bei Tranfunzelschein, bei der jeder, ohne Rücksicht auf Sprache oder Tapetenfarbe, aus jedem Topf zulangen konnte, bis alle kugelrund gemästet waren, obwohl die Reisbütte noch halbvoll war. Sogar Ka, die sonst an Hotels wesentlich höhere Ansprüche zu stellen pflegt, war von dieser internationalen Lagerfeuerromantik sichtlich angetan, zumal selbst der Gang zum liklik haus auf der Wiese im Freien, durch 100 m Pladderregen vom Guesthouse entfernt, voller Romantik war: Hunderte von Glühwürmchen schwärmten durch die nassen Hecken und ersetzten den Sternenhimmel, den man im Highland von PNG wohl niemals zu sehen bekommt. Ka ließ sich, in endlose Gespräche mit den Papuas vertieft, ungerührt von den Mosquitos auslutschen, und schließlich musste ihr trotz des Dämmerlichts aufgefallen sein, wie sehr Johan und Ronnie die Köpfe hängen ließen, denn ihr Heimflug, am Mittwoch Port Moresby, am Freitag Singapore und dann ab nach Brussel, war inzwischen nur noch mit viel Glück erreichbar. Offenbar hatte sie sich in den Kopf gesetzt, die beiden Flamen aufzuheitern, denn aus der Brandung der vielstimmigen Konversation war ganz deutlich die Frage herauszuhören, die ihr am meisten am Herzen lag:

"Was haben eigentlich eure Freunde und Bekannten gesagt, als sie erfuhren, dass ihr nach Papua Neuguinea reisen wollt?"

"Ihr seid ja verrückt!"

vernahm sie da, sichtlich zufrieden, als hätte sie nichts anderes zur Antwort erwartet.

Der Ruf von Paradiesvögeln aus dem nahen Busch, der uns weckte, und die Wanne voll Kaffee, die unser dicker Wohltäter schon am frühen Morgen for everybody auf Vorrat gebraut hatte, waren für einige Stunden die letzten Freuden, denn am Flugplatz begann Warten auf Godot, Teil 2. Die armen Flamen waren dem Ausflippen nahe und vermeinten schon Hubschrauber- und Flugzeugmotoren zu hören, wenn nur eine Fliege vorbeisummte. Es regnete durchaus nicht pausenlos, aber an Wolken herrschte andrerseits auch kein Mangel. Lannis war nicht dazu aufgelegt, wieder SOS- und Mayday-Funksprüche nach Mendi abzusetzen, denn die Funkstation des telefonlosen Ortes Pimaga befand sich nicht am Flugfeld, sondern in der Missionsstation, und die war 2 km entfernt. Als jemand berichtete, die Cessna aus Mendi sei, so die letzte Funk-Nachricht, heute zur Inspektion nach Mount Hagen geflogen, brach Johan in ein Wutgeheul aus, und selbst Ronnie, der Schweiger, machte ein Gesicht wie ein gichtiger Wellensittich.

Um halb drei nachmittags, als ein Amoklauf dicht bevorstand, brümmelte ein zweimotoriger Propellerflieger aus einem Wolkenloch hervor, schraubte sich herunter, rumpelte gemütlich über die Kiesel des Flugfeldes und kam vor unseren Nasen zum Stehen. Johan glaubte zu träumen, als ein breitschultriger, bärtiger Papua aus der Kanzel des betagten Fliegers der Milne Bay Airways kletterte und fragte, ob jemand nach Mendi mitgenommen werden wolle. Das vielstimmige Freudengeheul beim Abflug wurde vom Dröhnen der Propeller verschluckt, und mit Bravour karriolte uns der wackere Draiwa durch die Wolkenlücken hindurch, orgelte über den Kutubu-See, ritt kühn um Wolkenberge und Bergklippen herum und setzte uns eine Stunde später sicher in Mendi an die frische Luft, wo wir mit gemischten Gefühlen die Cessna des indischen Missionars - von wegen auf Inspektion in Mt. Hagen!- und den Helikopter von Chris friedlich und müßig herumstehen sahen.

