SCHNARCHSACK

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drachen


Kyonghi 1


Jordy dachte noch viel an Sayuri, die ihn ziemlich angetörnt hatte, aber letztendlich schien auch sie mit einem verheirateten Oldie nicht viel anzufangen wissen, der ihr nur noch lauwarm nachstellte und sie nicht zu teuren Abendmählern einlud. Dinners for two sind zwar auch ganz gut und hätten sicher noch einige Fortsetzungen erlebt, aber eine Dame, die solches sofort in social networks verbreitet, begeht einen Fehler und verdirbt es sich auf diese Art womöglich mit ihren besten Sponsoren.
Auf dem Campus der Privat-Musikhochschule begegnete Jordy wieder einmal Ayame, die mittlerweile vor dem Abschluss des Magisterkurses stand, in Begleitung einer anderen Studentin, die mit nicht allzu großem Erfolg einen Kurs bei Jordy erduldet hatte. Sie war eine in Japan aufgewachsene Koreanerin namens Kyonghi, die der Michiko, als diese noch jünger war, ein wenig ähnlich sah, aber nur äußerlich. Japanische Zurückhaltung oder gar Höflichkeit waren nicht gerade ihre Stärke. Ayame war sicherlich intelligenter, aber Kyonghi besaß die kräftigere Gesangsstimme; alle beide hatten also ihre Meriten.
Außerdem war Kyonghi weitaus weltgewandter; als sie mit ihren Noten unterm Arm einmal anklopfte und zu ihrer Verblüffung ihre Kommilitonin Ayame neben Jordy sitzen sah, wollte sie sich gleich wieder zurückziehen, aber Jordy rief sie rein, damit sie nicht womöglich dachte, er wäre mit der schönen Ayame auf unakademische Art befasst. Kyonghi hatte jedenfalls sofort kapiert, was Jordy zu der Forelle andeutete, und grinste sich eins. Als sie ihr eigenes Lied, die Zueignung von Strauss, interpretiert bekam, rief sie entzückt aus:

"Was für ein schönes Liebeslied ! Das habe ich dem Stück nicht angesehen !"

Was kein Wunder war, denn ihre Deutschkenntnisse reichten nicht aus, um es auch nur halbwegs korrekt zu übersetzen.


Jordys Talente lagen eindeutig nicht auf dem Gebiet der Seelenmassage lediger Jungfern. Seine Souper- und Dîner-Strategie hatte keinen zählbaren Erfolg gebracht, wahrscheinlich, weil er damit noch zu wenig Erfahrung hatte und weil die mehr oder weniger lange unverkauft übrig gebliebenen Damen eben schwerer entflammbar waren als seine bisherigen, jungen und leichtsinnigen Häslein. Um nicht vollends als Scharchsack zu erschlaffen, meinte er, es sei an der Zeit, seine brach liegenden Talente an dem einzigen Mädchen in seiner Umgebung zu testen, das er noch nicht näher in Augenschein genommen hatte. An Sayuri reichte die 23jährige Kyonghi zwar beileibe nicht heran, sah aber weitaus besser aus als manche der spröden Tanten, und jung und gut gebaut war sie obendrein.

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Kyonghi kam, Jordy half ihr bei der deutschen Aussprache, und sie lud ihn dafür zu dem Liederabend ein, an dem sie die Zueignung vortrug. Er schrieb ihr hinterher eine Mail, lobte ihre nicht sonderlich eindrucksvollen Künste und fügte noch auf Koreanisch kamsa hamnida (schönen Dank) hinzu. "Das ist der eine der beiden Sätze, die ich auf Koreanisch kann."

Die Tricks, mit denen man bei einem jungen Girlchen die Neugier weckt, die hatte er noch drauf. Er wusste schon, was sie ihn in der Antwort-Mail fragen würde, und sie enttäuschte ihn nicht.

"Und der andere Satz ? Wer hat Ihnen das beigebracht ?"

Da wollte er die Kyonghi haben. "Den anderen Satz sag ich dir lieber nicht, das sagt man nämlich nur seinem Schätzchen. Das hat mir eine Japanerin beigebracht, die mit einem verheirateten Koreaner eine Affäre hatte."

"Wahrscheinlich ist es sarang haeyo oder choa haeyo, hab ich Recht ?"

"Falsch geraten. Das war eigentlich nicht als Rätsel gemeint. Ich weiß nicht mal, was deine beiden Sätze bedeuten. Jedenfalls war es kein Liebesgeständnis der Japanerin an mich, denn wegen dem Herrn Kim hat sie mich schließlich sitzen lassen."

"Sarang haeyo heißt 'Ich liebe dich', und choa haeyo heißt 'Ich mag dich'. Und diese Japanerin hat Sie verlassen ! Das ist mir unbegreiflich. Womöglich war das die schöne Sängerin, in deren Konzert ich Sie vor drei Wochen gesehen habe ?"

