Venezuela 2

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Womöglich interessiert es dich, warum in der bolivarianischen Republik Venezuela mit ihrer Landeswährung Bolívares die Hauptstadt der Provinz Bolívar ausgerechnet Ciudad Bolívar heißt, als ob Bolivien gleich um die Ecke läge. Also, über alles kannste in Venezuela Witze machen und sogar den Presidente Hugo Chávez, der jüngst -natürlich nur rhetorisch- den Yanquis aus den E.E.U.U. mit 100 Jahren Krieg gedroht hat, vergackeiern oder ihn wegen seiner Affinität zu ähnlich charmanten populistischen Kollegen Arm in Arm mit dem alten Comandante Fidel karikieren, aber am Lack des Simón Bolívar solltest du besser nicht kratzen, denn das ist der venezolanische Nationalheilige, als dessen Nachfolger sich Hugo Chávez betrachtet, und Heilige und ihre Fans verstehen bekanntlich wenig Spaß.

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Fidel und Hugo kurz vor dem ersten Kuss


Du
weißt natürlich, was der alte Simón geleistet hat, aber es ist möglich, wenn auch nicht allzu wahrscheinlich, dass sich jemand von der amerikanischen Immigrationsbehörde auf diese Website verirrt, und da muss ich verhindern, dass der Simón Bolívar mit dem Simon von Arimathia oder mit dem Simon von Garfunkel oder mit sonst einem Simon verwechselt wird. Also, versetz dich mal in ein früheres Jahrhundert: Es war einmal ein großes Reich, das unter dem Joch einer tyrannischen Fremdherrschaft ächzte. Da wurde in einer armseligen venezolanischen Bauernhütte ein Knäblein geboren, das später große Dinge vollbringen sollte....

So beginnen die Biographien fast aller historischen VIPSs von Johannes dem Säufer über Jinggis Kahn und Willy Tell bis hin zu Wolfgang Amadeus Zartbitter, denn Märchen ähneln einander erstaunlich. Einige orientalische Märchen gehen sogar noch weiter und verlegen beispielsweise die Geburt des Bengels in eine Futterkrippe oder versichern, dass die Mutter bei der Geburt noch jungfräulich gewesen sei.

Jetzt denk bloß nicht, so etwas würde keiner glauben, aber der Siegeszug der Vernunft ist seit der Aufklärung leider nur wenig vorangekommen. Aber zurück nach Venezuela und zur Realität: Der genannte Simón stammte aus genügend begütertem Haus, um 1799, im Alter von 16 Jahren, aus Caracas nach Europa zu reisen und dort aufs Gymnasium zu gehen. Die französische Revolution begeisterte ihn ähnlich stark wie unser Fritzchen Schiller und viele andere Intellektuelle der alten und neuen Welt, und nach dem frühen Tod seiner Frau machte er beim Militär Karriere. Er war nicht der einzige, der sich die Unabhängigkeit von den spanischen Kolonisatoren zum Ziel gesetzt hatte, denn in Europa hatte er gesehen, wie die Leute das Gold aus den amerikanischen Kolonien verprassten wie die heutigen vierzehn Clans in Caracas die Petrodollars. Nachdem er zum Generalissimus aufgestiegen war, dezimierte er die Weltbevölkerung in einem blutigen Gefecht nach dem anderen, bis er 1821 bei Carabobo, in seiner 36. siegreichen Schlacht, das spanische Heer endgültig besiegte und die Unabhängigkeit erreichte. In der Folge vertrieben auch Colombia, Ecuador, Bolivien und Perú die Konquistadoren, und Simón Bolívar erklomm nach seinem frühen Tod 1830 ungezählte Betonsockel in ganz Südamerika, auf denen er bis heute mit blankem Degen steht und bronzen streng auf die vorbeiflanierenden Tauben, Touristen und Taschendiebe blickt.

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¡Vamos de nuevo, Simón!


