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1984

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26. Februar
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27. Februar

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.28. Februar

glueck

Was den Chinesen in der Volksrepublik ihr Mao ist, das ist den Chinesen in der volkslosen Republik ihr Zhongzheng. ---

Wie bitte, nie gehört? Und da traust du dich nach China hinein? Im Personalausweis des großen Zhongzheng steht "Jiang Jieshi", was man in Deutschland aus unerfindlichen Gründen zu Tschiang Kai Scheck verballhornt, wahrscheinlich, um durch den Scheck einen Hinweis auf die kapitalistische Gesinnung des einstigen Mao-Gegenspielers und Chefs der Partei Guomindang zu geben. Der eine hat so viele Menschenleben auf dem Gewissen wie der andere, der eine war ein so brutaler Diktator wie der andere, und beim Personenkult unterliegt der Zhongzheng dem Mao nur deshalb, weil auf Taiwan eben der Platz für Denkmäler, Mausoleen, Statuen und Konterfeis begrenzter ist als in den Weiten des chinesischen Festlands.

Bevor du weiterzappst, weil du einen Reisebericht lesen wolltest und keinen Essay über chinesische Kaiser, landen wir schnell mit nur zwei Stunden Verspätung auf dem Zhongzheng-Airport, voller Vorfreude auf den Genuss chinesischer Freiheit. Die beiden zusätzlichen Flugstunden waren erforderlich, damit alle Passagiere die bunten Formulare ausfüllen konnten, die in Asien für die Einreise in freie wie unfreie Länder als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für stellenlose Statistiker erforderlich sind. 

konfuzius
Kongzi (Konfuzius)


Wie durch ein Wunder erwischten wir den Boy in der Airport-Bank noch, bevor er sein Gitter ganz heruntergelassen hatte, und das war ein großes Glück, denn die Zahlungsmittel mit dem Zhongzheng-Portrait drauf sind im Ausland auf Grund der völkerrechtlich dubiosen Stellung der Inselrepublik nicht erhältlich. Und da eine Reise nur eine Sonderform des Geldausgebens ist, bist du um halb elf Uhr abends ganz froh, ein paar Scheine Bargeld in der Tasche zu haben, denn Taibeis Airport liegt charmante 60 km von der Inselkapitale entfernt und der letzte Bus ist um 22:30 Uhr natürlich schon davongedieselt, wenn du mit deinem Rödel zum Ausgang rauskommst.

Stell dir mal vor, was Frank für Augen machte, als er da einen Chinesen stehen sah, der ein Schild in die Höhe hielt, auf dem in Großbuchstaben unmissverständlich und orthografisch korrekt FRANK ESCHERSHEIMER geschrieben stand! Die chinesischen Geheimdienste arbeiten ziemlich effektiv, schoss es ihm durch den Kopf, aber der Mensch war einer der Engel vom Hotel Tianshi (Engel), das der Frank von Tokyo aus vorgebucht hatte, und die Leute waren so clever, uns unangefordert per Kleinbus vom Flughafen zur Herberge in Taibei zu spedieren.

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Tor des Zhongzheng-Mausoleums


So fuhren wir ganz elegant vom Zhongzheng-Airport über die Zhongzheng-Avenue, am Zhongzheng-Mausoleum vorüber mit der gigantischen Zhongzheng-Statue davor, und als wir schon glaubten, wir seien irrtümlich nach Pyeongyang geraten, erreichten wir die Heimstatt der Engel. Von diesen enthält das Hotel mindestens zwei Kategorien. Die einen, Typ Concierge, hocken in jedem Stockwerk in einem Kabuff mit Telefon und Heißwasser-Anlage, bringen den Gästen Tee aufs Zimmer und melden jedes Kommen und Gehen an die Zentrale. Außerdem vermitteln sie alleinreisenden Herren eine zweite Kategorie von Engeln, in der Regel eine Generation jünger, von denen in der Lobby bereits ein Dutzend wartete und die neu eintreffenden Gäste musterte. Näheres über Service und Preise dieser Engel frage man mich bitte nicht, da ich mit Dame reiste.

