FRAUENPOWER
UNTERM KOPFTUCH |
INDONESIA |
(Bali und Java) |
3
Heute
übernachten Ka und Frank in einem Bali-Cottage, in luschigem
Park mit
Swimming Pool. Nicht viel fehlte, und ein frei im Park
herumtobendes Pferd hätte unseren träge trottenden
Frank umgerannt --- so en dabbisches Vieh! Obwohl das
Häusel
nur aus Latten gezimmert ist und außer Ventilator, Bett mit
Moskitonetz und einem kleinen Kühlschrank wenig Komfort
bietet,
entzückt es doch durch den Charme authentischer
Bali-Architektur.
Weil Frank,
wie schon gesagt, weder Strandhocker noch Stadtmulk-Liebhaber
ist, landet er auf Bali früher oder später
natürlich in Ubud. Größer
als ein Dorf,
kleiner als eine richtige Stadt, liegt weder am Meer noch in den
Bergen noch in der Nähe einer sonstwie gearteten Attraktion.
Der
Fluss ist nicht der Rede wert, und ringsherum sieht man nur Forst
(im Süden) und Reisfelder (im Norden). Der ganze Ort liegt auf
einem sanft ansteigenden Berghang vulkanischen Ursprungs und
verharrt deswegen in einer gewissen Schräglage der
Nordsüdachse, aber glaub bloß nicht, dass irgendwer
nur hier
herkommt, um sich einen schrägen Ort anzugucken. Ein bisschen
schräg kann zwar nichts schaden, aber das Touristen-Ehepaar,
das
sich im Restaurant am Nachbartisch niedergelassen hat und nach
Einblick in die Speisekarte wütend und protestierend das Lokal
verlässt, weil man es hier wagt, für ein
Menü 5 Euro zu
verlangen anstatt 3,50 wie anderswo, ist schon nicht mehr
schräg, sondern hat meiner Meinung nach deutliche Schlagseite
und wird auch in Ubud so schnell nicht wieder ins Lot kommen.
Also,
mach's
nicht so spannend, was treibt den Frank nach Ubud?
Die Antwort, in
einem Wort zusammengefasst, lautet
"KULTUR".
Grins nicht so ölig, von wegen "Frank und Kultur"...!
Die
Kultur
beginnt für Anfänger im "Monkey Forest" am
Südausgang des Ortes. Das ist nicht nur ein beliebiger
Affenwald, sondern ein Sanctuary und kostet daher Eintritt.
Dafür kann man den Affen beim Fressen und Kopulieren zusehen,
denn das ist deren Lieblingsbeschäftigung, und daran siehst du
mal wieder, wie viel sie mit den Menschen gemeinsam haben. Weil
alle Besucher Bananen und Erdnüsse mitbringen, sind die
pelzigen
Bewohner des Dschungel-Heiligtums dermaßen verwöhnt,
dass
sie Erdnüsse und Bananen keines Blickes
würdigen und
stattdessen mit bewundernswertem Geschick dem japanischen
Honeymoon-Pärchen die Eiscreme und der amerikanischen Lady die
Lychees entwinden.
Darin erschöpft
sich freilich die Kultur dieses Stadtteils noch nicht, man sollte
sich auch noch den moosbedeckten, mysteriös im Dschungel
schlummernden verfallenen Tempel ansehen, wo die vollgefressenen
Affen an Lianen schaukeln und den Leuten auf die Schulter hoppen,
und wenn diese endlich merken, dass sie während ihrer
Affen-Fotografiererei einer Kohorte durstiger Schnaken als
Blutspender gedient haben, erfolgt die verspätete Flucht
zurück
ins Zentrum, wo sich gerade die Hausfrauen des Ortes in dem
zierlich überdachten Pavillon der "City Hall" zur
abendlichen Gamelan-Session versammeln, Kultur Teil II, für
leicht Fortgeschrittene.
Sag nur, du weißt
nicht, was Gamelan ist? Auf nach Bali! Aber ich bin ja nicht so
und erklär dir's. Da steht ein fescher drahtiger Lehrer in
indonesischer Tracht vor den versammelten Müttern, die auf
sein
Geheiß hin auf eine Serie von Kochtöpfen
eindreschen. Da
blubbern aber keine Spaghetti drin, sondern das sind richtige
indonesische Schlaginstrumente, Gongs, Becken, Zimbeln und
Bambusröhren, und unter dem Dirigat des drahtigen
Sarongträgers
entfachen die drallen Matronen jenen rhythmischen
Höllenlärm,
der weltweit als Gamelan verrufen ist und nach spätestens
einer
halben Stunde die letzten touristischen Zuhörer vertrieben
hat.