Nicht dass wir wegen dieses Haudegens nach Ciudad Bolívar gereist wären. Der Bursche liegt schließlich in Caracas begraben. Und ehrlich gesagt, wie die Bolívar-Stadt aussieht, weiß ich bis heute nicht. Jemand erzählte mir, damit hätte ich nicht viel versäumt, aber wer kann das schon beurteilen. Uns lag jedenfalls daran, zu anderen Zielen zu gelangen, aber da legte sich erst mal die Bürokratie quer. Und ich hatte gedacht, in dieser Disziplin seien die Deutschen Weltmeister. Klar, der zuverlässige José chauffierte uns wieder total pünktlich zum Airport, und es war sogar noch ausreichend Zeit für ein Abschiedsgruppenfoto, aber kaum war dieser Ausbund von Zuverlässigkeit fort, geriet Sand ins Getriebe unserer Weiterreise. Die Tante, die unsere Vouchers in Tickets umwandeln sollte, benötigte für fünf Personen nämlich rund 130 Minuten und schaffte es zwischendurch lässig, den PC zum Absturz zu bringen, ihre Verwandten durch einen längeren Handy-Plausch zu beglücken und uns mit meditativen Denkpausen zu nerven. Ich sag dir, ich war froh, als ich in der 6-sitzigen Cessna saß und Ciudad Bürokratolívar unter mir entschwinden sah.

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Kazuko, José, Beatriz, Sebastian und Birgit am Airport von Ciudad Bolívar


Ich ahnte natürlich nicht, dass die Langsamkeit auch andernorts ihre Anhänger hat, aber ich will mich nicht beklagen, ich hätte ja auch nach Oberhausen oder nach Tirol reisen können anstatt nach Südamerika. Und anstatt über die Vorzüge effizienter Urlaubsplanung nachzudenken, schaue ich lieber aus dem Plastikfenster und sehe unter mir viel Wasser, das muss der Embalse de Guri sein, der zweitgrößte See von Venezuela, der seine Existenz freilich einer Serie von Staudämmen verdankt aus der Zeit, als Venezuela noch nicht nach Bolivenöl roch, sondern seine Energie mühsam aus regenerierbaren Ressourcen gewinnen musste. Na ja, Wasser gibt es in diesem Land genug, davon erzähl ich dir in diesem Kapitel noch mehr, leg den Regenschirm in Reichweite oder die Badehose an!

Als der Flieger sich wieder dem Erdboden zu nähern begann, wurden am Horizont die ersten Tafelberge sichtbar. Die ragen im Südosten des Landes bis hin zur Grenze zu Guyana und Brasilien wie riesige Druckknöpfe oder Keyboard-Tasten aus der Savanne, allseits felsige Steilwände, aber oben flach wie ein Bügelbrett, und wenn du wissen willst, wer die Dinger in die Landschaft gepflanzt hat, musst du einen Geologen fragen, der erzählt dir dann was von Sedimentschichten aus dem Präkambrium und ältesten geologischen Formationen der Erde, und du nickst zu seinem Vortrag, als wüsstest du, wann das Präkambrium stattgefunden hat. Jedenfalls sehen Tafelberge anders aus als gewöhnliche Berge, und vor lauter Tafelbergen hätte ich beinahe übersehen, dass der breite Fluss, den wir im Landeanflug gerade überqueren, sich vor unseren Augen in ganzer Breite einen Stock tiefer stürzt. Mannomann, das ist zwar kein Niagara, sondern nur ein Rio Carrao, aber trotzdem ein gewaltiger Anblick. Nur hören kann man von dem Tosen nichts, und wenn du mal in einer Cessna geflogen bist, weißt du auch warum. Der Ventilator, der das Ding durch die Lüfte quirlt, macht nämlich einen Radau wie ein Chor aus 26 Kettensägen und 18 Presslufthämmern, da wird jeder Zahnarzt blass vor Neid mit seinem mickrigen Bohrerlein.

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Der Rio Carrao hüpft einen Stock tiefer


Nach der Stadt Canaima, die auf allen Landkarten groß eingezeichnet ist, haben wir lange gesucht nach der Landung. Irgendwann fanden wir dann heraus, dass die 64 Häuschen, die rund um den Flugplatz verstreut im Wald stehen, mit dem Ort Canaima identisch sein müssen. Und ich dachte, das seien nur die Wohnungen der Souvenirfritzen, Flugzeugfensterscheibenputzer und Tankwarte, die die vormittags im 10-Minuten-Takt hier angeschnurrt kommenden Cessnas mit billigem Sprit vollpumpen.