Kyonghis Interesse an delikaten Themen war unerschöpflich, und die Mail-Korrespondenz voller Anzüglichkeiten riss nicht mehr ab. Jordy lud sie eine Woche später in die Oper ein und ging anschließend mit ihr essen, und Kyonghi bedankte sich mit großer Liebenswürdigkeit und einem freizügigen Ausschnitt, der seinen ansehnlichen Inhalt mehr schlecht als recht verbarg. Jordy bedauerte, dass es sich bei Kyonghi um eine seiner Studentinnen handelte; andernfalls hätte er sie auf der Stelle angebohrt und womöglich gleich in ein intimeres Etablissement abgeschleppt, denn sie erweckte nicht den Eindruck, als hätte sie viel dagegen einzuwenden. Dann hätten sich endlich seine Investitionen in all die Dinners for two amortisiert. Die frustrierten alten, aber zugeknöpften Tanten konnten ihm gestohlen bleiben angesichts eines so knackigen, koketten jungen Dummchens. Ihm blieb nur noch, sie so heiß zu machen, dass sie ihn von sich aus verführte, das war die sicherste Art, eine Studentin aus seiner Klasse abzuschießen, ohne sich einer strafbaren Handlung schuldig zu machen. Noch aus der S-Bahn auf der Heimfahrt tippte sie eine nette und vielversprechende Mail an Jordy in ihr Handy.

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Der Rest war Routine, Jordy wusste die neuen Medien zu nutzen. Er machte in den folgenden Mails ein paar Andeutungen zu seiner bewegten Vergangenheit und animierte damit auch Kyonghi zu diversen Geständnissen. Mit großem Vergnügen las er, dass auch sie ein Verhältnis zu einem verheirateten Mann gehabt hatte, das aber vor einiger Zeit in die Binsen gegangen war. Das hatte er ihr im Unterricht nicht angesehen.

"Ich habe ihn zwar sehr geliebt, aber jetzt ist alles aus, und es ist auch genügend Zeit verstrichen, dass ich nicht mehr so schwach wie vorher bin, ihm trotz unserer Trennung gleich wieder ins nächste Hotel zu folgen, wenn ich ihm auf dem Bahnsteig zufällig begegne. Ich halte die Sache für erledigt und will nicht mehr auf die Vergangenheit fixiert bleiben, sondern nach vorne schauen. Aber Sie sind sicher noch traurig und hängen an Ihrer untreuen Freundin ?"

"Ich bin immer darauf gefasst gewesen, dass es eines Tages zu Ende gehen würde. Schließlich hatte sie mich gewählt und nicht umgekehrt. Ohne eine Freundin ist man leider nur ein Schnarchsack, und das ist traurig, aber ich könnte mir vorstellen, auch mit einer anderen glücklich zu sein."

"Dann rate ich Ihnen, auch nach vorne zu schauen und sich jemand anders zu suchen. Die nächste Chance ist vielleicht ganz nah."

"Ach, Kyonghi, du bist jung und hast gut reden. Deine nächste Chance ist sicher ganz nah, aber ich kann einem jungen Mädchen allenfalls Bruchstücke des Glücks bieten, das es verdient hätte."

"Ich habe mich entschieden, es aufs Neue zu probieren, ich bin bereit. Sie verstehen doch, was ich meine ? Alles andere hängt von Ihnen ab."

Das war's, freute sich Jordy. Jetzt macht der Schnarchsack mal Urlaub, weil demnächst erst mal Schluss ist mit abgeschlafft und ausgebrannt. Tschüs Junko, Michiko, Aimi, Sayuri und wie die ganze Hitparade der angestaubten Ladenhüter lautete. Es ist einfach nicht wahr, dass das Glück blind daherkommt. Man kann es sich durchaus angeln, wenn man sich entsprechende Mühe gibt. Ein Treffer auf zehn Versuche, das ist eine deutlich höhere Quote als beim Lotto. Nur dass man damit ausgerechnet bei der Kyonghi landet, das lässt sich nicht unbedingt vorhersehen.