Dafür, dass der Airport-Transfer im Preis enthalten ist, lässt sich der Übernachtungspreis bei den Engeln akzeptieren. Aber nur für die erste Nacht, denn künftig brauchen wir erst mal keine Transfers, sondern ein Frühstück, und das ist nicht im Preis enthalten. Außerdem ist das Personal dreist genug, uns auf die Frage nach dem Bus zum Bahnhof eine Taxifahrt zu empfehlen, obwohl die Bushaltestelle genau gegenüber der Eingangstür ist. Also, wir beide haben schon mehr Länder bereist, um uns von so einer Hoteltante ins Bockshorn jagen zu lassen. Am Kiosk gibt's die Sammelfahrscheine, und ein bebrillter junger Mann nennt uns auf Englisch die richtige Buslinie, mit der wir eine Viertelstunde später schon für nur 6 NT$ (New Taiwan Dollars, ca. 30 NT$ = 1,00 Euro) am Ziel sind. Dort landen unsere Päcke in der Gepäckaufbewahrung, bis wir ein neues Domizil finden.


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Busse und Stau im trüben Alltag


Und jetzt stehn wir da, am Bahnhof von Taibei, im Bauch ein lappriges Spiegelei und Toast für gut 7 Euro, die letzte Wohltat, die wir dem Engel-Laden erwiesen haben. Der Himmel ist dick grau bewölkt und lässt die wabernden Auspuffgase in den grauen Straßen mit den grauen Fassaden noch undurchdringlicher erscheinen. Wir waren zwar schon darauf gefasst, dass Taibei kein Florenz ist, aber vielleicht liegt es ja auch am Bahnhofsviertel, das wohl in keiner Großstadt der Welt idyllisch aussieht. Im Wesentlichen bestehen die umliegenden Viertel aus Bushaltestellen, ein riesiges Terminal der Dieselbrummer, die alle, von der Nummer 0 bis zur Nummer sechshundertsoundsoviel, hier ein- und ausfahren. Wir stolpern durch den chaotischen Verkehr und suchen den Bus, der uns zum Zhongshan-Memorial bringen soll.

Also, der Zhongshan, das ist wieder ein anderer als der Zhongzheng. Zhongshan ist die chinesische Lesung des japanischen Namens Nakayama, und das war der Tarnname des Dr. Sun, der wegen Umsturzverdachts vorübergehend in Japan um Asyl ersuchen musste. Er war als Kind in Macao auf den Vornamen Yixian getauft worden. In Macao wurde das seinerzeit Yatsen ausgesprochen. Jedenfalls ist er derjenige, der den letzten Kaiser vertrieben und China zur Republik gemacht hat, das war Anno 1911. Er ist wohl die einzige Persönlichkeit, die in allen Chinas als "Landesvater" geachtet und geehrt wird. Seine Witwe lebte bis zu ihrem Tod mit einer Staatsrente in Beijing und war nicht einmal während der Kulturrevolution behelligt worden. Trotz allen Respekts war allerdings nicht der tote Zhongshan unser eigentliches Ziel. Heute ist aber Sonntag, und samstags und sonntags sollen dort kostenlose Darbietungen der klassischen chinesischen Oper stattfinden. In dem hübschen Rasenpark rings um das Memorial drängeln sich Mamipapikiddies, machen Picknick, lutschen Zuckerwatte und kaufen Luftballons oder versuchen vergeblich, in der Windstille Papierdrachen in den bleigrauen Dunst aufsteigen zu lassen. Auf Tandems kurven Pärchen zwischen Dreirad-Kleinkindern und Federball-Spielern, fürs Foto posieren Großfamilien von der Urgroßmama bis zum Windelbaby. Es ist Ende Februar, am Nachmittag sind es 16 Grad, und die Leute tragen wattierte Seidenjacken mit chinesischen Mustern drauf.