Jedenfalls nahmen sich zwei Einheimische sofort nach der Ankunft unserer an. Der erste wollte Geld, wie kann es auch anders sein. Eintritt in den Parque Nacional Canaima. Und der andere sagte nur "Vamos", und wir tippelten hinter ihm her und dachten, der bringt uns zu einem Jeep oder Minibus, Transfer in die Stadtmitte. Aber da waren nur staubige Fußwege mit großen Pfützen zwischendrin, denn auch hier bleibt der alltägliche Nachmittagsregen nicht aus. Durch einen davon hatte sich die kleine Cessna im Landeanflug voll durchgequirlt. Im Hof des dritten oder vierten Hauses wimmelte es vor Gringos, Rucksäcken und Plastikplanen, als ob eine Himalaya-Expedition vorbereitet würde. Irgendwann während des Wartens auf Godot tauchten auch Birgit, Sebastian und Beatriz auf, unsere netten Bekannten aus Volkers Posada, von denen uns die geniale Missis Bürogracias in Ciudad Bolívar getrennt hatte. Sie waren wohl mit einem der nächsten Flieger eingeschwebt. Und als wir glaubten, wir wären für die nächsten Tage wieder zusammen, kam endlich unser Godot und tat uns kund, dass wir mit ihm zu neuen Abenteuern aufbrechen sollten, in einer lautstarken Bande von lauter Italienern. Beatriz zog eine Schnute, denn sie wollte auch mitkommen, wurde aber von unserem Guide abgewiesen. Sonderfahrt, nur für bleiche Gringos.

Trip wohin eigentlich? Stimmt, fast hätte ich es dir verheimlicht, dass wir zum höchsten Wasserfall der Welt unterwegs sind, und der Startpunkt dafür ist Canaima. Die Sehenswürdigkeit ist auf dem Wasserweg zu erreichen, ist das nicht bequem? Eine kleine Bootfahrt auf dem Flüsschen, mit Picknick und einer halben Stunde baden unterwegs, bei der Hitze genau das Richtige. Die Boote starten vom Rio Carrao aus, und zwar oberhalb des Wasserfalls, ist ja eigentlich ganz logisch, denn den Wasserfall raufdüsen, das schafft auch kein Yamaha-Außenborder. Unterwegs können wir uns aber den Wasserfall aus der Nähe angucken und endlich auch das dazugehörige Rauschen genießen.

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Wenn du hier baden gehst, gehst du baden


"Ihr müsst wasserdicht sein", sagte Godot, der in Wirklichkeit Luisito heißt und Plastiktüten für Wertsachen verteilte, die besser trocken bleiben sollten. Wir hatten freilich, durch frühere el-gato-hafte Erfahrungen gewitzt, unsere papierenen Dokumente längst ins Trockene gebracht. Die Uhr steckte tief im Gepäck, und die Kamera verträgt ein paar Spritzer. Und dann hocken alle vierzehn Gringos auf den Holzbänken des Einbaums und staunen nicht schlecht, dass der abzischt wie eine Feuerwerksrakete. Die Schiffer haben da offenbar so einen Formel-1-Außenborder dranmontiert, dass uns der Fahrtwind fast die Perücken vom Schädel bläst. Gerade mal 20 Minuten Fahrt, und schon heißt es aussteigen.