* * *

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Kyonghis Eltern repräsentierten das geteilte Korea. Die Vorfahren ihres Vaters stammten aus dem Süden, ihre Mutter hatte Verwandtschaft im Norden, und dazwischen liegt die entmilitarisierte Zone. Weil Japan Ausländer nur dann einbürgert, wenn sie Fußball auf internationalem Niveau spielen oder ihre nationale Identität aufgeben und einen japanischen Namen annehmen, hatte Kyonghi keinen japanischen Pass, obwohl sie, wie ihre beiden Eltern, in Japan geboren und aufgewachsen ist. Sie hatte eine südkoreanische Grund- und Mittelschule, und danach ein nordkoreanisches Gymnasium am Stadtrand von Tokyo besucht und war daher zweisprachig aufgewachsen, und ihr gefällig geformter Busen war mit Liebe zu Kim Ilsung und Kim Jongil abgefüllt worden. Zuhause sprach sie ein Gemisch aus Japanisch und Koreanisch; nur wenn sich Koreaner über die Schlechtigkeit der Japaner, über ihre Vorurteile und Diskriminierung, auslassen, sagen sie das ganz auf Koreanisch. Kyonghi hatte einen Fremdenpass, der ihr die nordkoreanische Staatsangehörigkeit bescheinigte und den Nachteil hatte, dass er zu Reisen in andere Länder außer Nordkorea nicht taugte. Dort war sie als Schülerin schon einmal gewesen und leicht schockiert nach Japan zurückgekommen; seitdem war ihr Busen nicht länger den beiden fernen Kims vorbehalten, sondern auch japanischen Mitschülern zugänglich. Jedenfalls war ein guter Teil der Propaganda, die sie in der Schule eingetrichtert bekommen hatte, in ihr ebenso abgebröckelt wie der Putz an den grauen Plattenbauten in Pyeongyang, wo sie bei ihrem Onkel zu Gast gewesen war, und nun wäre sie als Gesangsstudentin gerne einmal nach Deutschland oder Italien gereist. Jordy war ziemlich fassungslos, dass es in seinen Klassen angehende Opernsängerinnen gab, die nie im Leben nach Europa reisen können, es sei denn, sie verleugnen ihre Herkunft und lassen sich in Japan zwangsassimilieren oder von Südkorea Asyl gewähren, was aber Kyonghis Onkel in Pyeongyang Schwierigkeiten bereiten und weitere Besuche verhindern würde. Wie musste Kyonghi ihre Kommilitonen beneiden, die in den Sommerferien mit dem Eurail-Pass kreuz und quer durch Europa ratterten und dann begeistert von Wien, Paris, München oder Milano erzählten !

Jordy vereinbarte mit Kyonghi ein Rendezvous und achtete darauf, dass es nahe dem Restaurant, in das er sie einladen wollte, auch geeignete Stundenhotels gab. Auf ihre Antwort-Mail brauchte er nicht lange zu warten.

"Wie haben Sie sich das Treffen vorgestellt ? Ich sollte vielleicht vorher sagen, dass ich sehr zart besaitet bin und Zeit brauche. Seien Sie bitte nicht allzu stürmisch, ich möchte es langsam angehen lassen und hoffe, Sie verstehen, was ich meine."

Zart besaitet hatte die robust wirkende und ohne Höflichkeitsfloskeln stets Klartext redende Kyonghi mit ihrem tiefen Ausschnitt nicht gewirkt. Naja, das Glück, man kann es sich zwar angeln, wenn man sich Mühe gibt. Aber bisher war es Jordy immer mehr oder weniger in den Schoß gefallen, und das lästige Sich-Mühe-geben, meinte er, habe er nach den ersten vier Kapiteln dieses Lesebuchs endlich hinter sich. So plumpste er aus seinen rosaroten Träumen erst mal wieder in die graue Realität zurück wie ein nasser Schnarchsack; er konnte seine Enttäuschung nicht vollständig verbergen, woraufhin Kyonghi ihm riet, nicht zu verzweifeln und ihr etwas Zeit zu lassen, dann würde es schon gut werden.
Wenn er das richtig interpretierte, war es am Gescheitesten, sich erst mal verständnisvoll zu geben, damit wenigstens das erste Stelldichein nicht koppheister ging. Er bestellte sie an einen Ort, der für junge Paare der Anfängerklasse und für Frühlingsspaziergänge geeignet ist --- kein einziges Stundenhotel weit und breit. Als sich der Tag sonnig und mild anließ, dankte er den Göttern und führte Kyonghi sofort ins nächste Hotel, zum Mittagessen natürlich.

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"Du bist mir widerstandslos gefolgt, obwohl ich dich sofort in ein Hotel mitgenommen habe. . . .", frotzelte er, und Kyonghi lächelte unerwartet schüchtern. Sie sah nicht übel aus und war so attraktiv, wie 23jährige Mädels in Japan eben sind. Sie hatte sich dezent geschminkt und modisch gekleidet, aber um den Hals gefallen war sie ihm nicht. Das traute sie sich nicht, es war ihr anzusehen. Immerhin war Jordy ihr Prof, da ist die erste Begegnung außerhalb von Campus und Konzerthalle ein bisschen beklemmend, das ist klar. Nach einem Glas Wein und dem süßen Dessert wurde sie schon ein wenig zutraulicher, aber der eng umschlungene Frühlingsspaziergang fiel in das Wasser, das die immer dicker und dunkler werdenden Wolken just zum Ende des Menüs freizügig auf die ausgetrocknete Erde gossen. Das ist, frei nach Verdi, Macht des Schicksals. Jordy und Kyonghi sprinteten durch die Pfützen zu einem nahen Einkaufszentrum, in dem sich aber leider kein Kino befand. Zwei Stunden langweilige Bummelei durch den Konsumtempel, bis es endlich aufhörte zu tröpfeln. Dafür war der Regenwand ein eisiger Wind gefolgt, der ihnen am Meerufer-Park steif ins Gesicht blies. Jordy nahm Kyonghi an der Hand und, als sie fror, auch in den Arm. Küssen ließ sie sich auch, aber es kam ihm so vor, als arbeite sie nur ab, was zuvor per e-mail vetraglich vereinbart war; innere Anteilnahme vermisste er auch später noch, als es anfing zu dämmern und sie wie Pennäler unter den Bäumen auf einer Bank, die halbwegs trocken geblieben war, eine halbe Stunde lang knutschten. Ihm schien es vielmehr, als kuschele Kyonghi sich vor allem deshalb in seine Arme, weil sie andernfalls in dem windigen, menschenleeren Park am Meeresufer glatt erfroren wäre. Aber das war ja ihre Schuld; wenn es nach Jordy gegangen wäre, hätte er ihr die Küsse in einem warmen Hotelbett gegeben.


