Nach San Blas
kann man auch auf anderen Wegen gelangen. Hin wollen wir auf
jeden Fall, denn dort ist das Land der Kuna-Indianer, die, von
den panamenischen Behörden quasi unter Naturschutz gestellt, unbehelligt ihr ursprüngliches Leben als Fischer und
Kokoszüchter führen. Zurück nach Pa'City, und von dort rattern
wir in Richtung Colombia die Panamericana entlang bis nach El
Llano, von wo eine Piste über die Berge ins Indioland führt.
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ZWISCHEN ATLANTIK UND PAZIFIK - ISTHMUS VON PANAMÁ
Der verwitterte Wegweiser sagt was von 14 km, das kann man riskieren, auch wenn die "Straße" über Stock und Stein holpert. Unser Auto sieht neu und kräftig aus, die Pneus sind noch gut, also los in die Berge. Landschaftlich ist das Land sehr schön, wir reiten über rundliche Hügel und schrauben uns durch Plantagen und lichte Wäldchen den Isthmus rauf und glauben nach 10 km Knochenarbeit, das Meer auf der anderen Seite schon riechen zu können, aber es erhebt sich nur eine Hügelkette nach der anderen, und als die 14 km geschafft sind, endet die befahrbare Piste vor einer landwirtschaftlichen Forschungsstation. Wahrscheinlich hatte besagter Wegweiser eben dieses Institut gemeint, nur war die Farbe leider abgeblättert. Für den restlichen Weg zu den Indios benötigt man Wanderstiefel oder ein Mountain Bike. Haben wir aber beides momentan nicht zur Hand und müssen die 14 km alle wieder zurückdödeln und die Indios in Frieden lassen. Aber selbst die Panamericana, die hinter Chepo bereits wie ausgestorben wirkte, geht nach der Brücke über den verwinkelten Stausee bei Cañita in einen naturnahen Zustand über und endet weiter östlich in der Provinz Darién bei dem Kaff Yaviza vollends. Von wegen bis nach Feuerland...! |
Sorgen bereiten
mir die Benzinpreise. Was da an den Tankstellen angeschrieben
steht, entspricht einem Preis von über 3 DM. Hier sind
wahrscheinlich die Grünen an der Macht. Unsere wenigen, teuer
erkauften Dollars wollten wir eigentlich lieber selbst verfressen
als sie durch den Auspuff jagen. Aber es muss sein. Und wieder
traue ich meinen Augen nicht; vollgetankt für nur 12 $?? Mir
fällt ein ganzes Gebirge vom Herzen: die Preise gelten nicht
für Liter, sondern für US-amerikanische Gallons! Alles sieht
so lateinamerikanisch aus, man vergisst beinahe, dass man in
Little America ist.
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Da hier die Welt
zu Ende ist, suchen wir in der anderen Richtung nach Panamás
verborgenen Attraktionen. Zum dritten Mal landen wir in Pa'City,
wühlen uns durch den Stau und verlassen die Stadt über den
Puente de las Américas, jene Brücke, die auf hohen Stelzen den
Panamá-Kanal überquert und die beiden amerikanischen Kontinente
zusammenhält. Hier blitzt die Chaussee wie gelackt,
babypopo-glatter Asphalt und vierspuriger Verkehr; dafür nennt
sie sich auch Autopista und kostet 50c Maut. Nach dem wilden
Osten gelüstet es uns nach Relax und Sandstrand, und das findet
man am besten auf der Chame-Halbinsel, sagt unser Beutegut aus
dem Flugzeug.
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Die
meistverkaufte Ware in Panamá ist mit Sicherheit Maschen- und
Stacheldraht. Das ganze Land ist in Haciendas, Fincas und
Privatgelände aufgeteilt, und jede Parzelle ist eingezäunt, als
würde sie sonst gestohlen. Wir haben unsere liebe Not, Abend
für Abend einen handtuchgroßen, ebenen Flecken zu finden, auf
den man ein Zweimann-Taschenhotel stellen kann, ganz zu schweigen
davon, dass die nächtlichen Gewitter es offenkundig auf uns
abgesehen haben und die Haut wieder allerorts zerstochen zu
jucken beginnt wie in Jamaica. Jede Seitengasse endet vor einem
Gitter, jeder Feldweg an einem Gatter, jede Piste stößt auf
einen Zaun, Ende der Welt.
