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Woran es liegt, dass uns nun schon der dritte Morgen in Folge mit blauem Himmel anlacht, ist mir unbekannt; wir wollen wieder in die Taiga marschieren, aber Tuvshin ist besorgt, wir würden uns langweilen, wenn sie nicht täglich neue Attraktionen ausheckt, und kann nicht verstehen, dass wir auch ohne Entertainment hier glücklich sind. Als Kompromiss lassen wir uns mit dem Jeep zum Angeln fahren, ein beträchtliches Stück fort vom Ger-Camp. Ich habe Angelhaken und anderes Zubehör dabei und nach den täglichen Khuushuurs auch Lust auf frischen Fisch, aber bei dem Wetterchen heute stundenlang am Seeufer zu hocken und ins kalte Wasser zu starren bringe ich nicht fertig. Die Lachse können sowieso schon deshalb nicht anbeißen, weil sie angesichts des krummen Steckens aus dem Wald, den ich mir als Angelrute ausgesucht hatte, vor Lachen den Mund nicht zukriegen. |
Kaum ist das Töffeln des heimkehrenden Jeeps unserer Begleitmannschaft verklungen, schlugen wir uns in die Büsche und wanderten im Bewusstsein, dass es die letzte Möglichkeit auf dieser Reise sein würde, lange durch die Botanik und trudelten erst am Abend wieder im Ger-Camp ein. Wir holten Tuvshin und Ayurtsin, der wieder den ganzen Tag lang seinen Jeep manikürt hatte, nach dem Abendessen in die Bar und knackten zum Abschied eine Bottel Rotwein, und Ayurtsin hatte dafür am Abreisemorgen eine echte Überraschung für uns parat. Offenbar war ihm meine Hingabe an den Nomadenkäse aufgefallen; nun überreichte er uns lächelnd einen ganzen Käse, in Zeitungspapier gewickelt, und sagte, das sei ein Geschenk der Nomaden, aber ich wüsste nicht, welche Nomaden uns so ins Herz geschlossen haben könnten, dass sie uns einen ganzen Käse verehren. Ayurtsin, der sich trotz seiner Lastwagenfahrerpranken vor uns stets so genierte wie ein Schulmädchen, wollte nicht zugeben, dass er ihn auf eigene Kosten für uns organisiert hatte. |
So, tief Atem holen, noch vier Stunden Rüttelfolter, und dann haben wir die leidige Jeepbollerei endlich hinter uns. NIE MEHR PER JEEP durch Prärie, Steppe und Taiga!!! Graue Wolkenfetzen jagen, von einem fast schon winterlich kalten Wind getrieben, in Richtung Sibirien - Mannomann, der Besuch am Khövsgöl-See war das perfekte Timing! Drei Tage schönes Wetter, und heute fängt der Winter an... |
Und wir bolzen wieder über Stock und Stein, knirschen über Wurzelwerk und Kiesgrund, als wollte uns die Mongolei noch einmal so richtig zeigen, wie schön unberührte Natur sein kann. Aber so unberührt ist es auch wieder nicht, der spärliche Verkehr ramponiert die Taiga mehr als es eine gute Asphaltstraße täte. Die braune Grasnarbe ist nämlich ziemlich dünn, es kann hier regnen, so viel es will, Ackerland wird da nicht draus. Wenn die Piste irgendwo zu holprig wird, umfahren die Jeeps und LKWs die unbequeme Stelle über die Weide nebendran. Nach 2000 Fahrzeugen ist die Krume weg, Geröll und spitzige Felsen kommen zum Vorschein, und es dauert nicht lang, dann ist auch die neue Piste zu hobbelig --- eine weitere wird ausgefahren. Bis eine aufgegebene Fahrspur wieder zuwächst, vergeht mindestens ein halbes Jahrhundert, weshalb alle Fahrwege aus zahlreichen mehr oder weniger parallel verlaufenden Pisten bestehen, die je nach Bodenverhältnissen oft kilometerweit auseinander mäandern, man kann es vom Flugzeug aus sehr gut sehen. Andrerseits scheint das Gras, das mit Reifenabrieb und Motorenöl gedüngt und mit Dieselqualm gewürzt worden ist, den Weidetieren besonders zu munden, denn anders ist es nicht zu erklären, dass alle Herden just dann mitten auf der Piste zu stehen pflegen, wenn wir mit Volldampf dahergejuckelt kommen. |
AN DER NÄCHSTEN AMPEL RECHTS EINORDNEN.... |
Eine Stunde vor Mörön
beginnt es zu regnen, und als wir zum Mittagessen in das
einzige, namenlose und als solches nicht kenntlich
gemachte Gasthaus dieser Lattenhüttenstadt treten, geht
draußen all der Regen nieder, der sich während der drei
sonnigen Tage angesammelt hatte. Satt und zufrieden, dass
wir jetzt zum letzten Mal im Jeep hocken, rollen wir
durch den Regen zu jenem Acker neben den Pferdeställen
am Stadtrand, der als Flugfeld dient, und treffen dort
auf eine Menge Leute, die allesamt auffallend betreten
dreinschauen.