2


Erstaunt las er am Abend in ihrer Mail, dass sie einen außerordentlich glücklichen Tag verbracht habe und jetzt so richtig verliebt in ihn sei. Wie war das möglich ? Wenn das stimmte, musste sie diese Gefühle aber sehr geschickt vor ihm verborgen haben ! Jordy wurde nicht recht klug aus diesem Mädchen, was aber nichts zu bedeuten hat, denn er war eben ein eindimensionaler Mann und hatte schon immer seine Schwierigkeiten mit Mädchen gehabt, die noch andere Wünsche im Kopf hatten als nur von ihm gevögelt zu werden. Weil Männer so etwas rätselhaft finden, verlieh er seiner Verwunderung in seiner nächsten Mail Ausdruck und erhielt eine sehr, sehr lange Antwort.

"Ich finde, ich habe bei unserem Zusammensein gestern alle meine Gefühle verausgabt. Und Sie haben das offenbar nicht gemerkt ! Es ist interessant, wie verschieden die Menschen doch empfinden. Ich habe von klein auf meine Gefühle immer unterdrückt und bin wohl deshalb zu einem Menschen geworden, der das bisschen Glück, das er zugeteilt bekommt, nicht voll auskosten kann. Wenn ich früher nicht ordentlich gegrüßt habe, bin ich gleich von meinen Eltern geschlagen worden, und wenn ich etwas nicht essen wollte, haben sie mich auf den Bauch geschlagen und in mein Zimmer eingesperrt.
"In Afrika verhungern die Kinder, und du rümpfst die Nase und sagst 'das mag ich nicht'. Du weißt gar nicht, wie gut du es hast !"

Meine Eltern haben sich immerzu gezankt und angeschrien, und wenn ich in der Nacht aufgewacht bin, weil sie sich so laut angebrüllt haben, habe ich am ganzen Leib gezittert. Mein Vater hat alle naslang, um seine Dominanz zu zeigen, die Mutter angeschrien:
"Wenn du deinem Gebieter nicht gehorchen willst, dann verschwinde aus meinem Haus !" Die Mutter hat dann geheult und sich gefügt, aber der Vater hat seine Wut auch an uns Kindern ausgelassen, und ich hasste ihn dermaßen, dass ich ihn glatt hätte umbringen können.