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Park um das Zhongshan-Memorial


Am Memorial gibt es ein Auskunftskabuff, aber die Dame drin gehört offenbar nicht zu der Engelbande, denn sie spricht kein Engelisch. Chinesische Oper? Am Abend gibt's Musik, so viel bringen wir aus ihr heraus. Na ja, dann kommen wir am Abend halt wieder. Vorher müssen wir uns aber ein Dach über den Kopf besorgen, um nicht unter der Brücke des Danshui-Flusses nächtigen zu müssen. Im zentral an der Xinyi-Straße (Straße der Tugend) gelegenen Studentenhaus kriegen wir ein zwar nur geringfügig billigeres Zimmer, aber erstens sind wir hier der Tugend näher als bei den Engeln, und zweitens ist das Zimmer kein Zimmer, sondern ein ganzes Appartement mit Wohnzimmer, Schlafzimmer, Bad, Kochecke, voller Schränke, Schreib- und Esstische, mit Couch, Couchtisch, Bücherbord und Sesseln. Das Personal ist nett, jung und studentenhaft, ohne Etagendamen und andere "Engel", hier fühlt sich der Frank wohler.

Also, das erste Mal in seinem Leben in China, da müsste der Frank jetzt langsam Eindrücke sortieren. Aber du musst wissen, dass er in Tokyo lebt, und da ist der Unterschied schon mal gar nicht mehr so riesig, und, ehrlich gesagt, wenn du am Sonntag in Wanne-Eickel in den Stadtpark gehst, dann sieht das auch nicht viel anders aus, nur dass sie in Taibei halt Chinesisch quackeln und in Wanne-Eickel Türkisch. Und dass Taibei einige Nummern bedeutender ist als Wanne-Eickel. Frag mich jetzt nicht, warum ich gerade auf Wanne-Eickel komme. War nur so eine Eingebung.


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Fast wie in Wanne-Eickel


Neben dem Studentenhaus steht eine Ausstellungshalle, in der gerade ein Büchermarkt abgehalten wird, und da gibt's alle Werke, die in Shanghai auf dem Büchermarkt nicht zu finden sind. Und umgekehrt, die rote Fibel und andere Schriften der roten Denker und Henker sind hier nirgends zu sehen. Folgt man dem Pfad der Tugend ein Stück weiter, gelangt man zu einer kleinen Fressgasse, einem Downtown-Markt, wo die Hausfrauen ihr Gemüse und andere Ingredienzen der köstlichen chinesischen Cuisine einkaufen. Lampions und dimme Funzeln locken die Kundschaft in der Abenddämmerung vom Tugendpfad weg in beulige Seitengassen, in denen allerlei Rüchlein aus niedrigen, krummen, steinernen Häuslein wehen. Hier findet man sich unversehens mitten im alten China, in einem engen Wohnlabyrinth, über dem Gezänk, Kindergeschrei, Geschirrgeklapper, Pingpong-Getackel, Hausaltar-Räucherstäbchenduft wabern, wo aus den offenen Türen Kleinkinder, Katzen und Geflügel auf den ungepflastert staubigen Weg laufen und wo dem ahnungslosen Besucher, wenn er nicht gut aufpasst, aus einem offenen Küchenfenster womöglich eine Ladung Spülwasser über die Figur gekippt wird. Ein alter Herr, der vor der Türe Holz hackt, sagt was auf Chinesisch zu Ka, was sie natürlich nicht versteht, aber kurz darauf wissen wir, was er meinte: Ende der Gasse.


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Lädchen in downtown Taibei

Irgendwann kommt immer der Zeitpunkt, wo man einfach nicht weiter weiß und einen Zeitgenossen, der sich besser auskennt, um Auskunft fragen möchte. Leider sind nicht immer bebrillte Jünglinge zur Hand, die so intellektuell aussehen, dass man auf englische Verständigung hoffen darf.

"Wo geht's zum....? Welcher Bus fährt nach ..."