"Das Flugzeug, das in einer Stunde von hier abfliegen soll, steht noch in UB." |
Na gut, zwei Stunden
Verspätung, denke ich mir. Tuvshin raubt mir jedoch
diese schöne Illusion.
"Die fliegen erst, wenn das Flugfeld hier wieder trocken ist. Wir haben zwei Möglichkeiten. Auf gutes Wetter warten oder mit dem Jeep nach UB fahren." Ich glaub, mich tritt ein Pferd. Ich hab mich doch wohl verhört. Das gute Wetter lugte am späten Nachmittag durch einen Wolkenspalt, aber bis der Morast auf dem Stoppelacker, der sich Rollbahn nennt, austrocknet, können 48 Stunden vergehen oder weitere Güsse diese feuchte Gegend erneut in eine Seenplatte verwandeln. |
Tuvshin hatte nicht
geflunkert. Ein Jeep nach dem andern rollt vor. Die
anderen Reisenden haben ihre Wahl schon getroffen.
Anscheinend sind sie mit den hiesigen
Witterungsverhältnissen vertraut. Mit Wehmut denke ich
an das Flugzeug, das uns in der Gobi direkt am Ger
abgeholt hatte. Aber wir müssen uns entscheiden, bevor
alle Jeeps der Provinz ausgebucht sind. In zwei Tagen
geht unser Rückflug nach Japan, also können wir hier
nicht ewig rumhängen. Wie lange fährt man im Jeep von
Mörön bis UB ? Es sind 690 km, quer durch die halbe
Mongolei, macht nonstop 20 Stunden Fahrt....
Vor hundert Jahren hätte man sich bekreuzigt in so einem Fall. Wir seufzen nur. Da haben wirs, das Abenteuer, auf das wir bis zur Ankunft in der Mongolei gefasst waren, das wir jedoch dank der perfekten Organisation durch "Nomads" beinahe vergessen hätten. |
Während wir in das Gasthaus zurückkehrten und mit anderen hängen gebliebenen Ausländern das gemeinsame Leid beklagten, organisierte Tuvshin Jeep, Fahrer und Proviant, denn Ayurtsin muss neue Besucher an den Khövsgöl-See bringen und kann uns nicht mal kurz nach UB fahren. Wahre Gebirge von Fressalien und als Zugabe des Gasthofs von Mörön ein dickes Paket mit --- nun schon den 4.Tag hintereinander --- Khuushuurs füllten den Jeep, der um 20 nach vier am Nachmittag nach dem Ende des Regens langsam aus Mörön rausdieselte. Die ersten 10 km in Richtung UB waren asphaltiert, aber dann begann die Botanik. Bei der ersten Pinkelpause bekamen wir Gesellschaft; erst hielt ein anderer Jeep, dem vom Gasthaus und Flugplatz her bekannte Gesichter entstiegen, dann noch einer und noch einer, und es dauerte keine Viertelstunde, bis ein halbes Dutzend Steppentaxis da beieinander stand und anschließend in einer staubigen Kavalkade --- hier hatte es anscheinend nicht geregnet --- durch die abendliche Heide stob. Das erste Fahrzeug machte schlapp, als es noch hell war und die unter dem Wolkenrand hervorblinzelnde Abendsonne ein wunderschönes Gebirgspanorama beleuchtete; ein Leck im Bremsschlauch, die Flüssigkeit war ausgelaufen. Die anderen Driver helfen beim Abdichten und empfehlen, die Seifenlauge einzufüllen, in der sie sich die öligen Pfoten gewaschen haben. Ob es geholfen hat, wissen wir nicht, denn wir halten schon beim nächsten gestrandeten Vehikel, einem grauen Kellerassel-Kleinbus, in dem ein Dutzend Franzosen einer Panik nahe ist, weil ihr Heimflug für morgen früh geplant ist und sie außerdem ihre in einem anderen Minibus gen UB schuckelnden Reisegenossen aus