Solche Geschichten werden Sie nicht interessieren, aber ich bin davon geformt worden und muss deshalb so weit ausholen, um es zu erklären. Die Mutter hat dann eigene Geschäfte angefangen, vielleicht, um sich durch das verdiente Geld nach einer Scheidung abzusichern oder auch nur, um einfach etwas anderes zu machen. Dazu hat sie viel Geld investiert, was sie vor der Familie geheim gehalten hat, aber sie ist einem Betrüger auf den Leim gegangen und stand schließlich mit hunderttausend Dollar Schulden da. Um das zu vertuschen, hat sie die Sparbücher ihrer Kinder geplündert, mit Vaters Kreditkarte heimlich Geld abgehoben, mein Schulgeld veruntreut, aus der Ladenkasse Geld geklaut und dem Steuerberater gesagt, das Honorar, das sie ihm schuldete, sei ihr gestohlen worden. Mit lauter Lügen und neuen Krediten hat sie mit ihrer Schuldenlast gekämpft und schließlich ohne Scham in jeder Notlage neue Lügen und Ausreden erfunden. Am Ende ist sie vollkommen ausgeflippt, aber das ist kein Wunder, wenn man sich mit lauter Lügen immer tiefer in die Schuldenhölle verstrickt hat.
Zu der Zeit war ich auf dem Gymnasium, im Jahr vor dem Abitur, hatte meine Haare weißblond gefärbt und mein Gesicht geschminkt wie eine Räuberbraut, bin nachts durch die Straßen zigeunert und habe mich vollkommen hängen lassen. Können Sie jetzt verstehen, dass ich manchmal eine ganze Schachtel Zigaretten pro Tag geraucht habe ? Mich so gehen zu lassen, das war meine Art von Widerstand gegen die Zustände daheim. Mir war alles egal, und wenn ich dabei draufgegangen wäre, hätte mir das auch nichts ausgemacht, denn zu leben bedeutete mir nur Kummer und Elend. Zuhause war es unerträglich, meine Mutter war ausgeflippt, und mein Vater ließ seinen Zorn an mir aus, wenn er mich nur sah. Meine einzige Freude war zu singen; das hatte ich in der Mittelschule gelernt. Seit ich mit fünf Jahren ein Musical gesehen hatte, blieb der Wunsch, einmal ein Musical-Star zu werden, auch dann lebendig, als ich auf der Straße gelebt hatte. Zufällig hab ich dann im Fernsehen mal eine Oper gesehen. Und in meiner kindischen Aufmachung bin ich hinterher in den nächsten Schallplattenladen in die Klassik-Abteilung marschiert und hab mir da Opernaufnahmen angehört. Meine Gesangslehrerin hat mich langsam wieder zur Vernunft gebracht, und bei einem anderen Sänger habe ich dann ernsthaft Notenlesen gelernt, um mich auf das Gesangsstudium vorzubereiten. Da war ich 18. Zwei Jahre lag habe ich vergeblich versucht, ans Staatliche Konservatorium aufgenommen zu werden, und mit 20 bin ich dann auf die private Musikhochschule gegangen. Mein Vater hatte damals geschäftlich Pleite gemacht und sich mit meiner Mutter so gestritten, dass die Fetzen flogen und Mord und Totschlag drohten. Ihn kümmerte es einen Dreck, dass ich Sängerin werden wollte, und die Studiengebühr konnte und wollte er mir auch nicht bezahlen. Geht doch arbeiten, hat er mich und meine Mutter angeschrien. Die Aufnahmegebühr für die Hochschule habe ich gerade so zusammenbekommen, aber das Geld, das mir meine Mutter jeden Monat zum Studieren bezahlen wollte, hat sie mir nie gegeben. Wie sollte sie auch, wo sie noch immer bis zum Hals in Schulden steckte ! Ich habe es ziemlich schwer gehabt. Mein bisschen Bafög reichte nicht mal aus, um die Studiengebühren zu decken, und ich habe alle erdenklichen Jobs nebenher gemacht und bin zeitweise vor Übermüdung krank geworden. Was hab ich die anderen Mädchen beneidet, die ihr Studentinnenleben voll genießen konnten !
Mit meinem Prof bin ich auch nicht gut zurecht gekommen. Der ahnte nichts davon, wie knapp ich finanziell bestückt bin, und gab mir einen Packen Karten für seine Konzerte, die mehrere hundert Dollar kosteten, mit der Auflage, sie ihm abzukaufen und weiterzuverkaufen. Weil ich das nicht bezahlen konnte, habe ich es abgelehnt und bin fortan ziemlich kühl von ihm behandelt worden. Aber was blieb mir denn übrig ? Die Kommilitonen haben aus Respekt vor seinem bekannten Namen alle mitgemacht, aber ich blieb bei den Kommilitonen ebenso außen vor wie bei dem Prof. Nach zwei unglücklichen Studienjahren bin ich im 3.Jahr voll zusammengeklappt. Ich bekam keinen Ton mehr heraus, meine Menstruation blieb drei Monate lang aus, und ich überlegte nur, auf welche Weise ich mich am einfachsten umbringen könnte. In meiner äußersten Not habe ich mich einer anderen Professorin anvertraut, und die hat mich zur Beratungsstelle geführt. Ich hatte ja nichts mehr zu verlieren und brauchte einfach Hilfe. Bei der Beraterin habe ich mich ausgeheult und meine ganze Geschichte erzählt, und die hat mich dann nicht nur getröstet, sondern auch Wege zu einer reduzierten Studiengebühr aufgetan und andere Hilfen in die Wege geleitet. Jetzt kann ich endlich in Ruhe und ohne existentielle Sorgen studieren, und endlich fühle ich mich auch in Tokyo, von wo ich nach der Schule immer wie auf der Flucht nach Funabashi zurückgefahren bin, nicht mehr so unwohl.
Ich erzähle Ihnen das nicht, damit ich bemitleidet werde, sondern um mir darüber klar zu werden, dass mich meine Umwelt und meine Sorgen eben von klein auf so gemacht haben, dass ich nicht so heiter in den Tag hineinleben kann wie die anderen jungen Mädchen. Vor zwei Jahren noch hätte ich aus Scham keinem etwas davon gesagt, sondern mich für alles Schlimme selbst verantwortlich gemacht und daran gedacht, dem Schlamassel durch Selbstmord zu entkommen. Jetzt bin ich aber froh, dass ich noch lebe. Das Singen macht mir Freude, und wenn ich Schokolade esse, empfinde ich richtige Glücksgefühle :-) Auch schöne Kleider zu kaufen und mich hübsch zu machen gehört zu den Freuden des Lebens.
Habe ich jetzt Ihre Frage beantwortet, warum ich auch dann meine Gefühle unterdrücke, wenn ich glücklich bin ? Ich weiß auch nicht, warum das so ist, aber es hängt sicher mit meiner Vergangenheit zusammen. Ich will nicht alles auf meine Eltern schieben. Vielleicht war ich selber ja auch zu schwach. Ich habe aber gelernt, dass auch Erwachsene bei weitem nicht unfehlbar sind, und auch dann, wenn sie schon eigene Kinder haben, noch lernen müssen. Seltsamerweise kann ich trotz allem meinen Eltern nicht böse sein. Meine Mutter wäscht mir immer noch die Klamotten und setzt mir was zu essen vor. Mein Vater ist inzwischen stolz auf mein Gesangsstudium, obwohl er doch vorher so erbittert dagegen gewesen ist. Er hat sich heimlich das Video von meinem Liedexamen angeschaut und dann anerkennend gesagt:
"Du bist wirklich eine professionelle Sängerin geworden ! Sieh zu, dass du damit deinen Lebensunterhalt bestreiten kannst !"
Das Vergangene ist damit natürlich nicht verschwunden, und es hat keinen Zweck, es vergessen zu wollen. Schließlich hat es mich zu dem gemacht, was ich jetzt bin. Das vergisst sich nicht so einfach. Aber ich bin entschlossen, nach vorne zu schauen und meinen eigenen Weg zu gehen."