Wenn man mit Englisch nicht weiterkommt, kratzt man seine hundertfünfzig aufgeschnappten Brocken Chinesisch zusammen oder fängt an, Schriftzeichen aufzumalen. Aber alles ist vergeblich, wenn Ka daneben steht. Immer die gleiche Reaktion: Ein Blick auf die Japanerin, und dann eine sprudelnde, ausführliche Auskunft --- auf Chinesisch. Ka versteht nur Huochezhan (Bahnhof). Also, du kannst mir erzählen, du könntest Chinesen, Japaner und Koreaner sofort unterscheiden. Na ja, wenn sie in Gruppen vor dem Schloss Neuschwanstein stehen, vielleicht. Aber einzelne Individuen hältst du nicht auseinander, da wette ich mit dir. Wenn selbst Ka hier glatt als Taiwanesin, in Korea als Koreanerin, und in Hongkong als Hongkongerin durchgeht! Sogar in Thailand hat man sie für meine Dolmetscherin angesehen...

In der Stadt kapieren die Leute nach zwei, drei Versuchen, dass Ka offenbar die falsche Adresse ist, aber auf dem Land kann es kein Mensch fassen, dass jemand mit einem asiatischen Gesicht kein Chinesisch kapiert. Sie versuchen es mit großer Ausdauer, denn es sind ja liebenswürdige Leute, fassen ihre Worte neu, suchen nach anderen Ausdrücken und sind schließlich starr vor Staunen, dass Ka nicht in der gleichen Sprache "danke vielmals für die freundliche Auskunft" sagt. Da ich früher mal ein bisschen Chinesisch gelernt habe, kann ich mir aus dem Redefluss und den Gebärden oft zusammenreimen, dass die Buslinie Nr.8 irgendwo in der zweiten Straße rechts abfahren soll. Mit offenem Mund gucken uns die Bäuerlein nach, verblüfft über unser offenkundiges geistiges Defizit.

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Im typischen Brodelstau von Taibei


Die erhoffte "chinesische Musik" am Abend entpuppte sich als ein Flötenkonzert mit Aurèle Nicolet, ist ja eine ganz fabelhafte Sache, aber eigentlich wollten wir die chinesische Oper erleben. Als echte Banausen kehren wir der Konzerthalle den Rücken und betreten stattdessen das kleine Familienrestaurant nahebei, das uns schon auf dem Hinweg duftenderweise angenehm aufgefallen ist und wo gebratene Enten, dicke Fische, frische Shrimps und allerlei exotische Gemüse ungeduldig darauf warten, von uns verschlungen zu werden. Mein Chinesisch reicht aus, um auf der Speisekarte zwischen Rind und Geflügel, Fisch und Schwein unterscheiden zu können und zu erkennen, dass hier alle Gerichte zum Einheitspreis von 75 NT$ offeriert werden. So schloss der Tag auf die lukullische Art, und auf einen Berg Meeresziefer folgte zum Ende die Ente.

Wer auf blauen Himmel am blauen Montag hofft, muss recht blauäugig sein. In Taiwan herrscht anscheinend ein bleigraues Einheitswetter alle Tage --- nein, stimmt nicht, es beginnt nämlich zu tröpfeln. Hinter diesem Reisewetter stecken natürlich die Museen, die ohne Besucher in die roten Zahlen kämen. Das Nationalmuseum in Taibei hat auch montags auf, liegt aber am äußersten Rand des nördlichen Vororts Dazhi. Vier verschiedene Buslinien fahren bis vor die Haustür des Museums, aber wir fanden keine davon. Im Tourist Info Office staunte man über meinen Wunsch nach einem Buslinienplan und darüber, das es in anderen Ländern etwas Derartiges geben soll. Hier weiß anscheinend jeder Bescheid, welcher der pausenlos durch die Stadt rußenden Busse der über 600 Linien wohin rollt. Beneidenswert.

