FRAUENPOWER UNTERM KOPFTUCH |
INDONESIA |
(Bali und Java) |
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Nach
diesem
Haupttempel der Insel, zu dem die Leute aus allen Ecken ganz
Balis gepilgert kommen, ist es nicht leicht, noch gleichwertige
Attraktionen zu finden, aber ich wette, die Türme der
Opfergaben, die den kleinen ländlichen und vollkommen
touristenlosen, für Sarong-Träger eintrittsfreien Tempel Pura
Pusering
Jagat überhäufen, sind noch erheblich gigantischer
als
diejenigen, die man am Besakih zu Gesicht bekommt. Und
kunstvoller gearbeitet, sie scheinen das Werk einer bestimmten,
nur darauf spezialisierten Opfergaben-Manufaktur zu sein. Schau
nur gut hin: Importiertes Obst wie Äpfel und Trauben gelten
als
höchster Luxus, aber der Fressturm wird noch von
wagenradgroßen
Kuchen und anderem Naschwerk gekrönt, während sich
die
Brathendln zwischen all dem Obst eher bescheiden ausnehmen. Da
möchte man wirklich mal Gott auf Bali sein, aber wenn den
Göttern der Mund so richtig wässerig geworden ist,
kommen die
hübsch gekleideten Damen, die all das Zeug herbeigeschleppt
haben, zurück und nehmen's wieder mit, für die
Summernight
Party am Abend!
Der Boy, der den
Frank zum halben Preis dahin chauffiert hatte, erklärt auch,
warum die Türme hier besonders hoch sind: Hier wird um
Kindersegen, Hausfrieden und geschäftlichen
Erfolg gebetet.
Und wenn du schon durch die Prärie chauffiert wirst, siehst du
dir auch
den alten Justizpalast von Klungkung, den großzügig
weit
angelegten Tempelpark Taman Ayun und Tanah Lot an, den Felsentempel
mitten
im gischtenden Meer, dessen Sonnenuntergänge berühmt
sind, aber erstens ist es erst 15 Uhr und zweitens tröpfeln
gerade die
ersten Vorboten eines dunklen Gewitters auf den heißen
Asphalt, da guckt sich der Frank den Sonnenuntergang lieber bei einem
kühlen Bir Bintang von der Terrasse seines heimeligen
Bungalows an, was zweifellos auch seinen Charme hat.
Kein Tourist auf
Bali versäumt es, sich das indonesische Puppenspiel anzusehen.
Die kunstvoll zierlichen Figüren, die zwischen einer
Lichtquelle
und einer Leinwand als Schattenbilder umhertanzen, sind ja echt
weltberühmt. Den Frank hat es, ehrlich gesagt, ziemlich
enttäuscht. Vielleicht waren ja die Moskitos dran schuld, die
sich auf ihre Art mit dem überwiegend englisch parlierenden
Publikum befassten, oder die albernen englonesischen Einlagen,
die anbiedernd der traditionellen Kunst ihre Würde raubten,
oder
vielleicht waren es ja auch nur Amateure, die mit einer
Pseudo-Show Geld verdienen wollten, aber da die Veranstaltung vom
Tourist Office des Kulturzentrums Ubud offeriert wurde, möchte
ich mal annehmen, dass das Spektakel zwar halbwegs original, aber
eben sicher nicht sonderlich interessant gewesen ist.
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Gegen Ende der
Reise folgte endlich die Entdeckung der Gegend, wo Bali so
aussieht, wie man sich das vorstellt. Nicht überlaufen, kaum
Kitscherias, weißer Strand, blaues Meer, Gartenrestaurants,
Promenaden, Strandcafés und Cocktails. Wenn du nach Sanur kommst, kannste Kuta und
Umgebung glatt vergessen. Das altehrwürdige Grand Bali Beach
Hotel am Hafen zu meiden war eine weise Entscheidung, denn dort
findet gerade der Parteikongress der Regierungspartei PDI statt,
mit Myriaden von Funktionären und Parteigängern,
gekleidet in
den Parteifarben schwarz-rot, mit Megawati-Postern, -Luftballons
und -Drachen, der Norden des Städtchens ist fest in der Hand
der
Partei, aber Frank stört das wenig, denn er residiert
am
Südende. Es lebe die indonesische Demokratur!
So
ein
Parteikongress dauert freilich eine gute Woche, bis die
Kandidatenliste steht und etliche Milliarden Rupiah den Besitzer
gewechselt haben, wie das eben in Demokratien so üblich ist.
Durch den Stau und Volksauflauf kämpfen sich Frank und Ka zum
Anlegeplatz der Auslegerboote vor, denn der Hafen liegt
dummerweise beim Grand Bali Beach Hotel, und erreichen noch
rechtzeitig die Schaluppe, die sie auf die gegenüber liegende
Insel Lembongan
tuckert.