* * *

urchin


Eine bewegte Vergangenheit für ihre 23 Jahre hatte die Kyonghi ! Und wenn man sich so eine als Freundin anlacht, sollte man darauf gefasst sein, dass es auch bewegt weitergeht. Schnarchsack, schnall dich an !

Zunächst lief alles wunschgemäß, verliebte e-mails gingen hin und her, und ein neues Treffen wurde vereinbart. Drei Tage vor dem Rendezvous kam allerdings wieder eine etwas merkwürdige Mail von Kyonghi.

"Mir fällt es nicht leicht, es anzusprechen, aber ich sag es dir trotzdem. In dem Restaurant eines Bekannten habe ich am Jahresende einen jungen Kerl kennen gelernt, der mir offen Avancen gemacht hat. Obwohl er vom Gesicht her gar nicht mein Typ ist, so ein bisschen vierschrötig, hat er mich doch so beeindruckt, dass es mich selbst gewundert hat. Allerdings hatte er es auf die Madoka, die Tochter des Chefs, genauso deutlich abgesehen; anscheinend war er nicht gerade wählerisch. Weil er mich ein wenig verliebt gemacht hatte, hab ich mich dann mit ihm getroffen, aber da war er dann kühl und abwartend, weil er sich bei anderen Mädels auch noch Chancen ausrechnete. Das fand ich nicht gerade erheiternd, hab es mir kurz überlegt und dann die Sache auf sich beruhen lassen. Und dann hat es ja schon bald mit dir angefangen. Aber gestern hab ich ihn zufällig wiedergetroffen, und er zeigte mir sehr auffällig sein Interesse; wir haben zwar nicht miteinander gesprochen, aber beim Fortgehen hat er sich nach mir rumgedreht und "tschüs" gesagt. Eine Freundin, die neben mir stand, hat gesagt: "Der steht gewaltig auf dich !", aber ich hab nur geantwortet "he ? der ist bei mir schon unten durch, und außerdem ist es jetzt zu spät". Aber innerlich bin ich ins Schwanken geraten, ich schwanke, ich schwanke.... ich bin ganz traurig."


7


Damit hatte Jordy nicht gerechnet, da wollen wir mal ehrlich sein. Obwohl er immer gemeint hatte, als Schnarchsack stets auf das Schlimmste gefasst zu sein. Aber so kurz nach dem ersten Kuss zu schwanken wie ein Telegrafenmast im Taifun, das hatte er der Kyonghi nicht zugetraut. Aber er hatte ihr Vieles nicht zugetraut und noch mehrfach Gelegenheit, sich zu wundern.

In seiner Antwort gab er sich kühl und gefasst.

"Du bist jung und hübsch, da gucken die Jungs schon nach dir. Das kommt vor, das kann jeden Tag passieren. Uns zwei verbindet nur ein halber Tag Knutschen und ein bisschen Mail-Korrespondenz, und wenn du einen Besseren findest, will ich dich nicht festhalten. Ich glaube dir zwar, dass du momentan mich bevorzugst und dich auf das Treffen freust, aber so lange wir noch nicht miteinander geschlafen haben, betrachte ich dich als ungebunden, und wenn du mir morgen sagst, wir machen Schluss, dann kann ich es leicht nehmen, ohne all den überflüssigen Kummer, den ich bei einem Mädchen hätte, mit dem ich intimer verbunden bin. Aber Kummer habe ich genug gehabt, mir reicht's vorerst. Immerhin freut es mich, dass jemand an mich denkt, in der Bahn, beim Friseur, beim Einschlafen...."

Kyonghi reagierte prompt und saftig.

"Ich öffne mein Herz nicht so leicht fremden Leuten. Es gibt nicht viele, die sich die Mühe machen, mich verstehen zu wollen. Und dir hätte ich auch nichts gesagt, wenn ich nicht sicher gewesen wäre, dass du dafür Verständnis hast. Es ist schließlich nichts, auf das ich stolz sein könnte. Aber du hast mir geschrieben, dass du mich deswegen nicht weniger lieb hättest, und ich empfinde für dich das Gleiche. Ich möchte dich nicht verlieren. Ich nehme jetzt all meinen Mut zusammen und sag's offen heraus: Erproben wir unsere Liebe ! Ich bin bereit für den nächsten Schritt. Nur e-mail, das reicht mir nicht mehr."

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Jordy war nicht so abgebrüht, dass er sich jetzt die Hände gerieben hätte. Im Gegenteil, ihm schlug das Herz wie einem Pennäler, der zum ersten Mal seinem Lieschen die Bluse aufknöpft. Wahrscheinlich war das der Grund für die idiotische, lehrerhafte Antwort, die er Kyonghi schickte.