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"No entre" --- "ENTRADA PROIBIDA" --- "Off limits"
In so einem Land
kann keine Guerrilla gedeihen, wo sogar der schöne Dschungel
nahe dem Panamá-Kanal von Wanderwegen durchzogen ist, an denen
Papierkörbe stehen wie im Odenwald. Außerdem endet das bisschen
Urwald schon nach 10 Minuten Autofahrt an den Werbeplakaten vor
Colón. So ähnlich sieht es auch auf der Chame-Halbinsel aus,
nur dass sich hier die Drahtgeflechte nicht um Rinderweiden,
sondern um die schönsten Strände ringeln, die allesamt in
Privatbesitz sind. Selbst Grundstücke, die noch gar nicht bebaut
sind, hüllen sich schon in ihr Maschendrahtkleid, und der Witz
dabei ist, dass die Tore meist unverschlossen sind. Die weniger
schönen Strände auf der pazifischen Seite der Halbinsel will
keiner haben, denn hier tost ein wildes, kaltes Meer auf den
breiten Sandstrand, und eine Brise, steif wie ein britischer
Lord, pustet dir glatt das T-Shirt vom Leib. Im Schatten kann man
faulenzen, aber ins Meer hüppen ist nicht ratsam, es sei denn
auf der festlandzugewandten Seite, die jedoch gebührenpflichtig
ist.
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Wir wollen
dieses Land der eisernen Vorhänge noch weiter explorieren, aber
viel Zeit bleibt nicht mehr. Penonomé, die Hauptstadt der
Provinz Coclé, ist ein adrettes Landstädtchen mit sauberem
Postamt und vielen kleinen Supermärkten; an jeder Kasse sitzt
ein Chinese. Hier ist Panamá weitgehend flach, die
sägezahnartigen Berge verharren am Horizont. Mit Erreichen der
Provinz Herrera verlassen wir die Panamericana, um nicht am Abend
in Costa Rica rauszukommen, und wenden uns südlich nach Chitré,
wo die panamenische Côte d'Azur liegen soll. In der Tat, bei San
Carlos kann man durch Lücken zwischen den abweisend
eingezäunten Landvillen Blicke auf ein blau blinkendes Meer
werfen, flankiert von ZUTRITT-VERBOTEN-Schildern wie überall in Panamá. Wir überlegen uns ernsthaft,
ob wir nicht nach der Pensionierung in Panamá einen
Maschendrahtzaunhandel aufziehen sollen, da werden wir womöglich
noch Millionäre auf unsre alten Tage. Irgendwo hinter Chitré
findet sich endlich ein freies Stück Land mit Zugang zum Meer,
aber wir sehen sofort, warum noch keiner den Strand umzäunt hat.
Es ist flach wie ein Pfannkuchen, und der Ozean ist zur
Mittagszeit, da Ebbe ist, nur fern am Horizont auszumachen;
Kneippkuren und Schlammbäder aber sind nicht unser Geschmack,
die kann man auch in Bad Kreuznach kriegen und muss nicht extra
bis nach Chitré gedüst kommen. Da lutschen wir lieber
Rambutans, suckeln an einer Kokosnuss, halten unter einem
schattigen Baum Siesta und dann, mit dem Anlassen des Motors um
15:48 Uhr, beginnt die lange Rückreise aus einem der letzten
Sommerurlaube in diesem Jahrtausend.
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Auf der Chame-Halbinsel hatten wir in der letzten Nacht einen guten Zeltplatz gefunden, mit funktionierender Dusche auf einem umzäunten, aber sonst unbebauten Grundstück. Wie immer hatte es in der Nacht geregnet, aber das lässt uns mittlerweile kalt. Solange es keine Backsteine schneit, drehen wir uns nur auf die andere Seite und pennen weiter. Man kann schließlich nicht jedem Gewitter zuliebe eigens aufstehen. Das Aufstehen hat allerdings auch seinen Reiz, denn es funkelt und blinkt überall, in Jamaica wie in Cuba oder in Panamá, als sei der Sternenhimmel heruntergepurzelt: Glühwürmchen en masse. |
IDYLLE AUF DER CHAME-HALBINSEL
Vielleicht
hatten wir gestern Verdacht erregt, denn heute in aller Frühe,
die Sonne geht gerade auf über unserem Zelt, das am gleichen
Platz wie am Vortag steht, kommt schon ein Machetazo (Typ mit
Machete) daher und schielt misstrauisch auf unser
Stoff-Appartement. Sagt aber nichts, denn wir gucken unschuldig
drein wie Bählämmchen und grüßen ihn freundlich. Zielstrebig
durchschreitet er dann das nur angelehnte Tor zu jenem
Grundstück mit der Dusche, unter der alles nass sein dürfte,
denn wir haben unser Morgenbad soeben hinter uns gebracht. Wir
sind Frühaufsteher, weil wir uns mangels peppiger Jazzclubs und
heißer Karnevals abends kurz nach Sonnenuntergang aufs Ohr
legen. Was der gute Onkel uns erzählen wollte, haben wir nicht
erfahren, denn als er zurückkam, rollte unser Vehikel just um
die Ecke in Richtung Panamá City. Dort treffen wir um 9 Uhr
früh ein, und weil uns der Berufsverkehr zufällig vor die Tore
des Museo de arte contemporáneo spült, legen wir noch einen
Kulturtrip ein, bevor die Mietfrist für unseren geduldigen, hart
geprüften Wagen abläuft.