Auf der anderen Straßenseite steht ein Palast, in dem
früher
ein König oder Sultan residierte, der aber jetzt irgendwie
abhanden gekommen ist. Wahrscheinlich hat ihn der allabendliche
Gamelärm verscheucht. Jedenfalls gibt das Gebäude nun
die
Freilicht-Kulisse ab für Kultur Teil III, ein Programm von
Bali-Tanzkunst unter Begleitung von --- Gamelan-Musik. Hm.
Aber sobald das
Getöse der City-Hall-Amateure verstummt und die balinesischen
Tanz-Elfen vor die Scheinwerfer geflattert kommen, nimmt man
verwundert zur Kenntnis, dass Gamelan, von Profis dargeboten,
auch nach Jazz und Schönberg klingen und faszinieren kann. Und
zum Abschluss des Ubud-Kulturtages folgt noch ein Concerto Bello,
denn wir wohnen in einem höchst idyllischen Cottage-Hotel
inmitten von Reisfeldern am äußersten Nordrand des
Ortes, und
auf der 40minütigen Wanderung durch die nachtschlafenen
Vororte
begleitet uns das nirgendwo unterbrochene Geheul, Gekläff und
Gebell aller 9999 Köter und Bellos, die längs der
sanft
ansteigenden Wegstrecke ansässig sind und nachts auf dem
Asphalt
irgendwelche Konferenzen abzuhalten pflegen.
Ubud, die
Kultur-Kapitale von Bali... Diesem Image fühlt sich der Ort
verpflichtet und beherbergt nicht nur Myriaden von Boutiquen und
Souvenirerias, sondern auch mehrere Kunstmuseen, Antiquariate und
Theater. Er ist ferner garniert von einer Serie bedeutender
Tempel und eignet sich als Ausgangspunkt für die Erkundung
naher
wie auch entlegenerer Attraktionen, denn das sehr engagierte
kommunale Tourismus-Büro organisiert Kleinbusse für
Ausflüge
in alle Teile der Insel zu erstaunlich günstigen Fixpreisen.
Das
erspart dir den Stress mit den Taxi-Piloten, die für eine
Fahrt
bis zum Museum einen halben Monatsverdienst aus dir rausholen
wollen, aber dafür haste den Stress mit den anderen
Ausländern,
die mit im Kleinbus hocken und sich vor uns Neulingen sofort als
Bali-Kenner und Asien-Spezialisten outen, aber dann ein Gezeter
anstimmen, weil es bei den Heiligtümern, die wir besuchen
wollen, Sitte ist, das Tempelgelände in Tracht zu betreten.
"Was,
extra
einen Sarong kaufen? Kommt nicht in Frage! Kann man denn hier
keinen mieten? Bin ich denn Krösus?", tönt
es im Chor, denn
anscheinend hat keiner seinen Reiseführer gelesen. When in Rome,
do as the
Romans do, sagt das englische
Sprichwort, und bei uns heißt es "andere
Länder,
andere Sitten". In den
vatikanischen
Petersdom kommste auch nicht im Bikini rein, und in Thailand
kriegst du ja auch einen orangefarbenen Mönchskittel angelegt.
Warum sollte man nicht dem, was den Balinesen heilig ist, den
gleichen Respekt erweisen? Und weißt du, was ein
indonesischer
Sarong kostet? 40.000 Rupiah, klingt nach dem Preis für einen
maßgeschneiderten Herren-Anzug, sind aber nur 3,20 Euro. So
viel
wie eine Schachtel Zigaretten, ein Kännchen Kaffee, eine Hin-
und Rückfahrt mit der U-Bahn.
Ich kann das
Gezeter nicht länger mit anhören, besorge mir am
nächsten
Marktstand einen Sarong, wickel mir das Ding um den Bauch und
guck mir den Elefantenhöhlentempel an, während einige
Blondinen
streikend und keifend auf dem Parkplatz zurückbleiben. Und die
Investition hat sich schon deshalb gelohnt, weil auch die
nächsten Tempel Sarong vorschreiben und die Streikblondinen
vor
die Wahl stellen, den Tag im Kleinbus zu verharren oder sich dazu
durchzuringen, doch noch die 3 Euro in so ein Tüchel zu
investieren. Ich ziehe die Jeans unter dem Sarong aus.... und
sieh mal an, wie luftig kühl es sich in dieser Tracht durch
die
indonesische Tageshitze spazieren lässt!