"Diese Halbinsel muss zu Fuß überquert werden, im vollbesetzten Boot ist es zu gefährlich wegen heftiger Wirbel und Stromschnellen. Das Boot fährt leer auf die andere Seite und wartet da auf uns", erläutert Luisito und steigt allen voran die steile, grasige Uferböschung hinauf. Unter den Ausflüglern ist eine stark blondierte Padovanerin, die sich halb auf Sofia Loren und halb auf Brigitte Bardot gepeppt hat und auf Italienisch lauthals mault, dass sie eigentlich nicht in Urlaub gefahren sei, um Strapazen zu erdulden. Aber was hilft's, vor die Wahl gestellt, zu Fuß nach Canaima umzukehren oder die Halbinsel zu erwandern, entscheidet sie sich für das geringere Übel und bequemt sich, ihren Sciopero einzustellen und missmutig durch die Savanne zu tippeln. Dabei ist alles halb so schlimm. Oben ist flaches Grasland, und keine 20 Minuten später sehen wir unser Boot wieder, ein kleiner Spaziergang, tut echt nicht weh. Nur heiß war es, mindestens 35 Grad im Schatten, den es unterwegs freilich nirgends gibt. Die Abkühlung kam aber sehr schnell, denn unser Düsentrieb-Einbaum jagte mit solchem Schmackes durch die nächsten Stromschnellen, dass die Italiener bei jeder kalten Dusche, die sie abbekamen, einen Chorlaut auf dem hohen C von sich gaben.

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Überall in großer Zahl: Wasserfall um Wasserfall


Und weil wir ohnehin ziemlich nass waren, stürzte sich die ganze Mischpoke ins klare Flusswasser, als ein Seitenarm des Rio Carrao über rundgewaschene Felsen gehüpft kam. Da war auch die Padovanerin wieder mit Luisito versöhnt und ließ sich die Gelegenheit, ihre Rundungen in einem atemberaubend knappen Bikini vorzuführen, nicht entgehen.

Bis zum Ziel waren es noch weitere 25 km, die alle abgesessen werden mussten, dass uns fast das Sitzfleisch blutete. Ich war drauf und dran, meine Schwimmweste abzulegen und als Kissen auf der harten Holzbank unterzulegen. Lieber absaufen als bei jedem Wellendotzer die blauen Flecken am Steiß zu vermehren. Aber Luisito blieb unerbittlich mit seiner Gringo-Folter. Er reichte Bocadillos durch, damit keine Revolte ausbrach und alle Widerworte im allgemeinen Mampfen erstarben. Und dazu eisgekühlte Coca Cola, die venezolanische Nationalbrause, die freilich durch die allfällige Flusswasserdusche und den endlich zuschlagenden Nachmittagsregen verdünnt wurde. Du siehst, die Fahrt war nicht langweilig, keine Bootfahrt ohne Dusche. Ich dachte, ich seh nicht recht, als alle Italiener bei den ersten Regentropfen Regencapes und Gummiponchos hervorkramten, die auch einer Woche Schottland standhalten würden, obwohl wir auch ohne Regen schon bis auf die Haut nass waren und für die Erfrischung in der subtropischen Hitze dankbar sein mussten.

Eine halbe Stunde später, als wir in den schmalen Seitenfluss Rio Churrún eingebogen waren, war der nasse Spuk vorüber und mein T-Shirt auch ohne Gummihaut wieder trocken. Aber nicht lange, denn dieser Rio hält nicht nur gute Aussicht auf die Steilwände der nahen Tafelberge, sondern auch jede Menge Hindernisse parat, die mal vorsichtig, mal beherzt durchschifft werden müssen. Angesichts einer Felswand, deren Form mich an die Rundmauern der römischen Engelsburg erinnerte, fiel mir komischerweise auch noch die Loreley ein. Wenn da oben jetzt eine naturblonde Mieze säße und uns eins vorsingen würde, dann würden womöglich am Ende die Wellen Schiffer und Kahn verschlingen, aber wir kamen fast ohne Schrammen sogar an Skylla und Charybdis vorüber, ein dreifaches Hurrah dem wackeren Steuermann und dem Formel-1-Quirl am Heck!

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Loreley auf der Engelsburg? Assoziationen eines verschrobenen Teutonen....