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Nach dem
eisgekühlten Museum ins arktisch gekühlte Hotelzimmer, die
Lungenentzündung nach der letzten Übernachtung müssen wir
selbst bezahlen. Im Freien sind es wie immer gut 33 Grad, aber
die Panameños drehen die Klimaanlagen auf, dass die Türklinken
tropfen und die Spiegel anlaufen. Das Personal müsste eigentlich
in Eskimo-Pullovern rumlaufen, so frostig ist es. Allenfalls im
Swimmingpool auf dem Dach lässt es sich ertragen, und das ist,
bedenke ich's recht, unser einziger "Strand" gewesen
auf der gesamten Panamá-Tour.
Der andere höchst erträgliche Ort ist unser Stammlokal "La Cascada", wo wir beim Abschiedsmahl erneut staunen über die Portion Hummer, die man da für 12,75 $ aufgeladen kriegt: VIER ganze Schalentiere liegen da quer über den wagenradgroßen Teller hingestreckt! Das Wort "Panamá" entstammt der Indianersprache und bedeutet "Fisch in Fülle"; das kann man wahrhaftig behaupten. Selbst in kleinen Straßenrestaurants längs der Panamericana quillt die Speisekarte über vor Schuppen, Flossen und Kiemen; Fleisch führt ein karges Schattendasein am Rande der fischigen Menüs. Schade, dass es "La Cascada" heute nicht mehr gibt, das Restaurant schloss im Jahr 2000, weil das Grundstück an Investoren verkauft wurde. |
"Les hago
un buen precio", einen prima Preis will er uns geben, der
Taxifritze, der uns gepäckbeladen aus dem Hotel stapfen sieht.
Das macht mich neugierig; was soll's denn bis zum Airport kosten? Nur 18 Dollars. Na, hermano, ist ja ganz gut, aber ich kenne
einen, der mich für 40 Cents hinfährt, da vorne kommt er
angedröhnt, poppig bemalt wie alle Busse in Panamá City, und unter
knallig bunten Schnörkel-Lettern hat er "Tocumen"
angeschrieben. Tocumen, das ist der Ausgang von Panamá.
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POP-ART AM BUS, PANAMÁ
Wie eine gedopte
Röhre zischt der "Diablo rojo" durch die Avenidas im
samstagmorgenleeren Pa'City und lädt uns knapp 50 Minuten
später vor den Airport-Toren ab, muchas gracias y adiós!
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Noch eine
Übernachtung in Jamaica, wo wir wieder von Spanisch auf Englisch
umstellen und in die andere Richtung gucken müssen beim
Überqueren der Straßen, wahrscheinlich rührt mein Halsweh
daher: Linksverkehr in Nippon, Rechtsverkehr in den USA, wieder
links in Jamaica, rechts in Cuba, links in Jamaica, rechts in
Panamá, ich hab fast einen Drehwurm. Im Fernsehen die Nachricht
von einem Flugzeugunglück - wie immer, wenn wir kurz vor dem
Heimflug stehen: Ein Flieger der Air Cubana ist beim Anflug auf
Quito/Ecuador zerschellt --- wir denken bang an unsere
ecuadorianischen Freundinnen, hoffen aber inständig, dass sie
nicht gerade in der Unglücksmaschine gesessen haben. Ein
weiterer Dreh an meinem Hals in Miami (Rechtsverkehr), wo wir
noch eine Übernachtung haben, und das ist gut so, denn dem
jamaicanischen Piloten gelingt es spielend, die 80 Flugminuten
auf vier Stunden Verspätung auszudehnen und eine
unvorhergesehene Zwischenlandung in Fort Lauderdale einzulegen,
weil ihm bei seinen Spritztouren der Sprit ausgegangen ist. Auch
sprachlich müssen wir nochmal umstellen, denn alles quasselt
spanisch in Miami, es scheint sich um die zweitgrößte
cubanische Stadt zu handeln. Und dann, beim letzten Umsteigen auf
dem Airport von Chicago, die Schlagzeile in den Finanzgazetten:
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"SCHWÄCHEANFALL DES DOLLARS -- GROSSER KURSEINBRUCH"
Grummelmurrrkspfftt! Darauf muss ein letzter Cocktail, ein steifer Daiquirí, geleert werden, sonst ist mir die Karibik total vermiest.... Nach der
Rückkehr und einer weiteren Halsdrehung (Linksverkehr in Japan),
noch bevor die letzten Flohbisse zu jucken aufhören und alle
Kaffeebohnen ausgepackt sind, fingere ich gleich das dämliche
Computerprogramm raus, das mir für 1998 eine Reise in die
Dollar-Länder empfohlen hatte, und pappe einen großen Aufkleber
drauf:
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ERST DEVISENKURSE INPROGRAMMIEREN --
DER TINNEF TAUGT SONST NICHTS!!! |
Ka steht
derweil in der Küche und hantiert mit frischem Minzkraut: Ab
sofort gibt's auch bei uns zu Hause Mojito, mit Rum aus Pinar del
Río.
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