Der
Tempel des
Reinen Wassers (Tirta Empul) bei dem Ort Tampak Siring umfasst
eine heilige Quelle, einen Ort, an dem kristallklares, kühles
Grundwasser aus dem sandigen Boden quillt und einen kleinen Teich
bildet, dessen Abfluss in zahlreichen Steinröhren ins
Tempeldesign integriert ist, und wer einen Sarong trägt, der
darf sich daran auch laben..... Die Balinesen sind sogar so
tolerant, dass sie auch Fremden Zugang zu den kostenlosen
Bädern
gestatten, falls sich jemand von dem als wundertätig geltenden
Quellwasser Kühlung oder Wunder erhofft.
Um zum Pura
Besakih, dem wichtigsten hinduistischen Heiligtum und
Wallfahrtsort von ganz Bali zu gelangen, muss man das vulkanische
Hochland überqueren und kann einen Blick auf den Batur-See
werfen, der samt einer Anzahl von Dörfern, Feldern und Weiden
in
dem riesigen Krater eines (hoffentlich) erloschenen Vulkans Platz
gefunden hat. Aktiv ist der gleich nebenan gelegene höchste
Berg
von Bali, der Mt. Agung, der mit über 3000 Metern
Höhe
eindrucksvoll die Insel beherrscht. Du musst dir ganz Indonesien
als eine Serie von Vulkanen vorstellen, jede Insel ist
vulkanischen Ursprungs, und alle naslang gibt es in irgendeiner
Ecke des Inselreichs geologisches Feuerwerk, auch wenn Böller
vom Format des Krakatau nicht alle Tage platzen, zum Glück,
denn
sonst wäre dieses bevölkerungsreiche Land unbewohnbar.
Also vom
Parkplatz des Besakih-Tempels aus beginnt wieder so ein kleines
Hindernisrennen. Noch bevor du am Kassenhäuschen das Ticket
gelöst hast, verfolgt dich ein Pulk Knattermänner,
als wärst
du der zu bestechende Zeitnehmer bei irgendeinem Motocross, aber
die wollen dich nur für 10 Dollars zum 600 Meter entfernten
Tempeleingang knattern. An der Kasse werden wir mit Nachdruck
ermahnt, in dieses Heiligtum nur mit offiziellem Guide
einzutreten, aber Mopedtaxis und Guideführer
abzuschütteln ist
echt keine Kunst, denn die sind bei der Hitze eher zum Faulenzen
geneigt und machen auf der deutlich bergauf führenden Chaussee
spätestens nach 50 Metern freiwillig kehrt, wenn du trotz
beharrlichen Zuredens (you are lucky, today is ceremony, you need
an official guide to see it) keine Anstalten machst, deinen
Zaster hervorzukramen. Natürlich kommen wir ohne
Laberführer
rein und streunen nach Herzenslust über den Tempelberg, auf
dem
sich etwa 30 Heiligtümer aneinander reihen und ein hoch
betriebsamer Pilgerverkehr herrscht.
Überall ist
ceremony, und das vermutlich alle Tage. Wo eine Feier
stattfindet und Fotojournalisten dabei unerwünscht
sind,
machen die Leute uns das freundlich klar, und wir ziehen dann
eben weiter, denn wir wollen niemanden in seiner Andacht
stören
und keine Götter vergrätzen.
Eine
Pilgerprozession mit Musikkapelle kommt den Bergweg
heraufgeschnauft, und alle Leute tragen Festgewänder und
Nationaltracht und sind bepackt mit Blumen und Opfergaben.
"Was
geschieht denn mit den Bergen von Süßigkeiten und
Brathendln,
die da unentwegt vor den Götterschreinen aufgehäuft
werden?", frage
ich einen netten
jungen Mann, der uns auf Englisch mit dem üblichen
Where-do-you-come-from angesprochen hatte.
"Die nehmen
die Leute nach dem Ende der Zeremonie wieder mit und essen sie
zuhause auf."
Mann, ist das
praktisch! Da möchte man fast auf der Stelle Hindu werden!
Was
dir die Christen zum Abendmahl reichen, ist echt schofel, und bei
den Buddhisten saufen nur die Bonzen den Wein, den du den
Bodhisattvas zugedacht hat. In der Tat, die talwärts
strebenden
Pilger am Besakih sind mit den gleichen Opferkörben bepackt
wie
die neu ankommenden.