Der Nachmittag war schon recht fortgeschritten, als unser Kahn endlich auf den Schotter am Zielort knirschte. Jetzt ein Bier, ein Steak und ein Bett wünschte ich mir, als ich die steifen Knochen von der hölzernen Sitzbank hochwuchtete. Nichts davon war zu bekommen, im Gegenteil, eine weitere Strapaze erwartete uns samt der zitronensauren Padovanerin. Das Gepäck durften wir unter einem Wellblechdach lassen, mussten dann aber über Geröll und Wurzelwerk, durch Sumpf und Morast, zwischen Lianen und Farnen in die Botanik eindringen. Und bald geht der Pfad aus der Horizontalen in die Vertikale über, so dass du vom Vordermann nicht mehr das Gesäß, sondern nur noch die Hacken siehst, so steil geht's hoch. Als die Proteste in padovanischer Mundart immer unüberhörbarer durch den Nationalpark hallten und die Mosquitostiche überall heftig juckten, tat sich ein Fenster im Dschungel auf, ein Aussichtsfelsen, auf dem alle niedersanken und erst einmal die Raffel hielten. Gegenüber rauscht nämlich der höchste Wasserfall der Welt knapp einen Kilometer (979 m) in freiem Fall in die Tiefe und kommt unten total zerstäubt als feiner Gischt an, bevor er sich wieder zu einem kleinen Fluss zusammenfindet. Da war er also, der
Salto Angel, wegen dem wir um den halben Globus gedüst gekommen sind, wer will sich da noch über 40 Minuten Urwald-Trekking beschweren?

So, jetzt ist mal wieder QUIZ-Time. Die Preisfrage: Warum heißt der Wasserfall "Angel fall" (Salto Angel)?

Die richtige Antwort findest du nach dem Bild.

 

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Den Sturz überlebt keine Forelle !


Au wei, du hast heute deinen schlechten Tag, schon wieder falsch getippt! Von wegen Anc Huel! Das ist eine Wortschöpfung des Frank Eschersheimer. Bei den Einheimischen heißt das fliegende Gewässer nämlich Kerepakupai Vená.

Die richtige Antwort ist a). Da hat ein Amerikaner namens Jimmie Angel versucht, mit einem hölzernen Doppeldecker auf dem Tafelberg Auyantepuy zu landen, das war 1937. Und warum? Weil er hoffte, da oben Gold zu finden. Die Amis sind ja immer hinter den Nuggets her. Statt des Goldes fanden sie leider nur einen Sumpf, in dem sein Fluggerät versackte und nicht mehr flott zu kriegen war. Und es grenzt an ein Wunder, dass die vier Insassen des Fliegers von da oben heil wieder runtergekommen sind. 11 Tage brauchten sie dazu, einen Abstieg zu finden, und ich sag dir, im freien Fall wären sie schneller unten gewesen. Nebenbei entdeckten sie jedoch den Wasserfall, der seitdem nach Jimmie Angel benannt wird. Und, willste nochmal quizen? Also gut, ein neuer Versuch, deine Ehre zu retten und mit Bildung zu prahlen. Die Preisfrage lautet: Wie hoch ist der Angel-Fall im Vergleich zu den Niagara-Fällen?

Für die Auflösung musste warten, bis du dir das folgende schöne Foto gut angeschaut hast.

 

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Dreh doch mal den Wasserhahn zu !


Ich glaube, wir lassen die Quizerei, du liegst echt total daneben. Schlag mal nach, wie hoch die Niagara-Fälle sind, dann kannst du errechnen, dass d) die richtige Antwort ist. 

Mit Müh und Not erreichten wir knapp vor Einbruch der Dunkelheit das Wellblechdach, unter dem sich ein weiter betonierter Platz erstreckt. Eine Anzahl von Holztischen und -bänken steht da drauf, von blakenden Kerzen und Petroleumfunzeln spärlich erhellt. Und auf den Bänken hocken hungrige Gringos und warten auf die unvermeidliche Coca Cola und auf was zu spachteln. Ich weiß schon, was es gibt, denn als ich mich in der Dunkelheit zum Pinkeln in die Büsche schlug, wo mich ein überfallartiger Platzregen kalt erwischte, kam ich an einem kleineren Dachl vorbei, unter dem eine wackere Glut versuchte, einen aufgespießten Hühnerstall oder vielmehr dessen Inhalt in Grillhendln zu verwandln, die in der Tat nicht lange auf sich warten ließen und halbiert, mit Salat und einer tüchtigen Portion Reis garniert, auf unsere Teller geflattert kamen. Und was da neben den Tischen wie große Fledermäuse von den Dachbalken und den Tragestützen herabpendelte, das waren unsere Hotelbetten. Hast du schon mal in einer Hängematte übernachtet? Seit der frühen Wiegenkindheit hab ich mich und mein halbes Hendl jedenfalls nicht mehr so gemütlich in den Schlummer geschaukelt. Nur die Cola im Bauch gluckerte ein bisschen....