den Augen verloren haben und nicht wissen, ob die vor oder hinter ihnen sind. Nach den ersten hundert km war es Zeit für ein Abendessen, und Tuvshin wollte schon die kalten Khuushuurs auspacken, aber die anderen Jeeps fuhren vor einer Ansammlung von Holzhütten vor, an denen auf kyrillisch "Guanz" geschrieben stand. So einen mongolischen Landstraßen-Imbiss hatte ich schon längst mal ausprobieren wollen. Ein wackeliger Holztisch mit Plastiktischdecke, einige selbstgezimmerte Hocker und an der Wand eine Galerie kitschiger Filmstar-Poster, und eine rundliche Hausfrau mit nudelholzdicken Armen, die ihre beiden einzigen Menüs eigenhändig kocht, serviert und die Bezahlung kassiert. Ich nehme Zuivan, das sind hausgemachte mongolische Spätzle mit Hammelgeschnetzeltem (ganz ausgezeichnet!), und Ka entscheidet sich für Gemüsereis. Dazu gibt es die übliche Milchsuppe, die sich irreführenderweise Tee nennt. Und weil einige der Ausländer das Gesicht verziehen, kramt die Wirtin noch eine Dose Instant-Tee hervor, ein widerlich süß-parfümiert schmeckendes Produkt der russischen Chemie-Industrie. |
VOR BEGINN DES PUGILATS |
Während wir zulangten, wurde in der Gaststube ein seltsames Theaterstück aufgeführt: Ein offenkundig geistig behinderter Jüngling stand da, als wir eintrafen, und starrte mich an, als sei ich Chinggis Khan persönlich. Ein bärtiger, bebrillter Ausländer!!! Muss für den armen Burschen so exotisch ausgesehen haben wie für uns ein rotweiß karierter Walfisch mit Tirolerhut. Ich sagte freundlich "sain baina uu", er antwortete, und dann schien der Fall erledigt, denn es folgten Ka, Tuvshin, die Fahrer und ein paar neugierige Einheimische. Danach betraten jedoch noch mehr Ausländer die Stube, drei, vier, fünf, sechs auf einmal, und sogar blonde Frauen! Das war zu viel für den Ärmsten. Er fing an, aufgeregt zu lallen, was der resoluten Wirtin nicht passte. Sie schob ihn mit sanfter Gewalt zur Türe raus, aber er wollte uns gern noch näher besichtigen und drängte sich wieder rein. Die Jeepfahrer glaubten, uns drohe Gefahr, die anderen Ausländer dachten, er sei betrunken; drei Mongolen packten ihn und wollten ihn rauswerfen, aber je mehr Gewalt sie anwendeten, desto heftiger wurde sein Widerstand. Schließlich fing er an zu brüllen und um sich zu schlagen. Nun stürzten sich auch die restlichen mongolischen Männer auf ihn, und es begann ein heftiges Handgemenge. Der Behinderte glaubte, es gehe ihm an den Kragen, und wehrte sich nach Leibeskräften. Im Fallen bekam er die Uhr über der Küchentür zu fassen, und die schöne, kitschige, aber auf die Minute genau gehende Werbekuckucksuhr zerschellte im Gastzimmer auf dem hartgestampften Lehmboden, der sich in der Folge mit umgeworfenen Stühlen, zerbrochenen Aschenbechern und Teetassen füllte, bevor der Jüngling überwältigt und ins Freie verfrachtet wurde. |
Mir tat der Mensch ein wenig Leid, denn er schien ganz harmlos zu sein, so lange man ihn in Ruhe ließ, aber die Leute wollten anscheinend alles daran setzen, uns seinen Anblick zu ersparen. Dies war freilich arg kontraproduktiv ausgegangen und hatte zu der Randale geführt, welche die arme Wirtin mit dem Verlust ihrer wertvollen Uhr und etlicher Geschirrstücke auszubaden hatte. Da wir inzwischen mit dem Essen fertig waren, drängten uns unsere mongolischen Begleiter überstürzt zum Aufbruch und verließen das Lokal, und ob sie die Zeche beglichen haben, ist mir nicht bekannt. |
