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Mädchen im Überfluss

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Der Beginn des neuen Jahres stand für Seryna unter einem noch schlechteren Stern als das Ende des alten. Das kapriziöse Schicksal sorgte nämlich dafür, dass ausgerechnet ihrem Jordy schon wieder ein Mädchen über den Weg lief, so auffallend schön, dass sich selbst die emotionslosen japanischen Männer auf der Straße nach ihr umdrehten, und das will was heißen.

Jordy war wieder einmal als Statist angeheuert, für eine japanische Operntruppe diesmal, und er musste nicht wie sonst als Lakai, Gipsfigur oder Kerzenhalter den Sängern im Weg stehen, sondern in den Partyszenen von "La Traviata" Bewegung ins Bühnenbild bringen, während der Chor dastand und sang. Zu diesem Zwecke bekam jeder der Statisten eine japanische Partnerin zugeteilt mit der Maßgabe, sie auf der Bühne dekorativ zu herzen und verliebte Walzer zu tanzen. Die Partnerinnen wurden vom Regie-Assistenten so ausgesucht, dass sie von der Körpergröße her zu den ausländischen Statisten passten, und als Jordy seine Gespielin zu Gesicht bekam, war ihm zu Mute, als hätte er das große Los in der Neujahrslotterie gewonnen. Nicht dass er glaubte, als angetatterter Schnarchsack die Kleine flottweg erobern zu können, aber mit so einer Schönheit schaffte es sogar Jordy, mit hoher Darstellerkunst verliebte Knutschszenen dekorativ auf die Bühne zu bringen. Naomi, diese makellose Miss Japan, schmiegte sich bei den Proben so innig an und strahlte ihm beim Walzer so herzig in die Augen, dass er nicht daran zweifelte, das ringsumher vom Chor geschmetterte Lied vom 'paradiso' könne nur für ihn gemeint sein. Dem Tenor hinter ihm, vor dessen Nase sich Naomi zehn Minuten lang in Jordys Armen wand, entfuhr schon in der zweiten Probe ein unüberhörbares 'beneidenswert!'. Jordy konnte ihm nur aufrichtig beipflichten, so sehr beneidete er sich beinahe selbst um diese Rolle mit einem so blendenden Model-Girl als Schmusepartnerin.


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Er war drauf und dran, Seryna vollkommen zu vergessen und sich in seine Walzer-Prinzessin zu verlieben, aber am dritten oder vierten Tag fiel ihm auf, dass es mit Schüchternheit allein nicht erklärbar war, dass Naomi, die Jordy auf der Bühne so verliebt anhimmelte, nach dem Verklingen des letzten Akkordes mit einem angedeuteten Kopfnicken davonschwirrte und kein einziges Wort mehr mit ihm wechselte. Er machte sich zwar keine Illusionen, dass ein so prachtvolles Mädel an ähnlicher Geschmacksverirrung leiden könnte wie Seryna, aber einfach stehen gelassen zu werden und dem davonrauschenden schönen Rücken hinterherzustarren, das kränkte ihn schon. Seine Kollegen hatten sich mit ihren Partnerinnen schon mehr oder weniger angefreundet; nur Naomi verschwand schnurstracks in die Damengarderobe und bot ihm keine noch so winzige Gelegenheit, plaudernd seinen Charme zu versprühen. Auf der Bühne, wo sie nicht ausreißen konnte, gab sie ihm zwar artig Antwort und bedankte sich für jedes Kompliment, fing aber von sich aus kein Gespräch an.
Bald jedoch stellte Jordy fest, dass sie nicht nur ihn, sondern männliche Gesellschaft generell mied. Wenn sie nicht in die Kabine enteilte, stand sie im dichtesten Damen-Pulk, und falls ein Mann sie ansprach, dauerte es meist keine zwei Minuten, bis sie sich ihm mit irgendeiner Ausrede entwunden hatte, ohne indes kühl oder gar schnippisch zu wirken.
Jordys Bühnenkollege Ricky, der ihn schon neidvoll zu seiner "Errungenschaft" beglückwünscht hatte, stellte mit Kennerblick fest, dass Jordy sich bei seinen Versuchen, Naomis Abwehrwall zu knacken, fruchtlos die Zähne ausbiss.
"Ich muss dir wohl erst zeigen, wie man sich so ein Bienchen angelt, was ?", legte er siegessicher los, aber drei Tage später gestand er Jordy verwundert, dass er nicht mal seine Visitenkarte bei ihr losgeworden sei.
"Scheint lesbisch zu sein, oder total verliebt in irgendeinen anderen Typ. Die hat echt die Luken runtergelassen. Schade drum, bei so einem Aussehen !"
Vielleicht hatte sie ja auch einfach die Nase voll von all der Anmache der Jungs, die sie vermutlich Tag für Tag umschwirrten wie die Motten das Licht. Bis zur Generalprobe gewöhnte sich Jordy daran, dass sie ihn auf der Bühne halb totdrückte, ihm ein ums andere Mal Kusshändchen zuwarf und beim Schmusewalzer die rettungslos Verliebte mimte, dann aber, sobald der Vorhang unten war, grußlos davonschwirrte, als stinke er nach Knoblauch. Jordy ließ sie sausen und genoss stattdessen die Minuten während der Vorstellung, wenn Naomi, an seine Brust geschmiegt, ihm den Smoking mit ihrer dicken Opernschminke weißte, und begnügte sich damit, ihr Schauspieltalent zu loben. Dieses Kompliment schien ihr wirklich zu gefallen, denn sie brannte auf eine Karriere als Operndiva. Beim Film hätte sie, mit ihrem betörenden Aussehen, sicher größere Chancen gehabt. Selbst mit Tünche und Perücke übertraf sie mit Abstand alle anderen Primadonnen auf und hinter der Bühne.