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Wienerwald am Angel-Fall


Übrigens, japanische Venezuela-Reiseführer warnen ausdrücklich vor den Bootsfahrten, die von den Einheimischen veranstaltet werden, denn "da wird dem Reisenden unter Umständen zugemutet, in einer Hängematte zu übernachten". Wahrscheinlich saßen alle japanischen Touristen außer unsrer Ka in den Hubschraubern und Kleinstflugzeugen, die alle naslang über dem Angel Fall brümmeln, zwei Foto-Runden drehen (oder auch drei, wenn sich Wolken vor die Felswand schieben) und dann wieder zum nächsten Vier-Sterne-Hotel zurückknattern.

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Wiegen für die größeren Babys, wenigstens regnet's nicht rein


Nach dem erneuten Wellenritt anderntags entluden wir unsere weichgeklopften Hinterteile am frühen Nachmittag in Canaima und dachten, jetzt hätten wir Pause zum Trocknen unserer Guidebooks und Badesachen. Aber Luisito wollte nicht von uns lassen und meinte gar, wir seien unzufrieden, wenn er uns nicht bis zum Ende des nassen Tages entertaint. Also folgten wir ihm zu einem "kleinen Spaziergang".

"Zieht besser Badezeug unter eure T-Shirts und nehmt die Plastikbeutel mit, ihr werdet nämlich wieder nass!"

Das sind ja feuchte Aussichten! Aber das Quecksilber in den Thermometern ist schon längst wieder jenseits der 30-Grad-Marke entschwunden, wer würde nicht mitgehen wollen zum nächsten Swimming Pool? Wir tappsten also steif runter zu jener Lagune, in die sich der Rio Carrao in voller Breite stürzt, und wurden schon wieder - Oh mein Popo! - in eine Yamaha-Holzrakete gesetzt. Aha, jetzt fährt der doch den Wasserfall rauf, dachte ich, nur um meine Behauptung, das würde der nicht packen, zu widerlegen. Aber den Wasserfall ignorierte unser Kapitän und fuhr nur so nahe an die Gischt heran, dass wir tatsächlich so nass wurden, als wären wir bis hierher geschwommen. Das Ziel befand sich jedoch jenseits der Lagune, wo ein harmloser Wanderweg ins Grüne begann. Der kleine Spaziergang führte in ein Wäldchen voller hungriger Mosquitos, wo nach einiger Zeit schon wieder ein wasserfalliges Rauschen zu vernehmen war. Der Rio Carrao hat nämlich zahlreiche Seitenarme, und alle stürzen sich wie die Lemminge in die Lagune. Fotogene Aussicht auf den nächsten Wasserfall El Sapo, eine Ultrabrause zum Anfassen.

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Hattest du nicht nach der Dusche gefragt? - Voilà, da ist sie...