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Taibeis Girls trotzen dem Regen


Wenn man einsteigt, meist beim Fahrer, kriegt man sofort eine blinkende Metallzange unter die Nase gehalten und womöglich selbige abgeknipst anstatt der Wertmarken des Sammeltickets, wenn so eine Langnase tumb und unwissend dasteht und den Verkehr aufhält. Hier sind japanische Höflichkeit und Service unbekannt, alles geht ruckzuck, und dann zischt der Bus wie eine gedopte Rakete durchs Gewühl, beim Linksabbiegen ungerührt in den Gegenverkehr eintauchend, wer draufknallt, ist selber schuld und meistens schwächer gepanzert als ein städtischer Omnibus. Man muss den Stadtplan auf den Knien haben und jedes Abbiegen mitverfolgen, wenn man sich nicht auskennt, und wer vor der Haltestelle nicht rechtzeitig am Ausgang steht, kriegt die Türe knallzapp zugemacht und muss eine Station weiter fahren.

Wir kamen schon hin, zum berühmtesten Museum Chinas. Der Mensch in der Buszentrale gab uns die richtige Auskunft, und dann standen wir im Nieselregen vor dem Bau und staunten, denn wir waren anscheinend die einzigen Besucher. Kein Schlangestehen, keine Menschenmassen, ein leerer, weiter Riesenparkplatz, auf dem sich drei oder vier Fahrzeuge verloren.

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Menschenleere Kultur


Du weißt ja, dass die Guomindang-Truppen, nachdem sie den Kommunisten heftig zugesetzt und Mao mit seinen Genossen in die Flucht getrieben hatten, was von diesen als "Langer Marsch" verklärt wurde, allmählich doch noch in die Defensive gerieten und schließlich selbst vor den Roten weglaufen mussten. Bei ihrem großen Sprung auf das rettende Ufer Taiwans nahmen sie aus Beijing an Kunstschätzen alles mit, was nicht niet- und nagelfest war, weil sie den Kommunisten ---zu Recht, wie sich während der Kulturrevolution zeigte--- jede Schandtat zutrauten, und all das antike Porzellan befindet sich jetzt im sogenannten Palastmuseum. Das heißt jedoch nicht, dass der Besucher das für sein Eintrittsticket zu 20 NT$ auch alles zu Gesicht bekommt. Man läuft jedenfalls schwerlich Gefahr, die gigantische, mit Fähnchen und Girlanden gezierte Bronzestatue des grinsenden, glatzköpfigen Zhongzheng im Erdgeschoss als Kunstwerk zu missdeuten. Die eigentliche Sammlung, zumindest der Bruchteil, den man in regelmäßig wechselndem Turnus zu sehen bekommt, befindet sich im 2. und 3. Obergeschoss.


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Kunstwerke findet man nur in den Obergeschossen


Nach der erstklassigen Kultur ein erstklassiges Menü, denn Museen bewirken müde Beine und leere Bäuche. Die armseligen Häuschen, die in der Umgebung des Museums die regennasse Chaussee säumen und so hochtrabende Namen wie "Sichuan-Restaurant" führen, sehen nicht allzu vertrauenerweckend aus. Obwohl, in China soll man ja in den schäbigsten Hütten die köstlichsten Dinge vorgezaubert bekommen. Also, Mut! Obwohl man dem Sichuan-Restaurant im März schon die Kakerlaken des Sommers ansieht, trauen wir uns rein, verscheuchen die Frühlingsfliegen und stören den Alten aus seiner Zeitungslektüre mit unserem Wunsch nach Sichuan-Nudeln.

Sichuan-Nudeln sind, normalerweise, "al dente" und schwimmen in einer trüben, mit gestampftem Sesam gewürzten Brühe. Was wir bekamen, war dick wie Kaffeesatz, total versalzen und schmeckte nach gestampften Erdnüssen, mit mehligen Nudeln drin, niente al dente. Offenbar sind wir auf eine Ausnahme der Regel von den köstlichen Delikatessen in schäbigen Hütten gestoßen.

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Normalerweise sind die Nudeln echt lecker


Nicht weit von hier steht das pompöse Grand Hotel, und wir tappten nicht eilends durch die Pfützen zu der Luxushotelpforte, um auf die Nudeln, die uns wie Gips im Magen liegen, noch etwas Genießbares nachzulegen, sondern weil sich hier der einzige Autoverleih von ganz China befindet. Es gelingt uns, dem Vermieter das letzte verfügbare Vehikel für den nächsten Tag abzuschwatzen, obwohl wir von Taibei noch nicht allzu viel gesehen haben, aber im Süden soll es warm und sonnig sein, und dahin, dahin, o lasst uns schleunigst ziehn!

