Frank
ist einfach drei
Jahre zu früh nach Sri Lanka
gekommen. 15
km vor Trincomalee nahm er Reißaus, denn da gibt es wieder
einen Tempel auf dem Lande, und nach dieser A12 kann ihn kein
noch so steiniger
Feldweg mehr schrecken.
Ihm
schwante schon, dass es hier, im
Tamilenland, für buddhistische Tempel wie das Velgama Vihara
während des Bürgerkriegs nicht allzu lustig gewesen
sein
dürfte, aber der Bonze, der die "freiwillige" Spende kassierte
und
dafür drei Postkarten rausrückte, wies die Besucher
darauf
hin, dass
hier nicht nur antike Buddha-Relikte, sondern auch eine Fotoausstellung
aus dem Bürgerkrieg zu besichtigen sei. Frag mich nicht, wer
da
wen massakriert hat, aber das Gelände, auf dem wir gerade
stehen,
hat etliche Hektoliter Blut geschluckt. Angesichts der Leichenberge auf
den
Fotos werden Frank
die Makaken beinahe sympathischer als der blutsaufende
homo sapiens, aber weißt du denn, ob der Boden, auf dem du
üblicherweise stehst, sitzt, fernsiehst, googelst oder
duschst,
nicht ebenso
blutgetränkt ist? Seit der Steinzeit gab es zahlreiche
Gelegenheiten, einander an die Gurgel zu gehen, und seit der Erfindung
von Messer, Muskete und Guillotine wurde das Metzeln ja
zeitweise
systematisch betrieben. Wer weiß, was die Zukunft alles
bringt,
denn heutzutage legen schon Ziegenhirten und andere Amateure
Sprengfallen und Autobomben; wenn da erst mal Profis ans Werk gehen,
brauchen wir keine Reisen mehr zu planen.
Aber ich
fürchte, Frank schweift vom Thema ab.
Also, nach dem Ruinentempel
mit
seinem leprösem Buddha und Leichenbergen braucht er erst mal
einen
Cocktail, und den holt er sich am Strand von Nilaveli, 15 km
nördlich von Trincomalee, in einem teuren, aber komfortablen
Resort, gleich neben einer Siedlung aus gleichförmigen
Häuschen. Nein, kein Neckermann-Hotel, sondern "Provisional
Homes
For Tsunami Victims 2004". Richtig, Sri Lanka hatte damals auch viel
abgekriegt. Das Resort Hotel steht aber noch, oder wieder, in
dem Frank
das letzte verfügbare Zimmerchen, das einzige
mit Blick auf die vorgelagerte Insel Pigeon Island, erhält.
Von da aus ist man in einer
halben Stunde in Trinco, wie die
Einheimischen ihr schönes Städtchen nennen. Es ist
einer der
idealsten Naturhäfen des Erdenrunds und liegt auf und um eine
Landzunge herum, die leicht gekrümmt eine weite Bucht
umschließt. Hierdurch hat Trinco auf allen Seiten Meer, und
wenn man durch die engen, indisch überfüllten
Bazargässchen
durch ist und irgendwo ein blaues Gewässer blinken sieht,
weiß man nie,
auf welcher Seite man eigentlich herausgekommen ist.
Macht aber nichts, denn
seltsamerweise mögen die Einwohner nur
ihr
Bazargetümmel, am Meer hingegen ist die Stadt leer, offen,
voller
weiter Parks und Strände, an denen nur ein paar Kinder
plantschen
und sonst keine Seele zu sehen ist. Auf einer Halbinsel, die sich wie
Gibraltar zum Meer hin steil erhebt, liegt an der höchsten
Stelle der wichtigste Hindu-Tempel der Region, der Konesvaram Kovil,
und ein lang ansteigender Pilgerweg, gesäumt von Buden voller
Tand
und Talmi, führt hinauf. Ausländische Touristen sind
auch hier nur eine
Minderheit; Hindus in indischer Tracht füllen die Gasse und
kaufen
den Dealern ihre Glasperlen und Plastiktrommeln ab.