Also nicht dass du jetzt meinst, ach, so ein Nebenarm, da tröpfelt nur ein Rinnsal zu Tal. Nee nee, da tost schon was runter, dass du Mund und Augen zuzumachen vergisst, das ist ein Wasserfall, bei dem jeder Elektroingenieur von dicken Turbinen träumen würde. Venezuela ist echt das wasserreichste Land von Südamerika, und der Orinoco ist immerhin der achtlängste Fluss des Kontinents. Dass hier überall Wasser plitschert und platschert, hatten schon die Spanier gemerkt, die auf ihrer Suche nach Gold weit in der Welt herumkamen. Und manche Siedlungen der hiesigen Ureinwohner waren dermaßen auf, in, um und an Gewässern errichtet, dass die Kolonisatoren sofort an Amsterdam dachten. Zufällig lag Spanien aber damals mit Holland im Krieg, sonst hieße Venezuela heute womöglich Amsterdamuela. So besann man sich bei der Taufe des wasserreichen Beutestücks eben auf die andere europäische Lagunenstadt: Venezuela heißt "Klein-Venezia". Lustig, was? Allein in Canaima schwappt mehr Wasser als in ganz Venezia, und wie viele Millionen Venezias auf die Fläche von Venezuela passen würden, wäre die nächste Quizfrage, wenn ich die richtige Antwort wüsste. Aber na gut, Klein-Venezia also....

Aber jetzt pass mal auf. Der Weg geht nämlich weiter und führt cool hinter dem Wasserfall auf die andere Seite rüber. Jawohl, hinter dem Wasserfall auf dem obigen Foto. Gut, man hört ja oft davon, dass man hinter manchem Wasservorhang durchtippeln kann, in Tivoli etwa, aber was dort vor dir runterplätschert, ist allenfalls so viel, wie ein Dutzend Gartenschläuche zuwege bringen. Aber hier rumpelt die Wassermenge des Rheins zu Tal, und hast du dir schon mal den Rhein von unten angesehen ? Ja natürlich, in der Oper. Wo der Alberich auf dem Grund des Rheins ganz ohne Schnorchel mit den Rheintöchtern poussiert und dabei zwischen rostigen Motorrädern, Bettgestellen, Fliegerbomben und anderem Flussbodenmüll das Rheingold findet. Aber hier..., nix Alberich, nix Gartenschlauch, nix Tivoli, nix Rheingold. Da hältste dich fest und den Atem an, die ohrenbetäubend donnernde Wasserwand vor deinen Augen ist undurchdringlich.

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Guck dir den Fluss mal von unten an

Der Felsen zittert unter der Wucht des Wassers


Also, ich bin ja schon manches Mal nass geworden, aber so eine Dusche hab ich noch nicht erlebt. Und wohin gelangst du auf der anderen Seite? Auf eine Insel mitten im Fluss. Wasserfall von oben sozusagen. Auf allen Seiten Wildwasser. Rechts tost was zu Tal, links braust was zu Tal, unter dir brüllt, gischtet und zischbifft was, und hinter dir gurgelt und quirlt die rotbraune Brühe auf dich zu, als wollte sie das Inselchen auch mit in die Lagune befördern.

"Gute Aussicht, was?", brüllt Luisito gegen die Naturgewalten an und packt die Cola-Bottel aus. Vom vielen Wasser ist er wohl durstig geworden. In der Tat, gute Aussichten, denn es führt kein Weg weiter, wir müssen noch mal hinter dem brüllenden Wasservorhang durch, um zur Zivilisation zu gelangen. Noch ein Ritt über die Lagune, und endlich wähnen wir uns im Trockenen, da geht der tägliche Wolkenbruch los, und ich sag dir, der gab sein Bestes, um dem Wasserfall Konkurrenz zu machen! Obwohl die ganze Bande sowieso bis auf die Haut durchnässt war, sprinteten alle unter das nächste Dachl; das muss ein Urinstinkt sein, denn nasser als nass kannste eigentlich nicht werden.

Und wenn du mit Italienern vertraut bist, ahnst du sicher schon, wie der Tag endete: Die einzige Bar, die es in Canaima gibt, wurde zum Tanzlokal gemacht, und während der Kneipier das Salsa-Tonband bis zum Anschlag aufdrehte, die blondierte Sophia Bardot vor den Augen ihres fischig schmollenden Mackers mit allen anderen Männern aufreizend dazu tanzte und Ka in dem Disco-Lärm mit einer tanzfaulen Genovesin Konversation zu treiben versuchte, nuckelte ich still an meiner Caipirinha und träumte von einer Hängematte in dunkler Waldesstille.

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El Sapo aus allen Perspektiven, nur vom Reinhoppen rat ich dir ab

 

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