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Ricky, der bei Naomi nicht zum Zuge gekommen war, hatte mit seiner eigenen Partnerin wesentlich leichteres Spiel. Er lud alle Kollegen und die zugehörigen Mädels zu einer Party in seine Wohnung ein, und fast alle sagten ihr Kommen zu. Jordy bezweifelte aber, dass Naomi mitkommen würde, obwohl sie nicht abgesagt hatte. Sie würde sich garantiert wieder rausreden, wenn es so weit wäre. Und selbst wenn sie käme, würde sie schwerlich auftauen. Jordy wusste sich eine bessere Partnerin: Er funkte Seryna an, die Ricky auch kannte und schätzte, und hörte ein paar Stunden später ihre Telemessage, in der sie jauchzte und jubelte:
"Die Party lass ich mir nicht entgehen, ich komm auf jeden Fall!"
Jordys Ahnung hatte nicht getrogen: Die einzigen Mädchen, die schließlich kamen, waren Seryna und Rickys Partnerin Sachiko, und auch nur zwei männliche Kollegen beehrten Ricky mit ihrem Besuch. Die unbändige Freude, Jordy nach ziemlich langer Zeit wiederzusehen, versetzte Seryna in so gute Laune, dass sie auch Ricky damit ansteckte, der enttäuscht auf Bergen von Salat und Zuspeisen sitzen blieb, weil ihn alle so schmählich im Stich gelassen hatten.
"Mensch, deine Seryna ist doch eine treue Seele", raunte er Jordy zu, der ganz das Gleiche empfand. Es ist schön, wenn man sich auf ein Mädchen verlassen kann. Noch vor dem letzten Auftritt verblasste das blutleere Mannequin Naomi in Jordys Gedanken, und Seryna punktete wieder. Was immer an ihr auszusetzen sein mochte, sie hatte das Herz auf dem rechten Fleck.
"Ist doch logisch! Wenn mich jemand extra einlädt, dann gehe ich doch hin, wenn ich nicht gerade etwas wirklich Unaufschiebbares vorhabe!", protestierte sie, als Ricky sich bedankte, dass sie die Party fast im Alleingang gerettet hatte. Es mag ihn auch getröstet haben, dass Sachiko sich nicht entzog, als er sie auf dem Weg zum Bahnhof an der Hand fasste. Und zwei Jahre später war Ricky mit Sachiko verheiratet, aber das ist wieder eine andere Geschichte.
Zur Belohnung führte Jordy Seryna wieder öfter aus. Er hatte auch in den Ferien öfter an der Akademie zu tun; dann brauchte er nur ihren Pager anzubimmeln und Zeit und Ort einzugeben, und Seryna trudelte garantiert am Treffpunkt ein. Zwei oder drei Stunden verzogen sie sich in ein Hotel, wo Seryna beim dritten Mal schon einen Stammkunden-Gutschein bekam. Jordy war, Seryna sei Dank, ausgeglichen wie selten zuvor, litt an keiner Frustration und konnte ohne Neid mit ansehen, wie Naomi sich bei den Proben zur nächsten Oper bei einem Burschen einhakte, der ihm auch vorher schon aufgefallen war --- als Widerling. Enttäuschend banal, das Geheimnis von Naomis marmorner Kühle...