"Danke sehr für dein Vertrauen. Ich hoffe, du hast dir gut überlegt, was dann auf dich zukommt. In den Sommerferien muss ich dich einen Monat lang alleine lassen, weil ich dann mit meiner Frau nach Deutschland fahre, und auch sonst können wir uns nicht so oft treffen wie du es dir wünschen wirst. Wenn du dich einsam fühlst, ist dein Freund nicht da, und wenn du krank bist, kann er dich nicht besuchen. Es gehört viel Mut dazu, sich mit einem verheirateten Mann einzulassen, und womöglich verpasst du mit deiner Wahl die Chance auf ein größeres Glück und handelst dir dafür nur ein paar Scherben kleiner Glückchen ein. Wenn du es aber trotzdem nicht bereust, dann will ich dich glücklich machen, so gut ich es kann, und deinen Liebeshunger stillen, wenn immer wir zusammen sein können."

"Weshalb musstest du mir so etwas schreiben ? Ich wollte mit dir zusammen sein und habe extra die Augen zugemacht und alles getan, um das eine Thema zu verdrängen, warum sprichst du es da an ? Weil du mich lieb hast, habe ich eingewilligt, weil ich weiß, dass du mich umarmen möchtest, habe ich JA gesagt. Aber wenn du mir so knallhart unter die Nase reiben musst, wie gut du dich mit deiner Frau verstehst, ist mir das einfach unerträglich, bei aller Liebe. Ich hätte unsere Probleme schon von selbst begriffen, und alles hätte gut gehen können. Weißt du, auch für eine Frau ist es etwas anderes, wenn sie mit ihrem Partner einmal intim geworden ist. Dann wird sie leicht eifersüchtig und will ihn ganz für sich haben. Ich habe mich mit dem Sex so geziert, weil ich weiß, wie sehr ich dich dann begehren werde, und du kannst diesem Begehren nicht entsprechen, nicht wahr ? Ich tadele dich nicht dafür, aber ich finde, dann ist eine ideelle Liebe für uns am besten. Wir sollten es ohne Intimitäten belassen, uns nur von Herzen verstehen und menschlich mögen, dann kann man sich auch ohne körperliche Liebe einen geistigen Ruheplatz schaffen. Vielleicht suche ich mir dann einen anderen Partner nur fürs Bett, das wäre vielleicht das Ideale."

In diesem Fall wäre Jordy lieber der andere Partner nur fürs Bett gewesen. Seine blöde Mail war echt kontraproduktiv gewesen. Wie konnte er sich da seiner Erfahrungen mit jungen Mädchen rühmen ? Er hätte wissen müssen, dass es nichts Verlogeneres gibt als eine Liebesbeziehung, und dass in solchen Fällen Aufrichtigkeit ein grober Fehler ist. Ein anfängerhafter Schnarchsack-Schnitzer nach dem andern. . . . Erst hatte er Namiko gekränkt und die Affäre gegen die Wand gefahren, und nun hatte er auch noch Kyonghi vergrätzt. Er musste als Prof wohl irgendeinen penetranten pädagogischen oder seelsorgerischen Zug haben, dass er bei jungen Mädchen nur als Deponie für Seelenmüll und Herzenstrümmer herhalten durfte. Er wollte aber erst mal versuchen, ob sich das Malheur nicht noch kitten ließe.

"Ich glaube, wir sind jetzt an einem Scheidepunkt angelangt. Du hast die Wahl, entweder wir gehen weiter, oder wir machen Schluss. Aber ich bin nicht der liebe Onkel, den du dir wünschst, der mit dir nur gemeinsam essen geht und dich im Bett einem jüngeren Macker überlässt. Wenn man sich mag, ist es nur natürlich, es auch körperlich auszudrücken. Ich kann dich nicht weiterhin treffen und küssen. Wenn ich dich küsse, will ich dich auch umarmen, und wenn ich dich umarme, will ich dich auch im Bett haben. Ich entschuldige mich für meine Mail, die dir weh getan hat, aber deine Antwort hat mir auch weh getan, und wenn das dein Ernst war, dann machen wir lieber gleich Schluss, bevor es noch mehr weh tut."

Am Abend versuchte Jordy noch zweimal, ihr Handy anzuklingeln, aber sie hatte es abgeschaltet, und eine Mail kam auch nicht mehr. Das hatte er fein hingekriegt, das Girl, das er schon so gut wie im Bett hatte, doch noch zu verbaseln ! Und jetzt ist die Geschichte, die eigentlich schon so gut wie gelaufen war, wieder völlig offen, und keiner weiß, wie das noch enden wird.