mendulibande

(Von links:) Johan, Kazuko, Ronnie, Simon und Lannis

Nach einem gemeinsamen Abend im Menduli Guesthouse trennten sich unsere Wege. Unsere Kutubu-Gefährten haben Plätze für den Flug nach Mosby morgen früh bekommen, mit dem Johan und Ronnie gerade noch rechtzeitig zu ihrem Flug nach Singapore eintreffen dürften. In Mendi ist ohnehin nicht gut weilen, denn der Ort befindet sich in heller Aufregung, weil einige Stämme in der Umgebung das Kriegsbeil ausgegraben und bereits fünf Mitbürger totgespießt haben. Der bebrillte Prof, noch immer Menduli-Stammgast, bereitete seinen Aufbruch vor, und wir schuckelten mal wieder im PMV nach Mt.Hagen. Von Kälte und Nässe, Warterei und Hochland hatten wir in der letzten Zeit reichlich abbekommen und wollten mal wieder in wärmere Zonen abtauchen, unter Kokospalmen unsere Blessuren lecken und am Strand faulenzen. Als wir in Hagen eintrafen, war das Flugzeug nach Madang gerade abgeflogen, wie kann es auch anders sein. Na schön, eine Nacht lang ertragen wir es noch, zumal Hagen noch eine Attraktion bietet, die wir noch nicht genossen hatten, das Haus Poroman. Hoch in den Bergen außerhalb der Stadt gelegen, ein Traum von Komfort in Einzelhütten im Stil der örtlichen Dorfarchitektur, weit mehr als ein gewöhnliches Hotel. Und im lieblichen, momentan allerdings nebelkalten Garten frieren die Opossums, Schlangen, Pfauen und ein weiblicher und daher unscheinbarer Paradiesvogel des kleinen Privatzoos vor sich hin.

Obwohl das Expat-Ehepaar, das den Laden managt, jeden Gast im Allradwagen abholt und ihn bei Bedarf auch jederzeit in die Stadt oder zum 10 km entfernten Airport chauffiert, ist die Straße zu der Herberge der Schwachpunkt der Hagenschen Infrastruktur. Bei jedem Regen, der uns neuerdings hartnäckig zu verfolgen scheint, dotzt und bockspringt das gequälte Vehikel so eierig durch den zerfurchten Schlammpudding, dass unangeschnallte Passagiere Gefahr laufen, ihren Schädel durch das Wagendach zu rammen und in eine Umlaufbahn um die Erde katapultiert zu werden. Es ist mir ein Rätsel, weshalb das Fahrzeug nicht spätenstens nach der zwanzigsten Tortur sauer wird und entzwei geht.

poromanAm Kaminfeuer in Haus Poroman (Haus der Freunde) trifft sich eine internationale Mischpoke von Globetrottern und sucht sich mit Prahlereien, wo man schon überall gewesen ist und welchen Gefahren man kühn ins Augenweiß geschaut hat, gegenseitig zu übertreffen, bis die Glotze angeht und das allabendliche "First contact"-Video anläuft, ein Dokumentarfilm über die erste Begegnung der letzten noch unentdeckten Papua-Stämme mit einem Expeditionsteam weißer Goldsucher aus dem Jahre 1961. Und wir verstehen anschließend, was es bedeutet, den "Wilden" unsere Zivilisation nahezubringen: Aufmüpfige Schwarze abknallen, sich für ein paar Glasperlen minderjährige Mädchen kaufen und nach Gebrauch wegwerfen, aus fremder Leute Boden Gold klauen und dann wieder abzwitschern, ohne sich um das Chaos und die Bakterien zu kümmern, die man hinterlassen hat.

In einer Ecke des Aufenthaltsraumes unterhält sich Ka mit einem jungen florentinischen Ehepaar.