Die wilde Hatz nach UB ging auch nach Einbruch der Dunkelheit weiter. Schade, denn die Landschaft war eindrucksvoll. Ich frage mich, wie die Fahrer im Dunkeln den Weg finden, der schon tagsüber quer durch die grüne Au führt. Immer den roten Rücklichtern der anderen Jeeps nach, die wie Glühwürmchen vor uns in der undurchdringlichen, mondlosen Nacht umhertanzten, aber unser Fahrer war kein Rennwagenpilot; die roten Glühwürmchen entfernten sich allmählich und wurden endlich ganz von der schwarzen Finsternis verschluckt. Mein geplagtes Rückgrat war dem Fahrer allerdings für seine Zurückhaltung dankbar, und außerdem brauchten wir so nicht die Staubfahnen der vorausfahrenden Jeeps zu inhalieren. Die gelben Scheinwerfer bohrten sich durch Wald und Wiesen und beleuchteten mehrere Flüsse und Bäche, die wir vorsichtig an Furten bewältigten. Später folgte ein 20 km-Slalom um Telegrafenmasten, die hier offenbar die Wegweiser ersetzen, und an einer Tankstelle im nachtschlafenen Bulgan, die wundersamerweise um 2 Uhr morgens geöffnet war, traf sich die ganze Mischpoke wieder. Fröstelnd vertraten wir uns die Beine und betrachteten stumm die Milchstraße, ein Anblick, der unserer Generation leider nur noch selten vergönnt ist. In Tokyo sind Smog und Streulicht so stark, dass man in sehr klaren Nächten ganze 21 Sterne zählen kann. Tuvshin war entsetzt, als ich ihr das erzählte, und stellt sich Japan fortan vermutlich als schmauchrauchqualmiges Industrierevier vor. Gegen 3 Uhr früh gab ich es auf, eine Mütze Schlaf zu fassen wie Ka, die es sich, in den Schlafsack gerollt, auf der Hinterbank bequem gemacht und mich in die Ecke gedrängt hatte, aber die Schlingerbewegungen des Jeeps waren so stark, dass ich seekrank zu werden drohte und Tuvshins Kopf hin und her flog wie ein Lampion im Orkan, auf die Fahrerhand am Lenkrad oder mit Schmackes an die Scheibe, und trotzdem wachte sie nicht auf. Ich hoffte nur, dass der wortkarge Driver nicht einschlafen würde, aber da waren Bodenrillen und Schlaglöcher vor. Ein anderer Jeep blieb stets in der Nähe; offenbar hatte man sich abgesprochen, um im Falle eines Reifenwechsels oder sonstiger Kalamitäten in der nächtlichen Steppe nicht allein zu bleiben. Allerdings herrschte auf der finsteren, vollkommen lichtlosen Chaussee ein erstaunlicher Verkehr; vor allem LKWs kamen uns alle 20 Minuten einer entgegen. In dem anderen Jeep wurde ein Londoner Ehepaar transportiert, und die Gattin hatte die seltsame Angewohnheit, bei jeder Pinkelpause direkt neben dem Wagen im grellen Scheinwerferlicht die Hosen runterzulassen und ihr Geschäft wie auf einer Stripteasebühne vor aller Augen zu verrichten. Die mongolischen Fahrer wussten nicht, ob sie hinschauen oder weggucken sollten. Ich übrigens auch nicht. |