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Umso mehr Wärme ließ Seryna ihm angedeihen. Am Valentinstag wurde er mit einem dicken Paket Schokolade bedacht, sein Zahnarzt konnte sich freuen. Und von noch einem Mädchen bekam er Schokolade. Nein, falsch geraten, nicht von Sumiko. Sondern von Serynas Schwesterlein Sumiré. Unbekannterweise. Selbst gefertigte Pralinen. Schmeckten nicht übel.
"Sumiré ist wesentlich talentierter als ich im Kochen und Backen. Und jetzt hat sie massenhaft Pralinen gemacht; ich soll dir auch was abgeben, mit den besten Grüßen."
"Was macht die denn mit solchen Mengen von Pralinen? Da kann ihr Freund ja bis zum Herbst daran kauen!"
"Ihr Freund? Wenn der Hiroshi ahnte, wie viel Konkurrenz er hat! Sumiré ist ziemlich neugierig, und wenn sie einen interessanten Typ kennen lernt, will sie ihn auch verkosten. Derzeit hat sie Umgang mit mindestens drei Kerlen, und jeder von denen denkt, er sei ihr einziger. Da lohnt sich schon die Großproduktion von Valentins-Schoko."
Langsam wurde es Jordy klar, warum Seryna stets zu verhindern suchte, dass Sumiré ihn kennen lernte. Er hatte gedacht, sie könnten doch mal zu viert ausgehen, aber Seryna war strikt dagegen. Sie genierte sich also nicht, wie er geglaubt hatte, so einen Tattertyp wie ihn anzuschleppen, sondern traute vielmehr ihrer kleinen Schwester, soeben 20 geworden, zu, auch Jordy noch zu vernaschen! Sumiré stand Seryna nicht im geringsten nach, im Gegenteil, die Lüsternheit stand ihr ins Gesicht geschrieben, auf den Fotos, die er in Serynas Wohnung zu sehen bekommen hatte.
"Ja, die hat jede Menge Erfahrung. Neulich hat sie mir angedeutet, dass sie auch gern lutscht; da hatten wir einen anregenden Gesprächsstoff..."
Im Hotelzimmer zeigte ihm Seryna, dass sie es in jeder Hinsicht mit ihrer Schwester aufzunehmen gewillt war.
 
 