Am wahrscheinlichsten ist, dass sie noch am selben Abend zu ihrem Vierschröti gerannt ist und sich dem an den Hals geworfen hat, dachte Jordy. Bestenfalls wird sie noch ein bisschen weiterschwanken und womöglich seekrank davon werden. Am unwahrscheinlichsten war die Möglichkeit, dass sie Jordy so sehr mochte, dass sie den Tort schluckte. Aber genau dies schrieb sie am nächsten Tag in ihrer Mail; sie wolle vorerst mit ihm zusammen bleiben, erbitte sich aber Bedenkzeit, da sie der Ansicht sei, dass eine intimere Beziehung garantiert nicht gutgehen werde. Also musste Jordy wieder mal die Trickkiste aufmachen. Wenn ein Mädchen auf Aufrichtigkeit allergisch reagiert, bekommt sie eben Lügen aufgetischt. Weil sie in Kürze eine Gesangsprüfung hatte und besser nicht deprimiert sein sollte, schrieb er ihr also einen derart bewegenden Liebesbrief, dass auch 500jährige Tannenbäume davon zum Harzen gerührt würden. Dazu flunkerte er, er habe ihn als Antwort auf ihre Einladung zum nächsten Schritt schon vorher geschrieben und nur deshalb nicht abgeschickt, weil er ihn für den Morgen des Rendezvous aufheben wollte. Aber nun würde er ihn als Muntermacher für das Examen schicken. Dass er sie damit wieder rumkriegen wollte, das schrieb er ihr nicht, und dass das Lügen zur Liebe gehört wie das Shampoo zum Haarewaschen, ist schließlich ohnedies allgemein bekannt.

"So einen schönen Liebesbrief hab ich mein Lebtag noch nicht bekommen ! Ach, Jordy, ich möchte dich sofort treffen, hast du nicht eine halbe Stunde Zeit für mich ?" las er als Antwort darauf. Kein Wort von der Prüfung, die Kyonghi eigentlich wie ein Nagel im Kopf stecken müsste. Das Doping war also ziemlich effektiv gewesen. Als Schnarchsack hat man den jungen Kerlen doch immerhin einen Haufen Tricks voraus, und es ist erstaunlich, wie wirksam sie sind.

Die Prüfung war um 12 Uhr zu Ende, und am Nachmittag dieses sonnigen, warmen Frühlingstages saß Kyonghi mit Jordy auf einer Parkbank und ließ nur durch heftige Hustenanfälle ihr Kussmarathon kurz unterbrechen.

"Mit meiner Erkältung habe ich bei der Prüfung mehr gekrächzt als gesungen. Und du bist dran schuld", hustete sie und zog die triefende Nase hoch.

"Wenn es nach mir gegangen wäre, hätten wir letzte Woche nicht im eisigen Wind auf einer Parkbank gehockt, sondern in einem warmen, bequemen Bett gelegen. Die Verantwortung für deine Erkältung kannst du mir leider nicht in die Schuhe schieben."

Das wollte sie nicht hören, sondern schlang sich stumm in seine Arme. Trotz ihrer Erkältung schälte sie sich aus ihrem Mantel und küsste auch dann unvermindert weiter, als Jordys Hände, durchaus nicht zufällig, über ihre gefällig gerundete junge Brust strichen.

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Das gab ihm am Abend Mut, ihr eine unmissverständliche Mail zu schicken.

"Ich freue mich sehr auf morgen, habe allerdings eine kleine Programmänderung vor. Im Wetterbericht ist von kühlen Temperaturen, bewölktem Himmel und Schauerneigung die Rede gewesen. Wenn wir dann wie geplant wieder in einem Park herumlaufen und du dir eine Lungenentzündung holst, wirst du mich womöglich für deinen frühen Tod verantwortlich machen. Ich werde dich deshalb in ein warmes Bett legen und mit dir ein Mittagsschläfchen halten. Widerworte und Reklamationen sind zwecklos."

"Ich habe gerade in den letzten Wochen wieder ein paar Kilos zugenommen und mag meinen Körper vorerst nicht herzeigen. Dazu kommt die Erkältung, und außerdem habe ich etwas Bauchweh, weil meine Menstruation in Kürze beginnt. Also, mit deinem Vorschlag kann ich mich nicht anfreunden."

"Wenn ich abwarten will, bis du deine angefressenen Kilos wieder abgebaut und auch sonst keine Wehwehchen mehr hast, werde ich pensioniert. Also, keine Widerrede, verstanden ? Wir machen alle Fenster zu und Lichter aus, und dann kannst du meinetwegen in der Badewanne den Mantel und im Bett die Schuhe anbehalten und dir noch die Decke über den Kopf ziehen, damit ich keines deiner überflüssigen Pfunde zu sehen bekomme, und falls du glaubst, dass ich dich wegen zwei Kilo Übergewicht auf einmal nicht mehr mag, dann passen wir nicht zueinander."

Der kommende Tag hielt, was die Wetterfrösche versprochen hatten, und Kyonghi krächzte ziemlich verschnupft. Falls sich Jordy bei der Knutscherei gestern keine grässliche Grippe eingefangen haben sollte, dann musste er gegen sämtliche Viren immun sein.

Vor dem Eingang des Hotels blieb er kurz stehen, schaute Kyonghi an und fragte: "Oder ist dir eine Parkbank doch lieber ?"

Kyonghi lächelte verliebt und schüttelte den Kopf: "Keine Reklamationen...."

tannsonn

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