Als der Morgen graute, rollte der Jeep in einer Grasnarbe aus, der Fahrer drehte den Motor aus und war beinahe im selben Moment schon eingeschlafen. Etwa eine Stunde hingen wir allesamt wie betäubt in den Jeepsitzen und schnarchten um die Wette, aber dann ging es nonstop weiter bis nach Ulaanbaatar, einer tiefschwarzen Regenwand immer hinterdrein, die im gleichen Tempo vor uns herzog und die Prärie mit frisch gefüllten Pfützen versorgte, und wir immerzu, hussa, plisch-schmatzzoffig mittenmang durch, alle durstigen Ziegenyakschafspferde gnadenlos verscheuchend. Noch zweimal hatte die britische Lady Gelegenheit, uns ihre Pinkelkünste zu demonstrieren, dann gewahrten unsere schläfrig verquollenen Augen, dass wir nicht mehr durch die Nesseln ratterten, sondern über babypopoglatten Asphalt schnurrten. UB war nahe, und als wir nach tatsächlich vollen 20 Stunden die Regenwand eingeholt hatten, standen wir vor dem Mauthäuschen, an dem der Driver das Eintrittsgeld für die mongolische Hauptstadt entrichtete. |
Das war, verdammt noch mal, nun aber wirklich die allerletzte Jeepfahrt, und die deftigste obendrein, das geb ich euch schriftlich ! Und das dicke Ende folgte, als uns Tuvshin, von der wir uns längst verabschiedet hatten, im Hotel noch einmal anrief und die frohe Botschaft verkündete, dass wir noch 200 $ nachzahlen müssten, weil die Jeepfahrt erheblich teurer war als die Flugtickets. |
Wir trösteten uns am Abend
im Gartenlokal Khan Bräu, wo sich die jungen Smarties
und Yuppies von UB allabendlich treffen und klönen, und
wo auch das Personal topfit und clever ist. Als Ka
ihr Bier geleert hatte und der Studentin, die dort als
Kellnerin jobbte, mit Handbewegungen bedeutete, dass sie
noch mehr wollte, sagte diese ganz cool in akzentfreiem
Deutsch "noch eins?"
"Ja bitte", sagte Ka total verblüfft. "In Ordnung, kommt sofort", kam es zurück. Swinging Ulaanbaatar! Wie in Osnabrück. Wahrscheinlich studiert das Mädel Germanistik und hatte wohl gesehen, dass Ka beim Studieren der mehrsprachigen Speisekarte auf der deutschsprachigen Seite herumgelesen hatte. |
Mit dem Linienbus für 200 Tögrög zum Airport geschunkelt (Transfer bei der Ankunft: 16 $ !) und dann guckten wir uns die mit einzelnen Gers besprenkelte menschenleere, von einsamen mäandernden Staubpisten zerfurchte mongolische Mondlandschaft von oben an, bis die Wolken uns die Sicht auf Taiga, Steppe und Wüste nahmen. Erst über der inselreichen japanischen Inlandsee riss der graue Vorhang wieder auf und gab den Blick frei auf das sonnig glitzernde Meer und den unendlichen weißgrauen Häuserbrei, der sich wie ein Geschwür am Meerufer ununterbrochen von Kobe bis Osaka hinzieht. Vor uns drückten sechs mongolische Mädchen, die vermutlich zum Studium nach Japan reisten, ihre Nasen am Flugzeugfenster platt und kommentierten aufgeregt, mit vielen oh's und ah's, den völlig ungewohnten und unerwarteten Blick auf das tiefblaue Meer, die zahllosen grün bewaldeten Inselchen und den smogumwaberten Betonfilz am Ufer von Honshu. Was sie beim Aussteigen angesichts der schwülen 34 Grad Hitze sagten, haben wir nicht mehr mitbekommen. Wir müssen nämlich zusehen, dass wir schnell nach Hause kommen, damit uns der gute mongolische Nomadenkäse im Gepäck in diesem Klima nicht verschimmelt. |
WIR HABEN NOCH NIE DAS MEER GESEHEN |