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Das Seminar in den winterlichen Bergen bereitete Seryna in diesem Jahr himmlische Freuden. Nicht nur, weil sie ernsthaft Deutsch gepaukt hatte und daher im Unterricht erste Erfolgserlebnisse genoss, sondern auch, weil sie tagelang mit Jordy unter einem Dach verbringen konnte. Weitsichtig hatte sie mancherlei Vorkehrungen getroffen; ihre Umsicht in außerschulischen Belangen war beachtlich. Sie hatte drei Kommilitonen überredet mitzukommen und hielt sich tagsüber so eng an einen von ihnen, dass man annehmen musste, sie gehe mit ihm. Vielleicht hatte sie's ja auch schon mal mit ihm probiert. Gegen 11 Uhr abends schlupfte sie jedoch mit Jordy in ein leerstehendes Zimmer mit abgezogenen Betten, das aber von innen abschließbar war, und dann hatten sie auf den Matratzen ihren Spaß aneinander. Jordy konnte nicht umhin, ihre Raffinesse zu loben.
"Nicht wahr, das war ein genialer Schachzug! Der Kôji hatte nämlich erst überhaupt keine Lust, seine Semesterferien auf einem Seminar zu vergeuden, aber ich habe ihm ziemlich zugesetzt, dass er mitkommt, und er ahnt nicht mal, dass ich ihn nur als Maskerade missbrauche. Gestern hat er mich angeraunzt, ich soll nicht so an ihm kleben. Weil alle denken, ich sei sein Schätzchen, ist er bei seinen Eroberungszügen gehandikapt."
"Da scheint ihm das Seminar also doch Spaß zu machen."
"Und wie! Drei oder vier Mädels haben es ihm angetan, und mindestens eine davon will er abschießen. Der braucht sowieso jeden Monat eine neue."
Sie schien ihn gut zu kennen. Aber die Auswahl williger Mädchen auf dem Seminar war in der Tat erstaunlich. Jeder der Jungs hätte zwei bis drei davon abbekommen können, so groß waren weibliche Überzahl und Frustrationen. Selbst auf Jordy entfielen noch ein paar Irrläufer, die ihm sein Alter wohl nicht ansahen. Die kleine Kaori mit dem skiurlaubgebräunten, schnuckeligen Puppengesicht, die erstrahlte wie ein Reaktor, wenn er sie nur ansprach und ihm quer durch den Saal Kusshändchen zuwarf, wenn das dritte Glas Weißwein vor ihr stand, oder das Schneewittchen Junko vom letzten Jahr mit dem formellen Briefstil, das ihm beim Frühstück den Käse tranchierte und ihn dabei wissen ließ, dass sie ihn für Jordy mit Liebe schneide. 'Wie praktisch, da brauchst du nicht mal ein Messer', lachte er sich innerlich halb kaputt über diese ulkigen Kids. Er hätte ja glatt ihr Papa sein können!
Seryna amüsierte sich über diese unbeholfenen Annäherungsversuche, die sie alle aus den Augenwinkeln registrierte, aber nicht übel nahm, im Gegenteil.
"Du solltest denen ruhig noch heftiger den Kopf verdrehen, umso weniger fällt unsere Beziehung auf. Die Kaori ist doch wirklich zum Anbeißen, und die Junko finde ich hinreißend, hinter der sind sicher viele Jungs her."
"Wenn du mich loswerden willst, brauchst du's nur zu sagen."
"Nein, nein, ich finde es normal, dass Männer hinter den Mädchen her sind. Ich bin auch gern mit schönen Mädchen zusammen. Der Assistentin Kawaguchi mit den wunderschönen Mandelaugen habe ich gesagt, wie gut sie mir gefällt, als ich zusammen mit ihr im Bad war. Da hat sie mich komisch angeguckt. Ort und Zeitpunkt für solche Komplimente waren zugegebenermaßen nicht sonderlich glücklich gewählt. Wahrscheinlich hält sie mich jetzt für eine Lesbe. Aber ich bin so glücklich, hier in deinen Armen liegen zu können, dass ich keiner anderen böse sein kann, die sich dasselbe wünscht. Außerdem beweist das auch, dass ich keineswegs abartig veranlagt bin. Alle Mädchen finden dich super!"
"Mir kommen bald die Tränen. Ich werde mir ein Zimmer mit Doppelbett nehmen und Nacht für Nacht meine Fans empfangen, in der Reihenfolge der ausliegenden Warteliste."
"Da werden die Mädchen sicher Schlange stehen."

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Jetzt war sie anscheinend vollends ausgerastet, diese schräge Liesel. Nun ja, wer in den Ferien freiwillig auf Deutsch-Seminare geht, der muss sowieso einen Sparren locker haben. Japanische Studentinnen finden Männer wohl erst dann attraktiv, wenn sie graue Haare und erste Furchen aufzuweisen haben. Dann kriegt man Mädchen, gratis und im Überfluss.
In ihrem Leichtsinn hatte Seryna sich am Abend so mit Alkohol vollgetankt, dass sie kaum allein in ihr Zimmer fand. Am andern Morgen vermisste Jordy sie beim Frühstück. Weil er eine Freistunde hatte, schaute er in ihrem Zimmer nach ihr. Sie döste im Bett und pflegte ihren Kater; ihre Zimmergefährtinnen waren alle im Unterricht. Als sie Jordy neben ihrem Kopfkissen wahrnahm, wurde sie freilich putzmunter. Sie zog sich aus und Jordy in ihr Bett, obwohl es heller Tag war und draußen vor dem vorhanglosen Fenster im Schnee Arbeiter mit Reparaturen beschäftigt waren. Nur ein knappes, risikoreiches Stündchen, und ihr Kater war verflogen. Und ihren Franz benuckelte sie so liebreich und lang, bis er ihr das versäumte Frühstück einflößte. Nun ja, Liebe geht durch den Magen.