Lembongan ist
noch kein Touristenparadies. Es gibt zwar ein paar Resorts und
etliche Restaurants, aber die Einwohner gehen noch mehrheitlich
anderen Berufen als denen der Branche der Touristen-Ausbeuter
nach. Ohnehin ist das Eiland zu klein für andere
Motorfahrzeuge
als Mopeds; wenn du Lust hast, 11 km zu wandern, kannst du das
Inselchen auch zu Fuß umrunden. Der Strand gehört
nicht den
Sonnenschirmen, sondern den Fischerbooten, und du kannst den
Leuten zusehen, wie sie Seetang ernten, trocknen und zum
Export nach Japan zubereiten. Abends füllt sich die kleine
Bucht
mit unzähligen Petroleumlampen auf den Fischerbooten, die
langsam zwischen den Seetangplantagen hindurch ins immer tiefer
werdende Abendrot auf die offene See gestakt werden, lautlos wie
Glühwürmchen in lauer Sommernacht.
Dass der Gourmet
Frank diesen Anblick von der Terrasse eines Strandrestaurants aus
genießt, bei einem fast zu Eis erstarrten Bir Bintang aus der
Tiefkühltruhe, aber ausgezeichnetem Meersziefer-Menü
zu einem
lächerlich geringen Preis, das brauche ich wohl nicht eigens
zu
betonen. Denn was sein Cottage Hotel für sein schlappes
Touristen-Menü voller Hamburgers und Steaks verlangt, ist eine
Frechheit. Dafür bietet es allerdings zwei lauwarme Pools und
von
den Cottages auf dem Hang einen Panorama-Blick auf Bali und
seinen Hauptvulkan Mt. Agung.
Auf so einem
Inselchen kannste eigentlich nicht viel mehr machen als rumlaufen
und baden, und beides tut auch
Frank. Die Rumlauferei
führt
ihn über den wenige hundert Meter hohen Rücken der
Insel zu den
Mangrovensümpfen auf der Rückseite, durch Dschungel,
Plantagen
und Gehöfte, aber immer auf asphaltierter Straße.
Eine halbe
Stunde Serpentinen rauf, 4 vorbeiknatternde Mopeds und 9
Moskitostiche lang, und oben stehen ein Radiomast, ein
Umspannwerk und ein Tempelchen, dann kommen ein Dorf, ein paar
Gemüsefelder und eine Grundschule, bevor es wieder bergab
geht,
bis du so eine Art Fluss siehst, aber das ist die Meerenge
zwischen Nusa (Insel) Lembongan und der Nachbarinsel Nusa
Ceningan, und dann machste Telleraugen, weil zwischen den
Mangroven ein mittelgroßer Wisata-Kahn
(Touristen-Sightseeing)
sichtbar wird. Und noch einer. Und noch einer...!
Aus der Nähe
merkst du dann, dass du nicht im Hafen von St. Tropez angekommen
bist, sondern auf der Werft von Lembongan, wo die Leute mit
ehrlicher Arbeit ihr Geld verdienen und die Ausleger der Schiffe
erneuern, Motoren frisch ölen, Schrauben behämmern
und den Kahn
mit einer dicken Schicht Farbe aufpeppen. Also, Urlaub ist erst
dann so richtig schön, wenn man anderen Leuten bei der Arbeit
zusehen kann. Leider bieten auch Mangroven ein ideales Habitat
für Stechmücken, sonst hätte Frank
sich noch länger am
Anblick behämmerter Schrauben und am Fleiß der
Mitmenschen
gelabt.
Im Hotel haben
die Angestellten die Stirn zu fragen, ob denn kein Dinner
gewünscht sei, aber kannst du dem Dinner in einem Hotel
trauen,
wo es zum Frühstück alle Tage nur Toast und Ei und
Marmelade
gibt? Da latscht Frank doch lieber allabendlich die 400
Meter zum Seetangfischerdorf, wo die Jungs dir nichts verkaufen
wollen, sondern unter Palmen Fußball spielen, wo in den
warmen
Nächten lauter Discosound die Fledermäuse
verschreckt, wo nach
Einbruch der Dunkelheit heiße, abenteuerlich geschminkte
Dorfschönheiten in engen Jeans und knappem Top sich auf den
Knatterofen ihres Jünglings schwingen und mit einer
Zweitakter-Auspufffahne in die Dunkelheit entschwinden. Ein paar
Ladengeschäfte mit greller Neonlampe beleuchten die finstere
Dorfstraße, an deren Rand die Alten hocken und quackeln wie
in
Palermo, während die Männer und Frauen im
arbeitsfähigen Alter
am Strand ihre Fischerboote fertig machen und aufs Meer
hinausfahren, das wegen der vielen Schiffslampen dem
Sternenhimmel gleicht.
Zum Baden gibt
es auf Lembongan wahlweise das Hotelpool, weiße
Sandstrände
oder felsigklare Schnorchelstrecken, aber das kennst du sicher
selber und ich muss dir nicht auch noch schildern, wie es sich
anfühlt, auf einen Seeigel zu treten oder mit einer Boje zu
kollidieren. Vielleicht interessiert es dich zu wissen, dass die
Bootskapitäne, die dich nach Sanur zurückfahren, dich
vor die
Wahl stellen, den doppelten Preis der Hinfahrt zu blechen oder
auf Lembongan zu überwintern. Na schön, wenn der
Schiffer
dafür eine Woche früher in Rente gehen kann,
gönn ich ihm das.
Der Fachausdruck dafür heißt
Privatmonopolkapitalismus, und
wenn dir das nicht behagt, solltest du erwägen, deinen
nächsten
Urlaub in Nordkorea zu verbringen, das ist sicher auch ganz
lehrreich.
Terima
kasih!