Im Zentrum der Stadt ist die Zhonghua-Straße mit zugeklapptem Schirm zu besichtigen, denn diese Basarzeile ist überdacht und gesäumt von zahllosen Fressbrutzeleien, deren Düfte auch weniger gipshaltige Mägen in ihren Bann schlagen. Wer sich in Taibei nicht in ein Restaurant traut, weil er die Speisekarte nicht lesen kann, der muss in die Zhonghua-Straße gehen, denn wer da verhungert, ist selbst dran schuld. Natürlich gibt's im Basar auch ein reichhaltiges Angebot von Krimskrams bis HiFi, und in dieser Saison scheinen BHs und Schuhe, die sich an allen Ecken zu wahren Gebirgen häufen, besonders gefragt zu sein.

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Wer hier verhungert, ist selbst dran schuld


Auf einmal wird die Nase hart angegangen von einem höllischen Gestank, halb totes Pferd, halb Stinkbombe, und während der eiligen Flucht erhascht der Blick die Schriftzeichen Choudoufu --- "Stinke-Tofu"! Anscheinend hat jedes Land seinen Romadur und Harzer, keine Kultur kommt ohne eine Spezialität aus, die noch nach Generationen Einheimische von Zuwanderern trennt...

Mag in Taiwan auch der Einfluss des Westens in vielen Bereichen spürbar sein, in der Cuisine hat das Ausland nur wenig zu sagen. Nur in einer Sparte hat Europa fest Fuß gefasst.

Steak? Pizza? Hamburger? Tiramisu? Wein?

Weit gefehlt... Es ist der Kuchen. So brillant die chinesische Küche auch sein mag, süßes Backwerk ist nicht ihre Stärke. Aber überall in Taiwan florieren unglaublich viele Bäckereien, die Kuchen, Teegebäck, Torten, Kaffestückchen und Brötchen fabrizieren, in fantasievollen Farben und Formen, und das mundet durchaus auch zum Jasmin-Tee.

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Es muss aber nicht immer Kuchen sein

Am Abend wieder Kultur, und zwar da, wo du sie vermutlich eher nicht vermuten würdest: Bei den "Vaterländischen Streitkräften". In China, das bringt die Geschichte nun einmal so mit sich, reimt sich noch viel mehr auf Militär. Und ins Kulturhaus der taiwanesischen Armee wird sogar der Frank Eschersheimer am Abend reingelassen, wahrscheinlich, weil er seine Reiseberichte nicht auf Chinesisch verfasst und daher noch nicht als unpatriotisches und kulturzerschredderndes Element bekannt ist. Und wenn du meinst, die Kultur bei den Militärs bestehe vorwiegend im Salutieren und Paradieren wie bei den Bundesmilitärs, da hast du dich geirrt. In Taibei kriegst du da Opern zu sehen. Natürlich keine Zauberflöte oder Aida, auch keinen Aurèle Nicolet, sondern die originale, echte Peking-Oper.

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Sieht flott aus, diese Haute Couture chinoise


Überreich an Geschichten und Legenden ist die alte chinesische Literatur. Und viele Themen werden in der hoch beliebten chinesischen Oper, mit traditionellen Kostümen, einem chinesischen Orchester und maskenhaft geschminkten Schauspielern dargestellt. Mindestens auf jedem dritten Kanal im taiwanesischen Fernsehen läuft rund um die Uhr Peking-Oper, aber das muss man live gesehen haben. Als Ausländer kriegt man natürlich nicht mit, worum es in der stark stilisierten Darstellung geht, aber der Klang chinesischer Instrumente, das Agieren der bunt kostümierten Darsteller, die zauberhaft geschminkten jungen Mädchen und die akrobatischen Tanzeinlagen mit wilden Schwertkämpfen lohnen den Besuch.

Auf dem Rückweg hört der Regen auf. Hoffnung für morgen?

 

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