Mittags war sie wieder voll da, mit so quirliger Verve, dass ihr am Ende des Seminars der 1.Preis für herausragende Aktivitäten zuerkannt wurde. Und das, obwohl ihre besten Darbietungen allnächtlich zwischen elf und eins unbekannt geblieben waren. Leider konnte man es jedoch in dem unbeheizten Raum mit den gewaltigen Eiszapfen am Fenster nicht länger aushalten, trotz hitzigster Leibesübungen.
Nach der Abschlussparty witschte Seryna in Jordys Zimmer, wo wenigstens wärmendes Bettzeug bereit lag. Andy, der mit ihm das Zimmer teilte, hatte Verständnis dafür, dass Jordy zwei Stündchen ungestört mit einer Studentin Probleme der Partizipialkonstruktion analysieren wollte, und war diskret genug, nicht nachzufragen, wer denn das fleißige Kind sei. So blieb ihre Liaison bis zum Ende so gut getarnt, dass gegen Tagesanbruch, nachdem Seryna todmüde in ihr Zimmer entschwunden war, eine schüchterne Miyuki, vom Weißwein angetörnt, ausgerechnet bei Jordy Trost dafür suchte, dass sie keinen Boyfriend hatte. Er tat, was er konnte, und als die letzten wackeren Zecher sich gähnend die Augen rieben und den Raum verließen, um sich einen heißen Morgenkaffee aufzubrühen, fiel Miyuki zärtlich über Jordy her und küsste sich ihre Einsamkeit vom Herzen, bis Bernd, ein junger Kollege vom Goethe-Institut, vor ihnen stand und laut verkündete, der Kaffee sei fertig. Hätte er ihnen einen mitgebracht, wäre er ein wahrer Gentleman gewesen! Miyuki aber zog die Küsse dem Kaffee vor, und erst, als Bernd, besorgt um die Moral, mit tadelnd indigniertem Blick ein zweites Mal auftauchte, ließ sie widerwillig, ohne sich vor Bernd zu genieren, von Jordy ab und bewegte sich langsam zum Speisesaal hin. Beim Abschiedsfoto schluchzte sie, die kleine Miyuki. Jordy würde sie demnächst wohl noch mehr und ausgiebiger trösten müssen.
Auf der Heimfahrt war es für Seryna ausgemachte Sache, mit Jordy im teuren Superexpress nach Tokyo zu rauschen.
"Erstens kann ich da noch länger mit dir zusammen sein, und zweitens fahren die meisten Studenten im Bummelzug; umso ungestörter sind wir!"
Sie zog ihn in den allervordersten Wagen, damit sie garantiert unter sich blieben, und kuschelte sich dann in Jordys Arme. 


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Vor Müdigkeit fielen ihm nach der durchwachten Nacht beinahe die Augen zu, aber eines entging ihm trotzdem nicht: Der Mensch, der da den Gang entlang kam und bei ihrem eng umschlungenen Anblick so perplex war, dass er wie angewurzelt stehen blieb und sie verblüfft anglotzte, das war der junge Kollege Bernd vom Goethe-Institut.
Nun ja, Jordy war doch ein vorbildlicher Pädagoge, nicht wahr? Bei ihm gab's nicht nur Bücherweisheiten zu lernen, sondern er betreute die ihm Anbefohlenen auch individuell mit großer Hingabe. Das kann gewiss nicht jeder Dozent von sich behaupten. So engagierte Lehrkräfte sind der Stolz aller Dekane. Bernd, nimm dir ein Beispiel an Jordy!

 

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